Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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gesteigerter Verkehr stattfindet, mit Ausnahme 
der Heit des Gottesdienstes am Vor= und 
Bachmittage (Gew O. § 55a; AusfAnw.z. Gew. 
vom 1. Mai 1904 — HM. Bl. 123 — Ziff. 138). 
Das Austragen von Mitlch in Erfüllung 
kontraktlicher Verpflichtungen ist nicht ver- 
boten (KoG. 16, 451). Gesindevermietern (s. d.) 
und Stellenvermittlern ist die Ausübung des 
Gewerbes im Umherziehen verboten (Vor- 
schriften vom 10. Aug. 1901 Ziff. 17). Gegen- 
stände, die vom Feilhalten im stehenden Ge- 
werbebetriebe (s. d.) ganz oder teilweise aus- 
geschlossen sind, dürfen auch im Umherziehen 
nicht feilgeboten werden (Gew O. 8§ 56 Abf. 1). 
Offentliche Ankündigungen des Gewerbe- 
betriebs dürfen nur unter dem Namen des 
Gewerbetreibenden mit Hinzufügung seines 
Wohnortes erlassen werden (GewO. 8 960 
Abs. 2). S. auch Firmenschild. Zum Zwecke 
des Gewerbebetriebes ist ohne vorgängige Er- 
laubnis der Eintritt in fremde Wohnungen 
sowie zur VNachtzeit das Betreten fremder 
Häuser und Gehäöfte nicht gestattet (Gew. 
8§ 600). Eine Stellvertretung ist beim Ge- 
werbebetrieb unzulässig (Hew O. 8 6040. Die 
Mitführung von Kindern unter 14 Jahren zu 
gewerblichen Zwecken ist verboten (Gew. 8 62 
Abs. 3). In Zollgrenzbezirken ist nach Vereins- 
zollgesetz vom 1. Juli 1869 § 124 Abs. 1 (BGBl. 
317) eine besondere Erlaubnis erforderlich, die 
das zuständige Hauptzollamt erteilt. Bei umher- 
ziehenden Schauspielergesellschaften bedarf der 
nternehmer der Erlaubnis als Theaterunter- 
nehmer (s. Schauspielunternehmer). Der- 
jenige, welchem die Ausübung eines stehenden 
Gewerbes untersagt ist s. Untersagung von 
Gewerbebetrieben), darf das Gewerbe auch 
im Umherziehen nicht betreiben (O. 46, 355). 
III. Beschränkungenimeinzelnen. 1. An- 
kauf von Waren. Ausgeschlossen sind: 
geistige Getränke (s. d.), gebrauchte Kleider, ge- 
brauchte Wäsche, gebrauchte Betten und ge- 
brauchte Bettstüchen, insbesondere gebrauchte 
Bettfedern (OV. 12, 343), Menschenhaare, Garn- 
abfälle, Enden und Dräumen von Seide, Wolle, 
Leinen oder Baumwolle, Gold= und Silberwaren, 
Bruchgold und Bruchsilber sowie Taschenuhren, 
Spielkarten, Staats= und sonstige Wertpapiere, 
Lotterielose, Bezugs= und Anteilscheine auf 
Wertpapiere und Lotterielose, explosive Stoffe, 
insbesondere Feuerwerkskörper, Schießpulver 
und Dynamit, solche mineralische und andere 
Ole, welche leicht entzündlich sind, insbesondere 
Petroleum sowie Spiritus, Stoß-, Hieb= und 
Schußwaffen, Gifte (s. d.) und gifthaltige 
Waren, Arznei= (s. d. und OVG. 27, 315; KGJ. 
2, 216; 15, 232) und Geheimmittel (s. d.) sowie 
Bruchbänder, Bäume aller Art, Sträucher, 
Schnitt-, Wurzelreben, Futtermittel — dazu 
gehören auch Olkuchen (O. 31, 306) — und 
Sämereien, mit Ausnahme von Gemüse= und 
Blumensamen, Schmucksachen, Bijouterien — 
dazu gehören auch Gebrauchsgegenstände (Re- 
St. 37, 145) — Brillen und optische Instru- 
mente. 
