718
unter denen der Wandergewerbeschein in der
Regel zu verfagen ist oder versagt werden darf.
Die Zurücknahme der Erlaubnis kann aus den
Gründen erfolgen, aus denen der Wanderge-
werbeschein zurüchgenommen werden kann; zu-
ständig 9 auf Klage der Ortspolizeibehörde der
Bez A. (V. vom 31. Dez. 1883 — GCS. 1884, 7).
Die Erlaubnis zur Hführung von Kindern
unter 14 Jahren (GewO. 8 62 Abs. 3—5) ist,
sofern es sich nicht um die eigenen Kinder oder
Enkel handelt, nur in besonders dringenden
Ausnahmefällen zu erteilen.
VI. Ausländer haben Reinen Anspruch
auf Zulassung zum G. i. U. Das gilt auch
für die Angehörigen der Staaten, mit denen
Handelsverträge abgeschlossen sind. Der B.
hat aber auf Grund der GewO. 8§ 56d den
Ausländern den Gewerbebetrieb gestattet
(R## Bek. vom 27. NAov. 1896, II — REnl. 745).
Der Wandergewerbeschein darf außer den für
Inländer maßgebenden Gründen an Aus-
länder nicht erteilt werden, 1. wenn ein Bedürf-
nis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes
im Regierungsbezirke (LW. Berlin) nicht be-
steht oder der Bedarf schon anderweit, ins-
besondere durch Erteilung einer entsprechenden
Anzahl von Wandergewerbescheinen an In-
länder, gedecht ist, 2. wenn der Antragsteller
Zigeuner (s. d.) ist, 3. wenn der Antragsteller
das 25. Lebensjahr noch nicht überschritten hat
und nicht bereits für das abgelaufene Jahr
einen Wandergewerbeschein für das gleiche Ge-
werbe erhalten hat, 4. wenn die Persönlichkeit
des Antragsstellers zu erheblichen polizeilichen
Bedenken Anlaß gibt. Zum Gewerbe der
Topfbinder, Kesselflicher, Drehorgelspieler,
Dudelsackpfeifer, der Händler mit Blech= und
Drahtwaren und ähnlichen Gegenständen
dürfen außerdem nur solche Ausländer zu-
gelassen werden, welche nachweislich in dem
vorangegangenen Kalenderjahr einen Wander-
gewerbeschein für das gleiche Gewerbe er-
halten haben. Uber Anträge von Ausländern
auf Erteilung von Wandergewerbescheinen
oder auf Genehmigung des Druuckschriften-
verzeichnisses, auf Erteilung der Erlaubnis
um Mitführen von Personen befindet der
Regierungspräsident (im LP. der Polizei-
präsident), gegen deren versagenden Bescheid
nur die Beschwerde an den Oberpräsidenten
zulässig ist. Der Gewerbebetrieb der Aus-
länder unterliegt denselben Beschränkungen
wie dersenige der Inländer ((. II, IID. er
Wandergewerbeschein berechtigt den Inhaber,
nach Entrichtung der Landessteuern sein Ge—
werbe im Umherziehen nur in dem Bezirke
desjenigen BezA. zu betreiben, welcher den
Wandergewerbeschein erteilt hat. Die vom
Polizeiprästdenten in Berlin ausgestellten
Scheine berechtigen nur zum Gewerbebetrieb
im LPB. Berlin. Zu dem Gewerbebetrieb
in einem anderen Bezirk ist die Ausdehnung
des Wandergewerbescheines durch die zustän—
dige Behörde dieses Bezirkes erforderlich. Die
Ausdehnung, wird versagt, wenn ein Bedürf—
nis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes
in dem Bezirke der Behörde nicht besteht,
oder sobald für die den Verhältnissen des Be-
zirkes entsprechende Anzahl von Personen
Gewerbeentziehung — Gewerbeförderung.
Wandergewerbescheine bereits erteilt oder auf
den betreffenden Bezirk ausgedehnt sind. Die
Ausdehnung kann vom BezA. (im LPB. vom
Polizeipräsidenten) zurückgenommen werden,
wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter
denen der Wandergewerbeschein des Inländers
zurückgenommen werden kann und wenn sich
gegen die Persönlichkeit des Gewerbetreibenden
nachträglich erhebliche polizeiliche Bedenken er-
geben. Auch hier ist nur die Beschwerde an
den Oberpräsidenten zugelassen. Sowohl die
Ausstellung als auch die Ausdehnung des
Wandergewerbescheins kann für eine kürzere
Dauer als das KZRalenderjahr oder für be-
stimmte Tage während des Kalenderjahres
erfolgen. Für die Ausübung des Gewerbe-
betriebes und die Mitführung von Begleitern
gelten dieselben Vorschriften wie für Inländer
(s. unter V) mit der MAlaßgabe, daß hin-
sichtlich der Anforderungen an die Person der
Begleiter dieselben schärferen Bedingungen
gelten, welche für die gewerbetreibenden Aus-
länder gefordert werden. Die Erlaubnis zur
Mitführung von Personen anderen Geschlechts
mit Ausnahme der Ehegatten und der über
21 Jahre alten eigenen Kinder und Enkel kann
aus jedem beliebigen Grunde versagt werden.
VII. Strafbestimmungen in Gewd.
§ 146 Abs. 1 Ziff. 4, § 146 à, § 148 Abf. 1
Ziff. 5—7e.
ewerbeentziehung s. Entziehung ge-
werblicher Genehmigungen und Steuer-
vergehen IV.
Gewerbeförderung. Unter G. werden die-
jenigen Maßnahmen verstanden, welche auf
die gründliche technische Ausbildung und die
wirtschaftliche Hebung des Kleingewerbes, ins-
besondere des Handwerks, abzielen. Träger
dieser Bestrebungen ist in der Regel der Staat.
In Preußen ist hierfür eine besondere Zentral-
stelle, das Landesgewerbeamt (s. d.), eingesetzt.
A-eben der Pflege des gewerblichen Unterrichts
(s. Fortbildungs= und Fachschulen) kom-
men als solche Maßnahmen insbesondere in
Betracht: die Einrichtung von Lehrwerk-
stätten zur technischen Ausbildung der Lehr-
linge in der Wertkstattlehre; die Einrichtung
von Lehrlingswerkstätten, d. h. die Unter-
bringung von Lehrlingen bei besonders tüchtigen
Handwerkern zur planmäßigen Ausbildung
unter Gewährung von Staatsprämien; Aus-
stellungen von Lehrlingsarbeiten; die Aus-
kunftserteilungen in technischen Angelegen-
heiten; die Herausgabe technischer zeltschechten
und die Schaffung geeigneter Bibliotheken;
die unentgeltliche Stellenvermittlung für Lehr-
linge; die Einrichtung von ständigen Aus-
stellungen (Gewerbemuseen) und von Wander-
ausstellungen zur Vorführung vollkommener
technischer Hilfsmittel auch in Verbindung
mit Vorträgen; die Veranstaltung von Meister-
kursen zur Ergänzung und Vertiefung der
technischen Fähigheiten und wirtschaftlichen
Kenntnisse der älteren Gesellen und der
Meister; die Einrichtung gemeinsamer Ver-
kaufshallen; die Förderung des Kredits; die
Pflege des Genossenschaftswesens (s. Geno len -
schaften [Erwerbs= und Wirtschafts-] V),
insbesondere auch durch Uberlassung von Ma-