Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gestellung — Gesundheitsamt (Reichs-. 
die G. und Stellenvermittler verpflichtet, zwei 
Geschäftsbücher nach vorgeschriebenen Formu- 
laren zu führen und ihren Familiennamen 
und mindestens einen ausgeschriebenen Vor- 
namen mit dem Zusatz „Gesindevermieter“ 
oder „Stellenvermittler“ außen an ihrem Ge- 
schäftshaus und am Eingange zu ihren Ge- 
schäftsräumen anzubringen, auch alle Ge- 
schäftsanzeigen mit der genauen Angabe des 
eschäftslokales und den für das Firmenschild 
(L. d.) vorgeschriebenen Angaben zu versehen. 
Die Beschäftigung von Hilfspersonal ist nur 
mit Erlaubnis der Ortspolizeibehörde gestattet. 
Die G. und Stellenvermittler haben sorgfältige 
Erkundigungen über die Dienstverhältnisse 
einzuziehen und sich jeder Einwirkung im 
Interesse eines Stellenwechsels zu enthalten. 
Verboten ist der Gewerbebetrieb im Umher- 
ziehen und jedes Aufsuchen von Aufträgen 
außerhalb der Geschäftsräume, ferner der Be- 
trieb der Gast= und Schanbwirtschaft, des 
Kleinhandels mit Bier, Branntwein und 
Spirituosen. Aur den konzessionierten G. 
und Stellenvermittlern darf die Beherbergung 
von Stellungsuchenden und die Verabreichung 
von Speisen und nicht geistigen Getränken an 
diese von der Ortspolizeibehörde widerruflich 
gestattet werden. Ein Einschreibegeld darf 
nicht erhoben werden. Verstöße gegen die 
Vorschriften werden nach Gew O. § 148 Ziff. 4a 
bestraft. Außerdem kommen, da nach § 38 
Abs. 1 die Bestimmungen der Landesgesetze 
aufrechterhalten sind, die Vorschriften der Ge- 
sindeordnung vom 8. Nov. 1810 (GS. 101) 8§ 14 
bis 20 über Gesindemäkler noch zur Anwen- 
dung; insbesondere ist die Verhängung der 
dort vorgesehenen Strafen nach GewO. 144 
Abs. 1 noch als zulässig zu erachten. Die G. und 
Stellenvermittler haben das Verzeichnis der 
von ihnen für ihre gewerblichen Leistungen 
aufgestellten Taxen (s. d.) der Ortspolizeibe- 
hörde ein zureichen und in ihren Geschäfts- 
räumen anzuschlagen (GewO. 88 75a, 148 
Abs. 1 Ziff. 8). Die Polizeibehörden haben 
den Geschäftsbetrieb der G. sorgfältig zu über- 
wachen (AusfAnw. z. GewO. vom 1. Mai 1904 
— HMI. 123 — Ziff. 60 ff.). Die Verhält- 
nisse der Stellenvermittler für Schiffsleute (s. d.) 
sind durch G. vom 2. Juni 1902 (RöBl. 215) 
geregelt. Auf die zivilrechtlichen Verhältnisse 
der G. und Stellenvermittler zu ihren Auf- 
traggebern findet BGB. 8§ 652—656 Anwen- 
dung. S. auch Arbeitsnachweise. 
Gestellung s. Melde= und Gestellungs- 
pflicht. 
Gestütwesen. Bis 1849 hatte der kgl. 
Oberstallmeister die Oberleitung der Gestüts- 
angelegenheiten. Hierzu gehörten die Kgl. 
Marstallverwaltung, der Obermarstall, das G. 
und alle die Landespferdezucht betreffenden 
Angelegenheiten. Besonders wichtige Fragen 
wurden vom Rönig durch KabO. geregelt. 
Mit der Errichtung des MfL. wurde diesem 
die Gestütsverwaltung und die Förderung der 
Landespferdezucht unterstellt. Die Gestüts- 
verwaltung bildet innerhalb der landwirtschaft- 
lichen Verwaltung einen selbständigen Zweig 
und hat einen eignen Etat (Etat der Gestüts- 
  
705 
nischer Leiter (mit dem Amtsrang der Bäte 
1. Klasse; AE. vom 3. April 1889 — GS. 95) 
der Oberlandstallmeister. — Die Gestüte sind 
Haupt= und Zuchtgestüte oder Landgestüte. 
