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entschädigung (s. d.). Ist nach der Erklärung
des Kreistages für einen Amtsbezirk weder
eine zum A. geeignete Person zu ermitteln,
noch die zeitweilige Wahrnehmung der Amts-
verwaltung durch den Vorsteher eines benach-
barten Amtsbezirkes oder durch den Bürger-
meister einer benachbarten Stadt tunlich, so
bestellt der Oberpräsident einen kommissari-
schen A., der im Gegensatz zu dem Ehren-
amtsvorsteher eine emuneration bezieht.
ADac# v. Brauchitsch Bd. 2, 15. Aufl., S. 103
Anm. 216 zum § 56 Altlär O. betrug die Zahl
der Ehrenamtsvorsteher nach Ablauf der sechs-
jährigen Ernennungsperiode und erfolgter
neuer oder Wiederernennung 4963, diesenige
der kommissarischen A. 160, zusammen 5123,
in 5694 Amtsbezirken. Der Durchschnitts-
betrag der Amtsunkostenentschädigung eines
Ehrenamtsvorstehers belief sich im Jahre 1879/80
auf 604 Ml.
II. Der A. wird vom Landrate nach Vor-
schrift der V. vom 6. Mai 1867 (GS. 715)
vereidigt. Er ist mittelbarer Staatsbeamter
und darf das Prädikat „königlich“ nicht führen.
Uber die Dienstabzeichen der A. s. Amtsab-=
eichen, wegen des von ihnen zu führenden
mtssiegels Erl. vom 24. Sept. 1873 (bei von
Brauchitsch a. a. O. 103).
Für jeden Amtsbezirk wird nach den für
die Ernennung des Ehrenamtsvorstehers gel-
tenden Bestimmungen ein Stellvertreter des
letzteren ernannt. Findet sich im Amtsbezirke
keine hierzu geeignete Person, so hat der
Kr A. die Stellvertretung einstweilen einem
der benachbarten (in der Nähe wohnenden,
O#. 10, 357) A. oder dem Bürgermeister
einer benachbarten Stadt zu übertragen. Ist
der A. an der Wahrnehmung seiner Amts-
geschäfte verhindert, so hat der Stellvertreter
diese zu übernehmen; ist er dagegen bei der
Erledigung eines Amtsgeschäftes persönlich be-
teiligt, was nur im Falle eines von dem all-
emeinen Interesse verschiedenen besonderen
Privatinteresses des A. zutrifft (OWV. 6, 359),
so hat der Kr A. den Stellvertreter oder einen
der benachbarten A. bzw. Bürgermeister damit
zu betrauen. .
III. Der A. verwaltet — und zwar selb—
ständig und mit eigner persönlicher Verant-
wortlichkeit: 1. die Polizei (örtliche Polizei),
insbesondere die Sicherheits-, Ordnungs-, Sit-
ten-, Gesundheits-, Gesinde-, Armen-, Wege--,
Wasser-, Feld-, Forst-, Fischerei-, Gewerbe-,
Bau-, Feuerpolizei usw., soweit sie nicht durch
besondere Gesetze dem Landrate oder anderen
Beamten übertragen ist; 2. die sonstigen
öffentlichen Angelegenheiten des Amtes nach
näherer Vorschrift der KrO. In der unter 1
bezeichneten Wasserpolizei ist nach der aus-
drücklichen Bestimmung des § 59 KrO. f. d.
5. Pr. und des § 51 SchlHolstr O. die Strom-,
Schiffahrts= und Hafenpolizei nicht inbegriffen.
Als besondere gesetzliche Vorschriften, durch
welche die Verwaltung der Polizei dem Land-
rate oder anderen Beamten übertragen ist,
kommen namentlich in Betracht diesenigen über
die Chaussee-, Jagd-, Berg-, Eisenbahn- und
Deichpolizei, über die Genehmigung zur An-
legung neuer kirchlicher Begräbnisplätze, die
Amts (Dienst= wohnungen.
Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen,
des § 46 des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874
(G#. 197) und der 8§8§ 73 und 25 der Feldpolizei-
ordnung vom 1. Nov. 1847 (GS. 376) (s. unter
den betreffenden Artikeln, sowie Landes-
polizei, Ortspolizei und Landräte). Der
A. hat ferner auch auf denjenigen Gebieten,
die seiner Obhut im allgemeinen nicht über-
tragen sind, das Recht und die Pflicht, da,
wo die Erhaltung der öffentlichen Ordnung,
Ruhe und Sicherheit sein Einschreiten not-
wendig macht, das Erforderliche anzuordnen
und ausführen zu lassen (ugl. OV. 5, 229).
Außerdem erstrecken sich seine polizeilichen Be-
fugnisse auf: a) den Erlaß von Polizeiverord-
nungen nicht nur für den Umfang einer ein-
zelnen Gemeinde oder eines einzelnen Guts-
bezirks, sondern auch für den Umfang mehrerer
Gemeinden und Gutsbezirke und für den Um-
fang des ganzen Amtsbezirks unter Zustim-
mung des Amtsausschusses, die erforderlichen-
falls auf Antrag des A. durch Beschluß des
Kr A. ergänzt werden kann; b) auf das Recht
der vorläufigen Straffestsetzung nach den Vor-
schriften des G. vom 23. April 1883 (GS. 65);
c) auf die Wahrnehmung der Funktionen
eines Hilfsbeamten der gerichtlichen Polizei
nach GVS. 8§ 153 (ogl. MGE. vom 15. Sept.
1879 — MBl. 265). Die Gemeinde= und Guts-
vorsteher sind verbunden, den Aufträgen und
Anweisungen des A., die dieser gemäß seiner
gesetzlichen Befugnisse in Dienstangelegenheiten
an sie erläßt, nachzukommen, und können
hierzu von ihm unter Anwendung der im
§ 132 LVE. gegebenen Zwangsmittel, mit
Ausnahme der Haftstrafe, angehalten werden.
Die Gendarmen haben den Regqutisitionen des
A. in polizeilichen Angelegenheiten zu genügen.
IV. Der Landrat und der KrA. sind befugt,
für die Geschäfte der allgemeinen Landes= und
Kreiskommunalverwaltung sowie bei Beauf-
sichtigung der zu dem Amtsbezirk gehörigen
Gemeinden und Gutsbezirke die vermittelnde
und begutachtende Tätigkeit des A. in An-
spruch zu nehmen. Uber Beschwerden gegen
Verfügungen der A. in nicht polizeilichen An-
gelegenheiten beschließt der Kr A. Die Ausfsicht
über die Geschäftsführung der A. führt der
Landrat als Vorsitzender des Kr A. Auf die
Dienstvergehen der A. finden die Bestimmun-
gen des G. vom 21. Juli 1852, betr. die Dienst-
vergehen der nicht richterlichen Beamten (GS.
465), mit einigen im § 68 KrO. f. d. ö. Pr.
und im § 59 SchlHolst Kr O. näher bezeichneten
Maßgaben Anwendung. Danach beschließt
u. a. über die Verhängung von Ordnungs“
strafen im Umfange des den Provinzialbehör=
den beigelegten Ordnungsstrafrechts der KrA.,
im übrigen der Regierungspräsident. Dagegen
steht dem Landrate das Recht zur Verhängung
von Ordnungsstrafen gegen die A. nicht zu-
S. auch Amtsausschuß, Amtsunkosten.
Amts (Dienst-, wohnungen. Dienstwohnun-
gen sind Wohnungen, die sich in fiskalischen
oder vom Staate angemieteten Gebäuden be-
finden und als solche im Etat (G. vom 11. Mai
1898, betr. den Staatshaushalt — GS.77—
§ 28) für die Beamten bestimmter Klassen vor-
gesehen und ihnen im Interesse des Dienstes