Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gewerbebetrieb im Umherziehen. 
bezüglichen Vorschriften im Laufe der letzten 
drei Jahre wiederholt bestraft ist, oder wenn 
er ein oder mehrere Kinder besitzt, für deren 
Unterhalt und, sofern sie schulpflichtig sind, 
für deren Unterricht nicht genügend gesorgt 
ist. Gegen den versagenden Beschluß des 
BezA. findet innerhalb zwei Wochen der An- 
trag auf mündliche Verhandlung im Verwal- 
tungsstreitverfahren, gegen den versagenden 
Bescheid des Polizeipräsidenten im L# P. 
Berlin binnen zwei Wochen die Klage beim 
BezA. statt. Gegen die Entscheidungen des 
BezA. ist nur das Rechtsmittel der Revision 
zugelassen (ZG. 88 117, 161 Abs. 2). Gegen 
die Versagung des Wandergewerbescheins zur 
Darbietung von Lustbarkeiten ohne höheres 
Kunstinteresse findet nur die Beschwerde an 
den Oberpräsidenten statt (Gew O. § 63 Abfs. 2; 
Ausf Anw. z. GewO. Ziff. 73). Der Wander- 
gewerbeschein kann zurüchgen ommen 
werden, wenn sich ergibt, daß, eine der Vor- 
aussetzungen, unter denen der Wandergewerbe- 
schein versagt werden muß, in der Regel zu 
versagen ist, oder versagt werden darf, zur Zeit 
der Erteilung des Scheins bereits vorhanden 
gewesen, der Behörde aber unbekannt geblieben. 
oder erst nach Erteilung des Scheines eingetreten 
ist. Uber die Zurücknahme entscheidet der Bez A. 
auf Klage der Ortspolizeibehörde (V. vom 31. Dez. 
1883 — GS. 1884,7 — § 5). S. auch Ausf- 
Anw. z. GewO. Ziff. 67, 68. 
3. Formular und Gültigkeit des 
Wandergewerbescheins. Nach MB#ek. 
vom 27. Nov. 1896 (Rl. 745) hat der 
B. auf Grund der GewO. § 60 Abs. 3 für 
den Wandergewerbeschein drei Formulare fest- 
gesetzt, und zwar Formular A für das Dar- 
bieten von Lustbarkeiten ohne höheres Kunst- 
interesse, Formular B für Inländer, Formu- 
lar C für Ausländer (R#ek. vom 27. Nov. 
1896 — REl. 745). Nach GewO. 8 60 wird 
der Wandergewerbeschein für die Dauer des 
Kalenderjahrs erteilt, er berechtigt den In- 
haber, in dem ganzen Gebiete des BReichs 
das bezeichnete Gewerbe nach Entrichtung 
der darauf haftenden Landessteuern zu be- 
treiben. Soweit das Feilbieten von geistigen 
Getränken im Falle besonderen Bedürfnisses 
von der Ortspolizeibehörde vorübergehend 
gestattet wird, ist die räumliche und zeitliche 
eschränkung dieser Erlaubnis im Wander- 
gewerbeschein anzugeben. Ein Wandergewerbe- 
schein für das Darbieten von Lustbarkeiten 
ohne höheres Kunstinteresse gewährt die Be- 
fugnis zum Gewerbebetrieb in einem anderen 
Regierungsbezirk nur dann, wenn er auf den 
anderen Bezirt vom BezA. (im LPB Berlin 
vom Polizeipräsidenten) ausgedehnt ist. So- 
wohl die Ausstellung als auch die Aus- 
dehnung eines solchen Wandergewerbescheins 
kann für eine Rürzere Dauer, als das Ralender- 
jahr, oder für bestimmte Tage während des 
Kalenderjahrs erfolgen. Die Ausdehnung ist 
zu versagen, sobald für die den Verhältnissen 
des Bezirkes entsprechende Anzahl von Per- 
sonen Wandergewerbescheine bereits ausgestellt 
oder ausgedehnt Lnd. Gegen die Versagung 
findet nach GewO. 8 63 Abs. 2 nur die Be- 
schwerde an den Oberpräsidenten statt (Ausf- 
  
  
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Anw. z. Gew. Ziff. 73). Die Ausdehnung 
kann auf Klage der Ortspolizeibehörde vom 
BezA. aus denselben Gründen zurüchgenommen 
werden, aus denen der Wandergewerbeschein 
zurückgenommen werden kann (s. unter 2). 
