Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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über; wo eine frühere Uberweisung stattfindet 
(ogl. Verfassungsgesetz vom 30. Juni 1842 — 
Hann GS. Abt. I S. 145 — § 117) Kommt das 
G. vom 26. Juni 1875 (s. Gem T. in d. land- 
rechtl. Provinzen Akz) zur Anwendung. 
Gemeinschaftliche Angelegenheiten. Bei 
den meisten Gem T. und wirtschaftlichen Zu- 
sammenlegungen von Grundstücken (Separa- 
tionen, Verkopplungen, Konsolidationen), ebenso 
bei vielen der durch die Generalkommission 
vermittelten Rentengutsbegründungen werden 
gemeinschaftliche Anlagen als Wege, Triften, 
Gräben, Trankstätten, Lehm-, Sand-, Kalk- 
und Mergelgruben, Kalk= oder andere Stein- 
brüche u. dgl. m. ausgewiesen. Der dazu er- 
forderliche Grund und Boden wird, soweit 
das etwa bereits vorhandene gemeinschaftliche 
Eigentum der Verfahrensteilnehmer nicht aus- 
reicht, von diesen aufgebracht. Diese sind daher 
zunächst auch die Eigentümer der gemeinschaft- 
lichen Anlagen, und zwar Aliteigentümer nach 
Alaßgabe des Wertes ihrer zum Verfahren 
gezogenen Grundstücke, weil sie nach diesem 
MAaßstabe beigetragen haben. Vielfach begeben 
sie sich aber dieses Aliteigentums, und zwar 
dadurch, daß sie die Anlagen einem Dritten, 
insbesondere der politischen Gemeinde — die 
dann regelmäßig die Unterhaltung über- 
nimmt — übertragen. Wo eine solche Uber- 
eignung bewirkt ist (aber auch nur da), ist die 
Gemeinde selbstverständlich zur Verfügung 
über jene Anlagen legitimiert; wo sie aber 
nicht stattgefunden hat, können nur die sämt- 
lichen Miteigentümer gemeinschaftlich Ver- 
fügungen treffen. Während des Schwebens 
eines Auseinandersetzungsverfahrens führt letz- 
teres zu keinen Schwierigkeiten, weil die Aus- 
einandersetzungsbehörde stets von Amts wegen 
für Zuziehung sämtlicher Teilnehmer und Be- 
schaffung ihrer Legitimation zu sorgen hat 
und ohnehin immer eine legitimierte Vertretung 
der Teilnehmer-Gesamtheit — in der Gestalt 
von sog. Deputierten, Syndiken usw. — zur 
Hand haben muß. Ist aber mit der Beendi- 
gung des Verfahrens die Zuständigkeit der 
Generalkommission erloschen, so greifen nur noch 
die Bestimmungen des allgemeinen Rechtes ein, 
wonach zu jeder Verfügung über die g. A. die 
sämtlichen Miteigentümer zugezogen werden 
müssen. Da nun der Kreis dieser Miteigen- 
tümer, als welche die jedesmaligen Eigentümer 
der beim Verfahren beteiligt gewesenen Grund- 
stüche anzusehen sind, einem ständigen Wechsel 
unterliegt, so ist sowohl die Feststellung, wer 
H##zeit verfügungsberechtigt ist, als auch die 
eschaffung einer einheitlichen und überein- 
stimmenden, meist der urkundlichen Form be- 
dürfenden Erklärung von allen Teilnehmern 
mit außerordentlich und namentlich bei startem 
Güterwechsel kaum zu überwindenden Schwie- 
rigkeiten verbunden. Hier greift das für den 
anzen Staat erlassene G. vom 2. April 1887 
GS. 105) ein. Es sieht vor, daß für g. A. 
der oben bezeichneten Art die Vertretung der 
Gesamtheit der Beteiligten Dritten gegenüber 
sowie die Verwaltung auch nach beendigtem 
Auseinandersetzungsverfahren von der Aus- 
einandersetzungsbehörde geregelt werden Rhann. 
