Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Gemischte G. dürfen nicht allerorts, sondern 
nur an den vom WR. bestimmten Orten be- 
willigt werden (ZollTG. 8 11 Abs. 3). Diese 
Orte sind zurzeit: Memel, Königsberg i. Pr., 
Danzig, Stettin, Lindau, Ludwigshafen a. Rh., 
Mannheim (8Z#Bl. 1880, 499), Straßburg i. E. 
(3l. 1880, 810), Konstanz, Pillau, Friedrichs- 
hafen (ZBl. 1884, 265), Altona (ZBl. 1888, 
906). Für Königsberg, Danzig, Ludwigshafen, 
Mannheim und Altona ist dem B. durch 
den Zusatzvertrag zum Handelsvertrage mit 
Rußland das Widerrufsrecht entzogen. 
Zur Lagerung in den als G. behandelten 
Lägern sind nach dem ZollTG. vom 25. Dez. 
1902 außer Getreide (Ar. 1—8 des Tarifs) 
noch Hülsenfrüchte (Ar. 11, 12) und zollpflich- 
tige Olfrüchte (Ar. 13— 15, 17) zugelassen. 
Die zollrechtliche Behandlung der gelagerten. 
Waren ist eine verschiedene, je nachdem für 
sie im Falle der Ausfuhr Einfuhrscheine er- 
teilt werden dürfen oder nicht. Zur ersteren 
Gattung gehören von den Getreidearten 
Roggen, Weizen, Spelz, Gerste, Hafer und 
Buchweizen, ferner alle Hülsenfrüchte und 
von den Olfrüchten Raps und Rübsen, zur 
zweiten die vorstehend nicht genannten Ge- 
treidearten (z. B. Mais) und zollpflichtigen 
Olfrüchte. Die Grundlagen für die zollrecht- 
liche Behandlung sind im § 11 Ar. 1 Abs. 2—4 
ZollTG. gegeben, die näheren Bestimmungen in 
der Getreidezollordnung (ZBl. 1906, 352) ent- 
halten. Soweit diese keine abweichenden Be- 
stimmungen enthält, finden die allgemeinen 
für offene Läger ergangenen Vorschriften des 
Privatlagerregulativs (s. Aiederlagen A#3) 
Anwendung. 
Getreidelagerhäuser. Einem Wunsche wei- 
ter landwirtschaftlicher Kreise entsprechend, hat 
der Staat in neuerer Zeit der Anlage von G. 
(Kornhäusern, Rornsilos) seine Unter- 
stützung zugewandt. Durch die G. vom 3. Juni 
1896 (GS. 100) und vom 8. Juni 1897 (GS. 
171) sind der Staatsregierung 5 Mill. M. „zur 
Errichtung von landwirtschaftlichen G.“ zur 
Verfügung gestellt. Als Vorzüge der Korn- 
häuser für die bessere Verwertung des Ge- 
treides werden in der Begründung des erst- 
gedachten Gesetzes folgende bezeichnet: die 
bessere Möglichkeit, das in die Kornhäuser 
mitgebrachte Getreide durch Reinigung, Trock- 
nung, Mischung und Sortierung zu einer mög- 
lichst guten, gleichmäßigen und leicht absetz- 
baren Ware herzurichten; eine Regulierung 
der Preise durch Abgabe des Korns aus diesen 
Kornhäusern nur nach Maßgabe des sich fühl- 
bar machenden tatsächlichen Bedarfs, also durch 
Zurüchhaltung des Angebots; die Eröffnung 
eines gesunden Kredits für die Landwirte 
durch Lombardierung der eingelagerten Ge- 
treidebestände; die möglichste Verbilligung der 
Handelsspesen und Transportkosten beim Ver- 
kauf des Getreides durch die Vermittlung der 
Kornhäuser. Mit Hilfe des obigen Kredits 
sind im ganzen 36 Kornhäuser angelegt worden. 
