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betriebe kann nach GewO. 8 155 Abfs. 3
die den Polizeibehörden obliegende Gewerbe-
aufsicht zum Teil auf die der Verwaltung
dieser Betriebe vorgesetzten Dienstbehörden
übertragen werden. Dies ist geschehen für die
Staatshütten im Oberbergamtsbezirke Claus-
thal durch Bek. vom 2. April 1892 (AlBkl.
139), für die Betriebe der Heeres= und Marine=
verwaltung durch Bek. vom 25. Mai 1892
(Ml. 230), abgeändert durch Bek. vom 16. Mai
1898 (M l. 230), für die Reichsdrucherei, die
kgl. Münze und amtliche Probieranstalt in
Frankfurt a. M. und für die Betriebe der
Staatseisenbahnverwaltung durch Bek. vom
25. Mai 1892 (M Bl. 230). Im übrigen sind,
abgesehen von Bergwerken und Salinen, für
Reichs= und Staatsbetriebe die Gewerbeauf-
sichtsbeamten zuständig (Erl. vom 15.Juni 1892).
Die Ortspolizeibehörden haben bei Wahr-
nehmung der Gewerbeaufsicht nach den Vor-
schriften der AusfAUnw. z. Gew. Ziff. 253
bis 258, 271 und der Ausf Anw. z. Kinder-
schutzS. vom 30. Aov. 1903 (HMl. 368) zu ver-
fahren. Soweit die Arbeiterschutzbestimmun-
en auf andere als fabrikmäßige Betriebe
nwendung finden, steht den Gewerbeauf-
sichtsbeamten innerhalb ihrer Zuständigkeit
die Gewerbeaufsicht hinsichtlich dieser Betriebe
(handwerksmäßige Betriebe, Werkstätten) zu
(Erl. vom 23. Okt. 1894 — M l. 208). Nicht
zuständig sind sie für landwirtschaftliche Aeben-
betriebe (Brennereien, Molkereien, Stärke-
fabriken). S. a. Gewerbepolizei.
Gewerbeausstellungen s. Ausstellun-
gen II.
Gewerbeberechtigungen. I. Unter G. wird
die auf besonderer Verleihung beruhende Be-
fugnis zur Ausübung. eines bestimmten Ge-
werbes verstanden. ealgewerbeberechtigung
(s. d.) heißt die G. dann, wenn das Becht zur
Ausübung des Gewerbes mit dem Besitz eines
Erundstüchs verbunden ist. Unter G. im
engeren Sinne werden jedoch nur die aus-
schließlichen G. verstanden, das sind die mit
dem Gewerbebetriebe verbundenen Berechti-
gungen, anderen den Betrieb eines Gewerbes,
sei es im allgemeinen oder hinsichtlich der
Benutzung eines gewissen Betriebsmaterials,
u untersagen oder zu beschränken (Gew.
7 Abs. 1 Zif 1; RG3Z. 12, 1). Die aus-
schließlichen G. waren vielfach mit Zwangs-
und Bannrechten (s. d.) verbunden. Miit der
Einführung der Gewerbefreiheit (s. d.) mußte
die Aufhebung der G. Hand in Hand gehen.
Daher bestimmte auch das Edibt über die Ein-
führung einer allgemeinen Gewerbesteuer vom
2. Nov. 1810 § 17 (GS. 79) die Ablösung der
ausschließlichen G., die nicht auf einem Grund-
stücke hafteten, in den Städten. Das G. vom
7. Sept. 1811 §8§ 32 ff. (GS. 263) nebst Dekla-
ration vom 11. Juli 1822 (GS. 187) erstrechte
die Ablösung auf alle ausschließlichen G. in
den Städten. Eine Ablösung der G. auf dem
platten Lande fand nicht statt. In den im
Jahre 1815 neu und wiedererworbenen Lan-
desteilen wurden die beiden Gesetze nicht
eingeführt und die Gewerbegesetzgebung un-
berührt erhalten. Im ehemaligen Königreich
Westfalen waren alle ausschließlichen G. durch
Gewerbeausstellungen — Gewerbeberechtigungen.
die G. vom 5. Aug. 1808 und vom 12. Febr.
