Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gewerbeaufsicht, Gewerbeaufsichtsbeamte. 
aussetzung für die Annahme ist ein mindestens 
dreijähriges technisches Studium und ein min- 
destens eineinhalbjähriges Studium der Rechts- 
und Staatswissenschaften auf deutschen Hoch- 
schulen, sowie die Ablegung der Prüfung 
entweder als Regierungsbauführer im Ma- 
schinenfach oder als Bergreferendar oder der 
Diplomprüfung als Hütteningenieur oder als 
Maschineningenieur an der Bergakademie oder 
einer anderen preuß. Hochschule oder der 
Vorprüfung als Nahrungsmittelchemiker oder 
der Diplomprüfung als Chemiter an einer 
preuß. technischen Hochschule oder der Doktor- 
promotion als Chemiker an einer preuß. Uni- 
versität. Nach erfolgter Annahme führt der 
Aspirant den Titel „Gewerbereferendar“ (Erl. 
vom 25. Jan. 1904 — HM l. 23) und wird zur 
praktischen Ausbildung im Gewerbeaussichts- 
dienst einem Regierungspräsidenten auf die 
Dauer von 18 Monaten überwiesen. NAach be- 
endigtem Vorbereitungsdienst erfolgt die fer- 
nere Vorbereitung auf die zweite (Haupt-) 
Prüfung an einer deutschen Hochschule während 
dreier Semester. Das Studium hat sich auf 
Rechts= und Staatswissenschaften unter be- 
sonderer Berüchsichtigung der Gewerbever- 
waltung, der Gewerbehygiene und der Wohl- 
fahrtspflege zu erstrecken. Die Hauptprüfung 
erfolgt vor dem Prüfungsamte für Gewerbe- 
aufsichtsbeamte in Berlin, dessen Mitglieder 
der HM. ernennt. Nach besonderer Prüfung 
wird der Gewerbereferendar zum Gewerbe- 
assessor ernannt (Erl. vom 25. Jan. 1904). 
Der Wirkungskreis der Gewerbeaufsichtsbe- 
amten ist auf Grund der GewO. § 139b durch 
die Dienstanw. vom 23. März 1892 (HMBl. 160) 
Ha abgeändert, durch Erl. vom 17. Juni 1904 
(HMBl. 343) geregelt. Danach obliegt ihnen 
die Aufsicht über die Ausführung der Vor- 
schriften über die Sonntagsruhe im Gewerbe- 
betriebe (s. d.), über die Einrichtung und den 
Betrieb gewerblicher Anlagen (s. Anlagen, 
gewerbliche), über die Arbeitsordnungen (s. d.), 
über die Beschäftigung der Arbeiterinnen und 
sugendlichen Arbeiter (s. d.) in Fabriken und 
otorwerkstätten (s. d.), sowie in Werkstätten 
der Kleider= und Wäschekonfektion (s. d.) und 
über die Beschäftigung von Kindern in Werk- 
stätten (( Kinder, in gewerblicher Be- 
ziehung). Ferner haben sie die genehmi- 
gungspflichtigen Anlagen (s. Anlagen, ge- 
werbliche h sowie die Befolgung der Vor- 
schriften über die Arbeitsbücher (s. d.) und die 
Lohnzahlung (s. Lohn) in den Fabriken, Motor- 
werkstätten und Werkstätten der Kleider= und 
Wäschekonfektion zu überwachen. Licht zu 
ihrer Zuständigkeit gehört die Aufsicht über 
die Durchführung der Bestimmungen über 
Arbeitsbücher (s. d.), über die Arbeiterschutzbe- 
stimmungen in offenen Verkaufsstellen (s. d.) 
und über die Sonntagsruhe im Handelsge- 
werbe (s. d.). Die Revision der Dampfkessel 
ist den Gewerbeaufsichtsbeamten in der Haupt- 
sache abgenommen; es obliegt ihnen nur die 
Vornahme der Prüfungen sowie die der regel- 
mäßigen technischen Untersuchungen bei Kesseln 
der allgemeinen Bauverwaltung, soweit hier- 
für nicht besondere Beamte bestellt sind, und 
bei den übrigen preuß. fiskalischen Resseln 
  
  
  
