Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gewerbebetrieb im Umherziehen. 
1883 — RGBl. 1884,7 — § 3). Der Gewerbe- 
treibende darf nur die in dem genehmigten 
Verzeichnis enthaltenen Druchschriften, anderen 
Schriften oder Bildwerke bei sich führen und 
ist verpflichtet, das Berzeichnis während der 
Ausübung des Gewerbebetriebs bei sich zu 
führen, auf Erfordern den zuständigen Be- 
hörden oder Beamten vorzuzeigen und, voern 
er hierzu nicht imstande ist, auf deren Geheiß 
den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Ver- 
zeichnisses einzustellen (AusfAUnw. z. GewdO. 
Ziff. 74, 75). 
3. Aufsuchen von Bestellungen auf 
Waren. Das Ausfsuchen von Bestellungen auf 
Druchschriften, anderen Schriften und Bild- 
werken, die nicht feilgeboten werden dürfen, ist 
verboten. Ausgeschlossen sind ferner das 
Aufsuchen von Bestellungen auf Staats-- und 
sonstige Wertpapiere, Lotterielose und Bezugs- 
und Anteilsscheine auf Wertpapiere und Lotterie- 
lose sowie das Aufsuchen von Bestellungen auf 
Branntwein und Spiritus bei Personen, in 
deren Gewerbebetriebe dieselben keine Verwen- 
dung finden (GewO. 8§ 56a Ziff. 2, 3). 
4. Anbieten gewerblicher Leistungen. 
Ausgeschlossen ist nach GewO. § 56 a Ziff. 2 
das Aufsuchen und die Vermittlung von Dar- 
lehnsgeschäften und Rüchkaufsgeschäften ohne 
vorgängige Bestellung sowie nach Ziff.7 a. a. 
die gewerbsmäßige (OV. 15, 32) Ausübung 
der Heilkunde, sofern der Ausübende für die- 
selbe nicht approbiert ist (.e Arzte, Tier- 
ärzte). Die ausschließliche Anfertigung hünst- 
licher Gebisse ist Kkeine Ausübung der Zahn- 
heilkunde (Erl. vom 16. Mai 1887 — Mittd St. 
21, 79), wohl aber fällt die Entfernung von 
Eingeweidewürmern unter die Ausübung der 
Heilkunde (OV. vom 1. Dez. 1884 — Pr VBx. 
6, 387). Unzulässig ist auch das Anbieten von 
Leistungen, die gegen die guten Sitten verstoßen, 
z. B. Wahrsagen (AusfAnw. z. Gew O. Ziff. 68). 
5. Darbieten von Lustbarkeiten ohne 
höheres Kunstinteresse (GewO. 8§ 55 Abs. 1 
Ziff. 4). Hierzu ist auch für den Marktverkehr 
die Lösung eines Wandergewerbescheins erfor- 
derlich (Gew O. § 55 Abs. 2). Wer solche Lustbar- 
Reiten an einem Orte von Haus zu Haus oder 
auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen 
oder an anderen öffentlichen Orten (s. Ambu- 
lanter Gewerbebetrieb) ausüben will, be- 
darf neben dem Wandergewerbeschein der vor- 
gängigen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde 
(GewO. § 60 a). Die Zurschaustellung das 
Schamgefühl verletzender Nachbildungen in 
Aunuseen, Panoptiken, Wachsfigurenkabinetten 
usw. ist im Wandergewerbeschein zu verbieten 
(AusfAnw. z. GewO. Ziff. 67). 
6. Anderungen der Beschränkun- 
en (1—4). Der B. ist befugt, nach Gew). 
