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im Umherziehen (§ 56 Abs. 2 Ziff. 9), die Taxen
(& 80). Anlangend den Vertrieb der Lotterie-
lose, so KRann der Handel mit Lotterielosen
untersagt werden (§ 35). Im Umherziehen
dürfen Lotterielose oder Anteilscheine auf solche
nicht feilgeboten werden (§ 56 Abs. 2 Ziff. 5),
das Aufsuchen von Bestellungen auf Lose und
das Verlosen von Waren im Umherziehen ist
verboten (8 56 a Ziff. 2, § 56c). Endlich können
ür die Viehzucht zur Abwehr von Seuchen
eschränkungen des Handels im Umherziehen
angeordnet werden (§ 56b Abs. 3). Kleineres
Bieh ist ein Wochenmarktsartikel (GewO. 8 66).
Andererseits stellt die Gew O. einzelne nicht ge-
werbsmäßige Betriebe den gewerbsmäßigen
Betrieben gleich. So gelten die Vorschriften über
die Genehmigung gewerblicher Anlagen (s. An-
lagen, gewerbliche) auch für nicht gewerb-
liche Anlagen, die Vorschriften über gewerb-
liche Arbeiter ((Arbeiter D für Staats-
und Kommunalbetriebe, auch wenn sie nur für
Bedürfnisse des Staates oder der Kommunen
arbeiten (Erl. vom 11. AMärz 1893 — M./SBl.
112); ferner gelten die Vorschriften über Ge-
nehmigung von Dampfkesselanlagen für alle
Dampfkessel (s. d.), die Vorschriften über die
Sonntagsruhe im Gewerbebetriebe (s. d.) für
alle Bauten und die Vorschriften über die
Gast= und Schankbwirtschaft (s. d.), sowie über
offene Verkaufsstellen (s. d.) für Konsum= und
andere Vereine.
Gewerbepolizei. Unter G. wird derzjenige
Zweig der Polizei verstanden, welcher sich auf die
Regelung der Ausübung der Gewerbe bezieht.
Sie erstreckt sich auf die allgemeinen Grund-
lagen, auf den stehenden Gewerbebetrieb (s. d.),
auf den ambulanten Gewerbebetrieb (s. d.),
den Gewerbebetrieb im Umherziehen ((. d.),
den Meß= und Marktverkehr (s. d.), den Er-
laß von Taxen (s. d.), die Organisation des Ge-
werbes, insbesondere des Handwerks (s. In-
nungen, Innungsausschüsse, Hand-
werkskammern, Innungsverbände),
den Arbeiterschutz (s. d.), den Arbeitsvertrag (s. d.),
die Lohnzahlung (s. Lohn), das Lehrlingswesen
(. Lehrlinge) und den Mieiistertitel (s. d.).
Die G. wird wahrgenommen durch die Orts-
polizeibehörden sowie durch die unteren und
höheren Verwaltungsbehörden (s. d.). Zen-
tralinstanz ist der HM., für einige Gewerbe
der Md J. (s. Ministerium des Innern).
Zu den Gewerbepolizeibehörden gehören auch
die Gewerbeaufsichtsbeamten (s. Gewerbe-
aufsicht), doch sollen diese nach der Dienstanw.
vom 23. Alärz 1892 (M l. 160) § 8, in der
Fassung des Erl. vom 17. Juni 1904 (HMl-
Bl. 343), polizeiliche Straffestsetzungen über-
haupt nicht, Verfügungen im Verwaltungs-
zwangsverfahren aber nur bei Gefahr im
Verzug erlassen.
Gewerberäte. Nach Allerh V., betr. die Er-
richtung von G., vom 9. Febr. 1849 (G. 39),
abgeändert durch G. vom 15. Mai 1854 (GS.
