Getreidebörsen — Getreideläger.
nien, Vereinigte Staaten von Amerika, Kanada,
Argentinien — bei den Transportverhältnissen
der Neuzeit aufgeben zu müssen und erzielten
im Tarif vom 25. Dez. 1902 (RGBl. 305) nicht
nur eine wesentliche Erhöhung der Getreide-
zölle, sondern auch ein Mindestmaß, unter
welches sie durch vertragsmäßige Abmachungen
nicht herabgesetzt werden sollten. Die Zollsätze,
die sich nach dem autonomen Tarif (A.), den
festgelegten Mindestsätzen (M S.) und nach dem
bisherigen Stande der Handelsverträge (HV.)
ergeben, sind in Mark folgende für den Doppel-
zentner:
AT. MS. H
Roggen (Ar. 1 des Tarifs). 7,.— 5,— 5,—
Weizen und Spelz (Nr. 2) 750 5,50 550
alzgerste — 4 — 4 —
Gerste * (Ar. 3) 7.— — 130
Hafer (Ar. 4 . 7,—5,—5,-—
Buchweizen (Ar. 5). 5—— — —
Hirse (Nr. 0) 1,50 — 1550
Mais und Dari (Nr. 77) 5.— — 3,—
Andere nicht besonders ge-
nannte G.-Arten (Nr. 8) 1,150 — —
Die Einnahmen aus den Zöllen für die
wichtigsten Getreidearten (Weizen, Roggen,
Hafer, Gerste und Mais) betrugen nach Abzu
der durch Erteilung von Einfuhrscheinen ((. *
gewährten Ausfuhrvergütungen nach dem
Durchschnitt der Jahre 1902—1904 jährlich
etwa 130 Mill. M., d. h. mehr als ein Viertel
sämtlicher Zolleinnahmen. Die Einfuhrmengen
gestalteten sich in Millionen Doppelzentnern
wie folgt:
1902 1903 1904
Weizen 20,7 19,3 20, 2
Roggen. 9,8 8,1 407
Hafer 3,9 4,7 307
Gerste 11,3 15,9 14,3
Mais 9,0 9,5 777
Die wichtigsten Herkunftsländer nach der
Einfuhr des Jahres 1904 waren für Weizen:
Rußland, Argentinien, Rumänien und die
Vereinigten Staaten von Amerika; für Roggen
und Hafer: Rußland; für Gerste: Rußland
(Futtergerste) und Osterreich-Ungarn (Malz-
gzerste, für Mais: die Bereinigten Staaten von
merika und Argentinien. Die Ausfuhr be-
trug in Millionen Doppelzentnern:
1902 1903 1904
Weizen 0,8 1,8 1,6
Roggen. 1,.00 2,1 3.,6
Hafer 1,3 0,9 2,2
Gersse 0,3 0,4 0,3
Sie ging hauptsächlich nach den skandinavischen
Ländern, Großbritannien, den Miederlanden
und der Schweiz.
Die Mehrerträge an Zöllen für Roggen und
Weizen, welche beim Inkrafttreten des Zoll-
TG. vom 25. Dez. 1902 infolge der Erhöhung
der Louätze von 3,50 M. auf 5 Ml. bzw.
5,50 M. zu erwarten stehen, sollen nach § 15
ZollTG. zur Erleichterung der Durchführung
einer Witwen= und Waisenversorgung verwen-
det werden (s. Reichsfinan zwesen).
Eine Stundung der Getreidezölle ist durch
§ 12 ZollTG. für unzulässig erklärt.
707
Wegen den besonderen Bestimmungen für
die Zollbehandlung der Gerste s. Gerste.
Getreidebörsen (Produktenbörsen) #.
Börsen I.
Getreidebrennereien sind entweder land-
wirtschaftliche oder gewerbliche (s. Brenne-
reien I, II, IV. S. auch Brennsteuer, Kon-
tingentierung der Branntweinsteuer.
Getreideläger. Bei Wiedereinführung der
Getreidezölle im Tarif von 1879 schuf das
zugehörige ZollTG#. (Ro#l. 212) in seinem
§ 7 zur Erleichterung des Getreidedurchfuhr-
handels die Einrichtung der sog. G., d. h. offe-
.ner, nicht unter Mitverschluß der Zollverwal-
tung stehender Privattransitläger (s. Aieder-
lagen) für Getreide und andere Erzeugnisse
des Landbaues, in denen die Behandlung und
Umpackung der gelagerten Waren uneinge-
schränkt und ohne Anmeldung, sowie ihre
Mischung mit inländischer Ware zulässig ist.
Die G. sind entweder reine oder gemischte,
je nachdem aus ihnen das gelagerte Getreide
nur in das Ausland abgesetzt werden oder
auch durch Verzollung in den Inlandsver-
brauch übergehen darf. Die gemischten Läger
enthalten für den Lagerinhaber insofern einen
großen Vorzug vor den reinen, als sie ihn
von der Notwendigkeit entbinden, doppelte
Bestände, nämlich unverzollte für den Absatz
nach dem Ausland und verzollte für den Ab-
satz nach dem Inland, zu halten. Voraus-
setzung für die Bewilligung der G. bleibt stets
die Förderung des Durchfuhrhandels. Als
im Jahre 1894 durch die sog. Aufhebung des
Identitätsnachweises (s. d.) und die Schaffung
der Einfuhrscheine (s. d.) dem Handel die Mög-
lichkeit geboten wurde, sowohl für inländisches
wie für verzolltes ausländisches Getreide im
Falle der Ausfuhr eine dem Eingangszoll ent-
sprechende Vergütung zu erhalten, forderten
die Vertreter der deutschen Landwirtschaft die
Aufhebung der gemischten G., für die nunmehr
ein Bedürfnis nicht mehr bestehe, da infolge
der Einfuhrscheine auch verzolltes Getreide
vorteilhaft in das Ausland abgesetzt werden
könne. Tatsächlich würden die gemischten
Läger gar nicht zur Förderung des Durchfuhr-
handels, sondern zur Versorgung des Inlands-
marktes mit billiger ausländischer Ware be-
nützt. Die mit dem Lager gewährte zinsfreie
Zollstundung mache es möglich, ausländisches
Getreide über den Bedarf hinaus einzuführen
und dadurch den Preis des inländischen Ge-
treides herabzudrüchken. Demgegenüber be-
harrte der Getreidehandel darauf, daß er der
gemischten Läger nicht entbehren könne. Das
ZollTG. vom 25. Dg 1902 (RBl. 303) ent-
schied sich für ihre Beibehaltung, indem es
davon ausging, daß durch die Bestimmung
seines § 12, nach welcher der Zoll für Ge-
treide für die Zeit seiner zollfreien Lagerung
im Inlande zu verzinsen ist, die Einwen-
dungen gegen die Läger in der Haupt-
sache beseitigt seien und daß im übrigen bei
einem etwaigen Mißbrauch, d. h. bei ihrer
Benutzung zu anderen Zwecken als zur Förde-
rung des Durchfuhrhandels, die Verwaltung
im Einzelfalle von ihrem Wiberrufsrecht Ge-
brauch machen könne.
45“