4. emeinsamer Wandergewerbe- 
schein. Wenn mehrere Personen Lustbar- 
keiten ohne höheres RKunstinteresse in Gemein- 
schaft miteinander darbieten wollen, so kann 
auf ihren Antrag ein gemeinsamer Wander- 
gewerbeschein für die Gesellschaft als solche aus- 
gestellt werden, in dem jedes einzelne Miitglied 
aufzuführen ist. Werden für die einzelnen Mit- 
glieder besondere Wandergewerbescheine aus- 
gestellt, so Kann in diesen ein Vermerk auf- 
genommen werden, nach dem dem Inhaber der 
Gewerbebetrieb nur im Verband einer bestimm- 
ten Gesellschaft, oder einer Gesellschaft überhaupt, 
gestattet sein soll. Umherziehenden Schauspieler- 
gesellschaften wird der Wandergewerbeschein nur 
dann erteilt, wenn der Unternehmer die Erlaub- 
nis als Theaterunternehmer (s. Schauspiel- 
unternehmer) besitzt. In dem Wanderge- 
werbescheine für den Unternehmer einer Schau- 
spielergesellschaft ist ausdrücklich zu vermerken, 
daß der Gewerbetreibende als Unternehmer 
auftreten will (HGew O. 8 60 d Absl. 3, 4). 
V. Ausübung des Gewerbebetriebs, 
Aitführen von Personen. Den Wander- 
ewerbeschein muß der Inhaber während der 
usübung des Gewerbebetriebs bei sich führen, 
auf Erfordern den zuständigen Behörden oder 
Beamten während der Ausübung des Gewerbe- 
betriebs (K GeJ. 15, 253) vorzeigen und, sofern 
er hierzu nicht imstande ist, auf deren Geheiß 
den Betrieb bis zur Herbeischaffung des 
Wandergewerbescheins einstellen. Auf gleiches 
Verlangen müssen die geführten Waren vor- 
gelegt werden (GewO. 8§ 60ec). Eine Stell- 
vertretung ist unzulässig, der Wandergewerbe- 
schein darf einem andern nicht überlassen werden. 
Wer den Inhaber des Wandergewerbescheins 
vertreten will, bedarf selbst eines Wander- 
gewerbescheins (GewO. 8 60d Abs. 1, 2; f. 
auch &0#. 10, 200; 6, 357). Im übrigen hat 
der Gewerbetreibende nicht nur die für den 
G. i. U. bestehenden besonderen Bestimmungen 
(II, II), sondern auch die allgemeinen polizei- 
lichen Vorschriften, denen jedermann unter- 
worfen ist, zu beachten. Beschränhungen Bön- 
nen dem Wandergewerbe nur auf Grund der 
Gewo. oder anderer Reichsgesetze auferlegt 
werden (KGJ. 24 C 28). Die Mitführung 
von Personen zu untergeordneten Dienst= und 
Hilfeleistungen [Begleiter] (KI. 12, 196; 13, 
320) ist nur mit Erlaubnis des BezA. ge- 
stattet, der den Wandergewerbeschein erteilt hat 
oder in dessen Bezirke sich der Aachsuchende 
befindet. Im LP. ist der Polizeipräsident 
zuständig. Die Erlaubnis, die unter näherer 
Bezeichnung der Begleiter im Wandergewerbe- 
schein zu vermerken ist, und zwar auch dann, 
wenn es sich um die eigenen Kinder handelt 
(OV. vom 7. Juli 1900 — Pr VBl. 22, 289), 
ist zu versagen, wenn die Voraussetzungen bei 
den Begleitern vorliegen, unter denen der 
Wandergewerbeschein versagt werden muß; 
sie darf außerdem nur versagt werden, wenn bei 
den Begleitern die Voraussetzungen vorliegen,
	        
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