Eine solche Regelung soll aber nur auf An- 
  
Gemeinschaftliche Angelegenheiten — Gemeinschaftliche Gerichte. 
trag, zu dem sowohl eine Behörde als auch 
seder Private berechtigt ist, wofern nur ein 
berechtigtes Interesse vorliegt, erfolgen und 
unterbleiben, wenn die Vertretung oder Ver- 
waltung anderweitig geregelt ist oder die Zu- 
ziehung der einzelnen Beteiligten selbst oder 
ihrer Vertreter ohne unverhältnismäßigen 
Zeit= oder Kostenaufwand erfolgen kann (8§ 1). 
Hervorzuheben ist hierbei, daß in manchen alten 
Rezessen zwar Bestimmungen über die Ver- 
tretung und Verwaltung der gemeinschaftlichen 
Anlagen getroffen, aber nicht mehr rechtsgültig 
sind. Wird ein Antrag auf Regelung der 
Vertretung oder Verwaltung gestellt, so ist 
er öffentlich bekannt zu machen, etwaige Ein- 
sprüche sind zu erörtern (8 3). Stellen sie sich 
als unberechtigt heraus, so ist die Vertretung 
und Verwaltung der Regel nach dem Ge- 
meindevorstande, ausnahmsweise auch einer 
Einzelperson (§§ 3, 9), und zwar durch einen 
Beschluß zu übertragen, der den bestellten Ver- 
treter oder Berwalter, die Besitzer der beteiligten 
Grundstücke nach Mlaßgabe des Rezesses so- 
wie die g. A., auf welche die Vertretung oder 
die Verwaltung sich erstrecken soll, an zugeben 
hat (§ 7). Hierdurch gewinnt die Gesamtheit 
der Teilnehmer eine Selbständigkeit, als ob 
sie eine juristische Person wäre, sie kann als 
solche Klagen und verklagt werden, im Grund- 
buch als Eigentümerin eingetragen werden 
u. dgl. m. (§ 2 Abs. 2). Der bestellte Vertreter 
ist auch befugt — aber nur unter ausdrüchlicher, 
durch besonderen Beschluß auszusprechender Ge- 
nehmigung der Auseinandersetzungsbehörde — 
über die Substanz des gemeinschaftlichen Ver- 
mögens zu verfügen, ohne hierbei an die Mit- 
wirkung der einzelnen Beteiligten gebunden 
u sein (§ 4) — s. auch OV. 21, 116 u. 23, 68. 
ber die Verwertung einer etwa aufkommenden 
Geldentschädigung hat die Auseinandersetzungs- 
behörde zu bestimmen (§ 5). Insoweit dem 
Gemeindevorstande die Vertretung übertragen 
ist, untersteht er in dieser Beziehung der Kommu- 
nalaufsichtsbehörde; insoweit ihm die Ver- 
waltung übertragen ist, finden die Borschriften, 
welche für Gemeindeangelegenheiten bezüglich 
der Verwaltung, der Aufsicht des Staates und 
der den Mitgliedern zustehenden Rechtsmittel 
gelten, sinngemäße Anwendung. Haunptsächlich 
hat der Verwalter für die Ausführung der 
zur ordnungsmäßigen Unterhaltung der ge- 
meinschaftlichen Anlagen erforderlichen Arbeiten 
durch die Verpflichteten zu sorgen. Ist dieserhalb 
im Auseinandersetzungsverfahren ein Beitrags- 
verhältnis der aufzuwendenden Kosten nicht 
festgesetzt, so liegt die Unterhaltung den Be- 
teiligten nach Verhältnis ihrer Teilnahmerechte 
ob; soweit aber letztere aus dem Rezesse nicht 
klar hervorgehen, haben die Beteiligten nach 
Verhältnis des Grundsteuerreinertrages ihrer 
beteiligt gewesenen Grundstücke beizutragen 
60). Gegen die Beschlüsse der Auseinander- 
setzungsbehörde findet nur die Beschwerde an 
das Ober-Landeskulturgericht statt (§ 10). 
Gemeinschaftliche Gerichte. Auf der Grund- 
lage des G., betr. eine Zusatzbestimmung zu 
den Art. 86, 87 Vll., vom 19. Febr. 1879 
(GS. 18) hat Preußen mit einer Reihe von 
Bundesstaaten Staatsverträge abgeschlossen,
	        
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