Von diesen ist das unter staatlicher Verwal- 
tung stehende Versuchskornhaus in Berlin eine 
Anlage besonderer Art, dazu bestimmt, die 
besten Methoden, Einrichtungen und Maschinen 
für die Lagerung und Behandlung des Ge- 
  
Getreidelagerhäuser — Getreidemühlen. 
treides durch Versuche festzustellen. Die übrigen 
35 Kornhäuser werden sämtlich von eingetrage- 
nen Genossenschaften als Unternehmern be- 
trieben. Die staatlichen Beihilfen sind in ver- 
schiedener Form gewährt, in weitaus den 
meisten Fällen hat der Staat selbst die Korn- 
häuser auf seinem Grund und Boden erbaut 
und sie den gebildeten Genossenschaften miets- 
weise zunächst auf 5 Jahre gegen allmählich 
(bis zu 3½/2%%) steigende AUliete überlassen. 
Diese Probezeit ist inzwischen meist abgelaufen, 
und es ist danach ein Teil der Kornhäuser an 
die Genossenschaften verkauft, ein anderer auf 
längere Zeit vermietet, bei einigen ist der Be- 
trieb eingestellt. Die Erfolge der Kornhäuser 
werden von den beteiligten Landwirten im 
allgemeinen günstig beurteilt, wenngleich ein 
Teil der Kornhäuser mit Unterbilanz gearbeitet 
hat, was bei dem Versuchscharakter des ganzen 
Unternehmens begreiflich ist. Uber die Ver- 
wendung der obigen Staatsfonds wird auf 
Grund der bezeichneten Gesetze dem Landtage 
alljährlich Rechenschaft gelegt. ' 
Getreidemärkte (Mitwirkung der Land- 
wirtschaftskammer) s. Landwirtschafts- 
kammern. 
Getreidemühlen. Aach RBek. vom 26. April 
1899 (Röl. 273) und vom 15. NAov. 1903 
(ReobBl. 287) ist in G. den bei der Bedienung 
der Mahlgänge beschäftigten Gehilfen und Lehr- 
lingen, das sind alle Personen unter 16 Jahren, 
die die Ausbildung zum Gehilfen noch nicht 
erreicht haben, auch wenn die Beschäftigung 
nicht auf Grund eines Lehrvertrags stattfindet, 
innerhalb der auf den Beginn ihrer Arbeit 
folgenden 24 Stunden eine ununterbrochene 
Ruhepause von mindestens 8 Stunden zu ge- 
währen. Werden die G. ausschließlich oder 
vorwiegend mit Dampfkraft betrieben, so hat 
die ununterbrochene Ruhezeit mindestens 
10 Stunden zu betragen. Bei Betrieben mit 
regelmäßiger Tag= und Nachtschicht Rann die 
Ruhezeit an Sonntagen, an denen auf Grund 
der GewO. § 105e Abs. 1, oder zur Verhütung 
eines unverhältnismäßigen Schadens die Be- 
schäftigung von Arbeitern zugelassen ist, inso- 
weit beschränkt werden, als die Durchführung 
des wöchentlichen Schichtwechsels es erforder- 
lich macht. Auf G., in deren Betrieb aus- 
schließlich Wind als Betriebskraft benutzt wird, 
finden diese Vorschriften keine Anwendung. 
Für G., welche ausschließlich mit durch un- 
regelmäßige Wasserkraft bewegten Triebwerken 
arbeiten und nicht mehr als einen Gehilfen be- 
schäftigen, Kkönnen durch die untere Verwal- 
tungsbehörde (s. d.) Ausnahmen von der vor- 
geschriebenen Ruhezeit an höchstens 15 Tagen 
im Jahre zugelassen werden. Lehrlinge unter 
16 Jahren dürfen in G. aller Art nicht in 
der Nachtzeit von 8½ Uhr abends bis 5⅛ Uhr 
morgens beschäftigt werden. Für die nicht 
als Fabriken anzusehenden G. mit Aus- 
nahme dersenigen, in welchen ausschließlich 
oder vorwiegend Dampfkraft verwendet wird, 
gelten außerdem für die Beschäftigung von 
sugendlichen Arbeitern und von Arbeiterin- 
nen folgende Bestimmungen: Kinder unter 
13 Jahre dürfen überhaupt nicht, Kinder 
über 13 Jahre nur dann beschäftigt werden,
	        
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