Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gewerbegehilfen — Gewerbegerichte. 
betreiben steht ausschließlich dem Reiche zu 
(G. über das Telegraphenwesen des Deut— 
schen Reichs vom 6. April 1892 — RGBl. 
467 — § 1). Ausländer (s. d.) stehen hinsicht- 
lich der Zulassung zum Gewerbebetrieb, ab- 
gesehen vom ambulanten Gewerbebetriebe (s. d.) 
und dem Gewerbebetrieb im Umherziehen (s. d.), 
den Inländern gleich. Anur hinsichtlich des 
Gewerbebetriebs der ausländischen juristischen 
Personen bewendet es bei den Landesgesetzen 
([. Ausländer). S. auch Beamte (Gewerbe- 
betrieb der B.), Militärpersonen. Hin- 
sichtlich der besondereen Beschränkungen, die für 
den stehenden Gewerbebetrieb, den ambulanten 
Gewerbebetrieb und Gewerbebetrieb im Umher- 
ziehen bestehen, s. Stehender Gewerbe- 
betrieb, Ambulanter Gewerbebetrieb, 
Gewerbebetrieb im Umherziehen. 
Gewerbegehilfen sind alle Arten unselb- 
ständiger Lohnarbeiter in gewerblichen Be- 
trieben. Zu ihnen gehören namentlich auch 
Köche, KRellner, Ausläufer, Kutscher usw. in 
Handelsgeschäften (s. KchJ. 19, 318), Heim- 
arbeiter usw. Im allgemeinen deckt sich der Be- 
griff mit dem Begriffe „gewerblicher Arbeiter“ 
(s. Arbeiter ), mit der Maßgabe jedoch, daß 
die Vorschriften über das Arbeitsverhältnis 
der Gesellen und Gehilfen (GewO. 88 121 bis 
125) auf Betriebsbeamte, Werkmeister und 
Techniker keine Anwendung finden. Die Be- 
fugnis zum selbständigen Betrieb eines stehen- 
den Gewerbes begreift das Recht in sich, in 
beliebiger Zahl Gesellen, Gehilfen, Arbeiter 
jeder Art, und soweit nicht über die Zahl der 
Lehrlinge, die in einzelnen Gewerbszweigen 
gehalten werden dürfen, vom BR., dem HÖ. 
oder der Handwerkskammer (s. d.) Vorschrif- 
ten erlassen sind oder dem einzelnen Gewerbe- 
treibenden gegenüber von der unteren Ver- 
waltungsbehörde die Höchstzahl der Lehrlinge 
vorgeschrieben ist, Lehrlinge anzunehmen ((. 
Lehrlinge IV). In der Wahl des Arbeits- 
personals bestehen nur die Beschränhungen 
hinsichtlich der Beschäftigung von Lehrlingen 
(s. d.), von jugendlichen Arbeitern (s. d.) ein- 
chließlich der Rinder (s. d. in gewerblicher 
eziehung), Arbeiterinnen (s. d.) und von 
Minderjährigen (s. d.). ANach den Vorschriften 
vom 10. Aug. 1901 Ziff. 6 (OMIl. 184) dürfen 
Gesindevermieter und Stellenvermittler Hilfs- 
personal (Gesellen, Lehrlinge, Agenten) ein- 
schließlich der Familienangeborigen nur mit 
Erlaubnis der Ortspolizeibehörde beschäftigen. 