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(Anw. vom 9. März 1900 — All. 139 — 
§ 2). Bis zum 1. Juni jedes Jahres haben 
sie nach vorgeschriebenem Muster dem Regie- 
rungspräsidenten, in Berlin dem Polizeiprä- 
sidenten, eine Nachweisung über die ihrer 
Aufsicht unterstehenden fiskalischen Dampf- 
kessel und von den amtlichen Prüfungen befreiten 
Dampfbesselbesitzer ein zureichen (Anw. 8 39). 
Wegen der Dampfkesselexplosionen s. Dampf- 
kessel. Die Gewerbeaufsichtsbeamten haben 
im Verfahren bei Genehmigung von gewerb- 
lichen Anlagen und von Dampfkesseln mitzu- 
wirken (AusfAnw. z. GewO. vom 1. Mai 
1904 — HMlI Bl. 123 — Ziff. 16; AusfAnw. 
vom 9. Alärz 1900 8 10). Wegen ihrer 
Beteiligung an Unfalluntersuchungen f. d. 
ür den inneren Dienst ist die Dienstanw. 
des H M. vom 3. Juni 1901, ergänzt durch Erl. 
vom 30. Juli 1902, erlassen. Die Gewerbe- 
aufsichtsbeamten haben alle zu ihrer Kenntnis 
gelangenden Mlißstände in gewerblichen Be- 
trieben zu prüfen (Erl. vom 21. März 1905 
— HAl. 70). Die Arbeitgeber müssen den 
Gewerbeaufsichtsbeamten zu jeder Zeit, auch 
in der Nacht, während des Betriebs den 
Zutritt gestatten und ihnen die vom B. 
oder der Landeszentralbehörde vorgeschrie- 
benen statistischen Mitteilungen machen. Die 
Gewerbeaufsichtsbeamten haben nach Maß-= 
gabe der HME. vom 13. NDov., 6. Dez. 1900, 
14., 15. Aug., 1. Nov. 1901, 30. Juli 1902, 
11., 15. Sept. 1902, 10. Jan. 1903, 14. Jan., 
6. April 1904 Jahresberichte zu erstatten, die 
im Original oder im Auszuge dem NT. und 
B. vorzulegen sind (§ 139b Abs. 3). Wegen des 
Verhältnisses der Gewerbeaufsichtsbeamten zu 
den Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaften 
s. Unfallverhütung, und zu den Kreisärzten 
Erl. vom 24. Juni 1901 — ÖM.l. 174. 
Für die der Aufsicht der Bergbehör- 
den unterstehenden Betriebe einschließlich der 
Staatsbergwerke und Salinen wird die Ge- 
werbeaufsicht durch die Bergrevierbeamten 
(s. Bergbehörden) wahrgenommen (Allg. 
Berggesetz vom 24. Juni 1865 — GS. 705 — 
§ 189 Abs. 2 in der Fassung des G. vom 
24. Juni 1892 — GS. 131; AusfAnw. z. Gew. 
Ziff. 253; Bek. vom 11. Jan. 1893 — MVBl. 
30). Für die Handhabung der Gewerbeauf- 
sicht über die Durchführung der Sonntagsruhe 
sind für den Bergrevierbeamten in Ziff. 254 ff. 
der Anw. nähere Vorschriften erlassen, während 
nach AusfAnw. z. G. vom 24. Juni 1892, vom 
27. Dez. 1892 Abschn. C (Ml. 1893, 13) für 
die Aussicht über die Durchführung der Be- 
stimmungen hinsichtlich der Arbeitsbücher (Berg- 
gesetz in der Fassung des G. vom 24. Juni 
1892 §8 85b—85h) die Vorschriften der Ausf- 
Anw. & GewO. Ziff. 181—192 maßgebend 
sind. Soweit nicht die Ausstellung ufw. der 
Arbeitsbücher den Ortspolizeibehörden über- 
tragen ist, steht die Aufsicht über die Ausfüh- 
rungen der Bestimmungen hinsichtlich der Ar- 
beitsbücher den Bergrevierbeamten zu. Für 
die Abfassung der Jahresberichte sind nach 
HME. vom 11. Dez. 1900 (I 8076) dieselben 
Bestimmungen wie für die übrige Gewerbe- 
aufsicht maßgebend. 
Hinsichtlich der Reichs= und Staats-
	        
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