Die Haupt= und Zuchtgestüte haben aus der 
Zucht von Hauptbeschälern (Vollblut= und Halb- 
bluthengste) mit ausgewählten Vollblut= und 
Halbblutstuten ihren eignen Ersatz und einen 
Teil des Ersagzes für die Landgestüte zu liefern. 
Der weitere Bedarf der Landgestüte wird durch 
Ankauf von Hengsten auf Privatgestüten ge- 
decht. — Die Hengste der Landgestüte (Land- 
beschäler) werden während der Dechzeit auf 
den Hengststationen ihres Geltungsbereichs 
verteilt. — Für die Benutzung der staatlichen 
Beschäler werden von den Stutenbesitzern Deck- 
gelder erhoben, deren Höhe nach der Qualität 
der Hengste usw. abgestuft ist, zum Nachweise 
der Abstammung werden den Besitzern Fohlen- 
scheine ausgestellt. Mach dem Etat für 1906 
waren vorhanden: 
A. Hauptgestüte: 1. Trakehnen mit 15 
Hauptbeschälern, 350 Mutterstuten, 2. Graditz 
mit 10 Hauptbeschälern, 190 Mutterstuten, 
3. Beberbeck mit 5 Hauptbeschälern, 100 Mutter- 
stuten, 4. Neustadt a. D. (Zuchtgestüt) mit 3 
Hauptbeschälern, 50 Mutterstuten, 5. Zwion- 
Georgenburg (Zuchtgestüt) mit 1 Hauptbeschäler, 
50 Mutterstuten. 
B. Landgestüte: 1. Ostpreußisches in Rasten- 
burg mit 180 Landbeschälern, 2. in Brauns- 
berg mit 160, 3. Littauisches in Georgenburg 
mit 210, 4. in Gudwallen mit 200, b. West- 
preußisches in Marienwerder mit 135, 6. desgl. 
bei Pr.-Stargard mit 155, 7. Brandenburgisches 
(Friedrich-Wilhelms-Gestüt bei Aeustadt a. D.) 
mit 227, 8. Pommersches in Labes mit 170, 
9. Posensches in Zirke mit 184, 10. desgl. in 
Gnesen mit 200, 11. Aiederschlesisches in Leu- 
bus mit 172. 12. Oberschlesisches in Kosel mit 
195, 13. Sächsisches in Kreuz bei Halle mit 150, 
14. Schleswig-Holsteinisches in Traventhal mit 
130, 15. Hannoversches in Celle mit 275, 
16. Westfälisches in Warendorf mit 170, 
17. Hessen-Aassauisches in Dillenburg mit 152, 
18. Rheinisches in Wickrat mit 200 Landbe- 
schälern. 
Im Jahre 1903 wurden von 3008 Land- 
beschälern 161 345 Stuten gedecht, wovon 
104 444 tragend wurden, die 88 403 lebende 
Füllen brachten. An der Spitze der Haupt- 
gestüte stehen Landstallmeister (tmit dem Range 
der Oberregierungsräte), an der Spitze der 
Landgestüte Gestütdirektoren. Die Gestüte 
stehen unmittelbar unter dem MiL. 
Gesundheitsamt (Reichs-). Das Reichs- 
gelundheitsamt besteht seit April 1876 als dem 
lbzw. Reichsamt des Innern beigegebene 
Behörde zur Beratung in Angelegenheiten der 
Gesundheits= bzw. Medizinalpolizei, deren Be- 
aufsichtigung nach Art. 4 Ziff. 15 RV. dem 
Reiche zusteht. Seine Mitglieder werden 
vom Kaiser ernannt. Es hat seinen Sitz 
in Berlin und besteht aus einem Präsiden- 
ten, drei Direktoren, vierzehn ordentlichen 
Mçlitgliedern und einer größeren Anzahl außer- 
ordentlicher Mitglieder im Ehrenamt, sowie 
teils stän diger, teils vorübergehend beschäftig- 
verwaltung). An ihrer Spitze steht als tech= ter Hilfsarbeiter, überwiegend Arzte, TChemiker, 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 
45
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.