263), sollte für jeden Ort oder Bezirk, wo
wegen eines erheblichen gewerblichen Verkehrs
ein Bedürfnis obwaltete, ein G. zur Wahr-
nehmung der allgemeinen Interessen des Hand-
werks= und Fabrikbetriebs und zur Beratung
und Anregung der zu seiner Förderung ge-
Gewerbepolizei — Gewerbesteuer.
eigneten Einrichtungen mit Genehmigung des
HM. errichtet werden. Die G. haben nie eine
bemerkenswerte Tätigkeit entfaltet und sind
infolge der verminderten Gewerbegesetzgebung
und durch Errichtung besonderer Vertretungen
für den Handels= und Fabrikstand einge-
gangen. Der Titel „Gewerberat" wird den
Gewerbeinspektoren verliehen (s. Gewerbe-
aufsicht).
Gewerbereferendare s. Gewerbeaussicht,
Gewerbeaufsichtsbeamte.
Gewerbescheine sind ihrem Wesen nach
Quittungen über die Entrichtung der Steuer
vom Gewerbebetrieb im Umherziehen bzw.
Bescheinigungen der Steuerfreiheit, während
die „Wandergewerbescheine"“ Ausweise
über die gewerbepolizeiliche Erlaubnis zu
diesem Gewerbebetrieb sind (s. Gewerbebe-
trieb im Umherziehen IV). Im C. sind an-
zugeben Person, Art und Gegenstand des Ge-
werbebetriebs, Anzahl der Begleiter, Fuhr-
werke oder Wasserfahrzeuge, Festsetzung der
Steuer, Quittung über deren Entrichtung oder
Bescheinigung der Steuerfreiheit. Die Aus-
fertigung erfolgt für das Kalenderjahr durch
die Regierung, die des Wandergewerbescheins.
durch den BezA. G. und Wandergewerbe-
schein werden verbunden und sind bei Aus-
übung des Gewerbebetriebs mitzuführen und
auf Verlangen den zuständigen Behörden und
Beamten vorzuzeigen. Eines G., aber Neines
Wandergewerbescheins bedarf nur, wer rohe,
aber nicht selbstgewonnene Erzeugnisse der
Land= und Forstwirtschaft, des Obst= und
Gartenbaus, der Geflügel= und Bienenzucht
im Umherziehen feilbieten will; dagegen be-
darf, wer das Musikergewerbe ohne vor-
gängige Bestellung nur innerhalb eines Um-
kreises von 15 km um seinen Wohnort aus-
üben will, nur des Wandergewerbescheins,
nicht auch des G. Im übrigen stimmen Gewerbe-
und Wandergewerbescheinpflicht überein (G.
vom 3. Juli 1876 — GS. 247 — 8§8 6—8, 15,
16; Ausf Anw. hierzu vom 27. Aug. 1896 Ziff. 2,
12—14). Vgl. Hausiergewerbe (Besteue-
rung).
Gewerbeschulen, gewerblicher Unterricht
s. Fortbildungsschulen, Fachschulen.
Gewerbeschulräte sind gewerbeschultechnische
Räte, die für die Beaufsichtigung der dem
HM. unterstehenden Fach= und Fortbildungs-
schulen bei den Regierungen angestellt werden.
Sie haben den Rang in der IV. Klasse der
Provinzialbeamten. Ihr Amtsbezirk wird
vom HM. bestimmt (AE., betr. die Einsetzung
von gewerbeschultechnischen Räten bei den Re—
gierungen, vom 6. Dez. 1899 — GS. 1900, 77).
Eine Dienstanweisung ist für die G. noch nicht
erlassen.
Gewerbesteuer. I. Begriff. Im weiteren
Sinne sind G. alle den Gewerbetreibenden
mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb und
nach dem Ertrage, dem Anlage= und Betriebs-
kapital oder andern Merkmalen des Betriebes
auferlegten direkten (Real-, Obsekt-, Ertrag-)
Steuern. In diesem weiteren Sinne ge-
hören also in Preußen zur G. die der stehen-
den Gewerbe, die vom Gewerbebetrieb im
Umherziehen, die Eisenbahnabgabe, die