Theateragenten (s. d.) haben nach den Vor- 
schriften vom 31. Jan. 1902 Ziff. 7 (SOM.Bl. 66) 
der Ortspolizeibehörde nach näherer Anweisung 
regelmäßig Verzeichnisse des beschäftigten Hilfs- 
personals einzureichen. In einzelnen gesund- 
geitegrfährichen Betrieben — Anlagen zur 
erstellung von Alkalichromaten (s. d.), von 
elektrischen Aakumulatoren (s. d.), Thomas- 
schlachenmühlen (s. d.), Bleifarbenfabriken 
(s d.) — dürfen nur gesunde Arbeiter eingestellt 
oder mit bestimmten Arbeiten beschäftigt wer- 
den. In anderen Betrieben dieser Art kön- 
nen bei Erteilung der Genehmigung durch die 
Polizei solche Beschränkungen im Interesse 
der Gesundheit der Arbeiter vorgeschrieben 
werden (s. Anlagen, gewerbliche). Sonst 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 
  
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können Beschränkungen weder bei der Kon- 
zessionserteilung noch durch polizeiliche Ver- 
fügung auferlegt werden. An die Bedingung, 
keine weibliche Bedienung zu halten, kann 
die Konzession einer Schankwirtschaft nicht ge- 
knüpft werden (OV. 10, 288). Auch können 
die Gast= und Schankwirte nicht durch polizei- 
liche Verfügung in der Wahl der Kellner oder 
Kellnerinnen beschränkt werden (O. 4, 329; 
32, 288). Apotheker dürfen nur geprüfte 
Apothekergehilfen beschäftigen (RA&#Bek. vom 
13. Jan. 1883 — ZBl. 12). Ausnahmsweise 
kann der R. mit Zustimmung des Mdg##. 
die Beschäftigung von Apothekergehilfen, die 
im Auslande die Prüfung abgelegt haben, 
zulassen (RéBek. vom 12. Febr. 1902 
Zl. 23). 
Gewerbegerichte. 
I. Gesetzgebung. Die 
Entscheidung von Streitigkeiten zwischen selb- 
ständigen Gewerbetreibenden und ihren Ar- 
beitern aus dem Arbeitsvertrage war früher 
in der GewO. geregelt. Der § 108 GewO. 
vom 21. Juni 1869 (BEBl. 245) und ebenso 
der durch die Vovelle vom 17. Juli 1878 
(Röl. 199) an seine Stelle gesetzte § 120 a 
bestimmte, daß solche Streitigkheiten, soweit 
nicht dafür besondere Behörden eingesetzt 
seien, durch den Gemeindevorsteher zu ent- 
scheiden seien, ließ aber die Wöglichkeit zu, 
durch Ortsstatut Schiedsgerichte zu errichten, 
welche durch die Gemeindebehörde unter gleich- 
mäßiger Zuziehung von Arbeitgebern und 
Arbeitern zu bilden waren. Die Einsetzung 
gewerblicher Schiedsgerichte wurde auf diesem 
Wege nur in beschränktem Umfange erreicht, 
vornehmlich weil Bestimmungen über die 
nähere Ausführung des Prinzips, über die 
Zusammensetzung der Schiedsgerichte, über die 
prozessualen Befugnisse der Gerichte, über das 
Verfahren vor denselben und über die Rechts- 
wirkung ihrer Entscheidungen fehlten. Das 
Bedürfnis nach einer Ergänzung und Verbes- 
serung der gesetzlichen Vorschriften machte sich 
daher immer fühlbarer. Nachdem schon in 
den Jahren 1873, 1874 und 1878 dem NRNx. 
entsprechende Vorlagen ohne Erfolg zur Be- 
ratung unterbreitet waren, wurde das jetzt 
geltende G. vom 29. Juli 1890 (Rönl. 141) 
nach Rkurzer Beratung angenommen. Eine 
Anderung erfuhr es durch die Novelle vom 
30. Juni 1901, auf Grund deren das geänderte 
Gesetz durch R# Bek. vom 29. Sept. 1901 
(Roö# Bl. 353) redigiert wurde. 
II. Errichtung. Die Errichtung von G. ist 
in Gemeinden über 20000 Einw. obligatorisch. 
Im übrigen hönnen G. entweder für einzelne 
Gemeinden durch Ortsstatut oder für mehrere 
Gemeinden durch übereinstimmende Ortsstatute 
oder für den Bezirk eines weiteren Kommunal= 
verbandes durch Statut errichtet werden. Die 
Ortsstatute der Gemeinden werden durch den 
BezA., im Stadtkreise Berlin durch den Ober- 
präsidenten, die Statuten der Bürgermeiste- 
reien in der Rheinprovinz und der Amter in 
Westfalen durch den Kr A., die übrigen Sta- 
tute durch den König genehmigt (Bek. vom 
23. Sept. 1890 und vom 9. Jan. 1891; Kr O. 8176; 
Prov O. § 119). Der Bez A. muß sich binnen 
sechs Monaten über die Genehmigung schlüssig 
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