56b Abs. 1 bei vorhandenem Bedürfnisse den 
Ankauf oder das Feilbieten (§ 2) für weitere 
Waren zuzulassen. Dies ist hinsichtlich des 
Feilbietens von Bier mit ginem zuase 
von nicht mehr als zwei Prozent geschehen 
RKBek. vom 17. Juli 1899 — REBl. 374 — 
und vom 29. Febr. 1904 — RNGl. 138). Die 
andesregierungen (Zentral= und Landespoli- 
zeibehörde) haben die gleiche Befugnis hin- 
sichtlich der Bäume aller Art, Sträucher, 
O. ist keine durch LV. 8 
  
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Schnitt-, Wursekreben, Futtermitteln und Sä- 
mereien (GewO. § 56b Abs. 1). Aus Gründen 
der öffentlichen Sicherheit sowie zur Abwehr 
oder Unterdrückung von Seuchen kann durch 
Beschluß des BR. und in dringenden Fällen 
durch Anordnung des RK. nach Einvernehmen 
mit dem Ausschusse des BR. für Handel und 
Verkehr für den Umfang des Beiches oder für 
Teile desselben bestimmt werden, daß und in- 
wiefern außer den ausgeschlossenen Gegen- 
ständen und Leistungen auch noch andere Gegen- 
stände und Leistungen auf bestimmte Dauer 
von dem G. i. U. ausgeschlossen sein sollen. 
Aach GewO. 8§ 56b Abs. 3 kann durch die 
Landesregierungen (Regierungspräsidenten, 
RGt. 31, 342; Erl. vom 27. Nov. 1899 — 
A#Bl. 1900, 193) das Umherziehen mit Zucht- 
hengsten zur Dechung von Stuten untersagt 
werden. esgleichen kann zur Abwehr oder 
Unterdrüchung von Seuchen der Handel — 
darunter fällt auch das Aufsuchen von Be- 
stellungen (R St. 32, 291) — mit Rinduvieh, 
Schweinen, Schafen, Ziegen oder Geflügel im 
Umherziehen Beschränkungen unterworfen oder 
auf bestimmte Dauer untersagt werden. Eine 
auf Grund dieser Bestimmung erlassene, das 
Verbot des Handels mit Schweinen betreffende 
Bekanntmachung des Regierungspräsidenten 
130 im Verwaltungs- 
streitverfahren anfechtbare polizeiliche Verfü- 
gung (OVS. 35, 336). Hausierern darf nicht 
die Verpflichtung auferlegt werden, die von 
ihnen benutzten Zugtiere allmonatlich einer 
amtlichen Untersuchung zu unterwerfen und 
das darüber lautende Kontrollbuch bei sich zu 
führen (&8 J. 24 C 28). Durch Polizeiverord- 
nung kann für Viehhändler die Führung 
eines Viehkontrollbuchs nicht vorgeschrieben 
werden (&GJ. 26 C 48; anderer Meinung: R- 
St. 38, 165). Das Feilbieten geistiger Getränke 
kann im Falle besonderen Bedürfnisses von 
der Ortspolizeibehörde vorübergehend gestattet 
werden (GewO. § 56 Abs. 1 Ziff. 1). 
IV. Wandergewerbeschein. 1. Erforder- 
nis eines Wandergewerbescheins. Die 
Ausübung des G. i. U. ist in der Regel nur 
Personen gestattet, die sich im Besitz eines 
Wandergewerbescheins befinden. Ein Wander- 
gewerbeschein ist nicht erforderlich für das 
Aufkaufen von Waren (s. d.) und das Auf- 
suchen von Warenbestellungen (s. d.) durch 
Handlungsreisende (s. d.) oder Unternehmer 
eines stehenden Gewerbebetriebs selbst. Ein 
Wandergewerbeschein ist ferner nicht erforder- 
lich: a) für das Feilbieten selbstgewonnener 
oder roher Erzeugnisse (s. d.) der Land= oder 
Forstwirtschaft, des Garten= und Obstbaues, 
der Geflügel= und Bienenzucht, der seldbst- 
gewonnenen Erzeugnisse der Jagd und Fischerei, 
sowie für das Feilbieten selbstverfertigter 
Waren (. d.), die Wochenmarktsartikel (s. d.) 
sind, im Umkreise von 15 km vom Wohnort 
(GewO. § 59 Abs. 1 Ziff. 1). Nach Gewd. 
§ 60b Abs. 2, 3 kann die Ortspolizeibehörde 
das Feilbieten dieser Gegenstände Kindern 
(s. Kinder, in gewerblicher Beziehung I.) 
unter 14 Jahren, minderjährigen henen 
nach Sonnenuntergang, und weiblichen Min- 
derjährigen von Haus zu Haus verbieten.
	        
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