1810 (Gesetz-Bulletin des Königr. Westfalen
1808, 274; 1810, 122) aufgehoben. Das gleiche
geschah im vormaligen Großherzogtum Berg
(Dekr. vom 31. Alärz 1809 — Bulletin des
lois 1, 342). Aur für die Städte der Prov.
Posen wurden die ausschließlichen G. durch
das G. vom 13. März 1833 (GS. 52) gegen
Entschädigung aufgehoben. Soweit die aus-
schließlichen G. Realgewerbeberechtigungen
waren, wurden sie zugleich mit der Aufhebung
der ausschließlichen G. überall aufgehoben.
Die Pr ew O. vom 17. Jan. 1845 8§ 1 (GS.
41) hob alle ausschließliche G. ohne Unter-
schied, ob sie an einem Grundstücke hafteten
oder nicht, auf, mit Ausnahme der Addeckerei-
berechtigungen (s. Abdecher). Die Aufhebung
erstrechte sich nicht auf das Realrecht, sondern
nur auf das mit dieser verbundene Wider-
spruchsrecht. Für die Aufhebung wurde nach
Maßgabe des Entschädigungsgesetzes vom
17. Jan. 1845 (GS. 79) Entschädigung ge-
leistet. In den im Jahre 1866 erworbenen
Landesteilen erfolgte die Aufhebung der aus-
schließlichen G. und die Gewährung der
Entschädigung nach Maßgabe des G. vom
17. März 1868 (GS. 249); ausgenommen
waren auch hier die Adbdechkereiberechtigun-
gen. Beim Inkrafttreten der GewO. vom
21. Juni 1869, die nach § 7 Abs. 1 Ziff. 1
alle ausschließlichen G. aufhob, bestanden in
Preußen solche G. nur noch für das Abdecherei-
gewerbe. Diese wurden mit dem 1. Jan. 1873
aufgehoben, die Entschädigung erfolgte nach
Maßgabe des G. über Abdeckereiberechtigungen
vom 17. Dez. 1872 (GS. 717). Uber die Ent-
schädigung beschließt der Bez A. (ZG. 8 133).
Ausschließliche G. können nicht mehr erworben
werden (GewO. 8§ 10 Abs. 2). Es wird keine
ausschließliche G. begründet, wenn die Ge-
meinden aus polizeilichen Gründen gewisse
Tätigkeiten, die bisher durch Gewerbetreibende
verrichtet wurden, übernehmen und durch ihre
Organe besorgen lassen (OV#. 32, S. 295,
302; 8GJ. 17, 337). Erfindungspatente, Ur-
heberrechte sind keine ausschließliche G. Auf-
gehoben sind nur die gewerblichen Berech-
tigungen, daher besteht das auf einer Tax-
ordnung beruhende BRecht der Kirchengemeinde
zur ausschließlichen Bestattung ihrer Paro-
chianen noch zu Recht (RG Z. 22, 22). Das
Eigentum an einem Kommunalfriedhofe ge-
währt dem Eigentümer das BRecht, einen das
Leichenbestattungsgewerbe Betreibenden von
der Ausübung des Gewerbes auf dem Fried-
hof auszuschließen (Ro Z. 42, 51) und die In-
standhaltung der Gräber durch besonders An-
gestellte vornehmen zu lassen (Ko##. 9, 294).
urch die Konkurrenzklausel (s. d.) wird eine
ausschließliche G. nicht begründet. Das gleiche
ilt von der Errichtung eines Kehrbezirks ((.
ezirksschornsteinfeger). Streitigbeiten
darüber, ob eine G. als ausschließliche G. und
daher als aufgehoben anzusehen ist, sind im
Rechtswege zu entscheiden (Gew. 8 9 Abfk. 1).
II. Vor Einführung der Gewerbefreiheit
wurden von Ortsobrigkeiten und Gutsherr-
schaften für die Verleihung der Berechtigung
zum Betriebe eines Gewerbes (s. Konzes-