2. Feilbieten von Waren. Ausgeschlossen 
sind alle Gegenstände, die nicht angekauft 
werden dürfen. Ferner sind Druchschriften 
(s. Druchschriften verbreitung), an- 
  
Gewerbebetrieb im Umherziehen. 
dere Schriften und Bildwerke (s. Bilder) vom 
Feilbieten ausgeschlossen, wenn sie in sittlicher 
oder religiöser Beziehung Argernis zu geben 
eeignet sind, oder mittels Zusicherung von 
rämien oder Gewinnen vertrieben werden, 
oder in Lieferungen erscheinen, sofern nicht 
der Gesamtpreis auf jeder einzelnen Lieferung 
an einer in die Augen fallenden Stelle be- 
stimmt verzeichnet ist (GewO. § 56 Abs.. 2 
Ziff. 12). Zu den Druckschriften, die in sitt- 
licher Beziehung Argernis zu geben geeignet 
sind, Gehören alle Schriften, welche das sitt- 
liche Gefühl im weiteren Sinne des Begriffs 
der Sittlichkeit verletzen (OV.G. 15, 356). Ein 
Argernis in politischer Beziehung kommt als 
Argernis in sittlicher Beziehung nicht in Be- 
tracht (OV. 36, 372). Wird in den Druch- 
schriften auf andere Druchschriften verwiesen, 
so kommt es auf den Inhalt dieser Druck- 
schriften nicht an, vielmehr muß der Inhalt 
der verweisenden Druchschrift oder der Titel 
der anderen Druchschrift oder die Art der Ver- 
weisung Argernis zu geben geeignet sein 
(OVE. 31, 304). Die Verweisung auf Mielo= 
dien weltlicher Lieder bei religiösen Liedern 
ist nur dann Argernis zu geben geeignet, 
wenn auf Melodien von Liedern anstößigen 
Inhalts verwiesen wird (OVG#. vom 17. Dez. 
1891 — Prl. 13, 149). MNicht feilgeboten 
werden dürfen nach GewO. 8 56 a Ziff. 4 
Waren, wenn sie gegen Teilzahlung unter dem 
Vorbehalte veräußert werden, daß der Ver- 
äußerer wegen Aichterfüllung der dem Er- 
werber obliegenden Verpflichtungen vom Ver- 
trage zurücktreten Kann (s. Abzahlungsge- 
schäfte). Das Feilbieten von Waren in der 
Art, daß dieselben versteigert oder im Wege 
des GElüchsspieles oder der Ausspielung (Lotte- 
rie, s. d.) abgesetzt werden, ist nach Gew). 
§ 56 Abs. 1 nicht gestattet. Ausnahmen von 
diesem Verbote dürfen von der Ortspolizei- 
behörde zugelassen werden, hinsichtlich der 
Wanderversteigerungen jedoch nur bei Waren, 
welche dem raschen Verderben ausgesetzt sind. 
Bei Gestattung der Ausnahmen hat die Orts- 
polizeibehörde die Vorschriften für den Ge- 
schäftsbetrieb der Versteigerer (s. Auktiona- 
tor) Ziff. 20, 33 zu beachten. Wandergewerbe- 
scheine zum Feilbieten von Waren mittels 
Ausspielung — dazu gehört auch das Ring- 
und Plattenwerfen — dürfen nicht erteilt werden; 
sie dürfen nur auf das Feilbieten von Waren 
lauten, und die Ortspolizeibehörden haben dar- 
über zu entscheiden, ob sie die Ausspielung 
(s. d.) zulassen wollen. Wer Druchschriften, 
andere Schriften und Bildwerke im Umher- 
ziehen feilbieten will, hat nach GewO. 8 56 
Abs. 4 ein Verzeichnis derselben dem BezW., 
im LPW. Berlin dem Polizeipräsidenten, zur 
Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung 
ist nur zu versagen, soweit das Verzeichnis 
Druchschriften, andere Schriften oder Bild- 
werke enthält, deren Feilbieten unzulässig ist. 
Gegen den versagenden Beschluß des BezA. 
ist Antrag auf mündliche Verhandlung, gegen 
den versagenden Bescheid des Polizeipräsi- 
denten Klage beim Bez A. binnen zwei Wochen 
zulässig. Gegen das Urteil des Bez A. ist nur 
die Revision zulässig (Allerh V. vom 31. Dez.
	        
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