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1893 vom 1. April 1895 ab der Staatskasse
gegenüber außer Hebung gesetzt, wird aber wie
jene für die Kommunalbesteuerung weiter ver—
anlagt, und zwar unter Ausdehnung der
Veranlagung auf die nach Gewöt. steuer-
freien, aber nach § 28 RKWlel. steuerpflichtigen
Gewerbebetriebe (ogl. Aufhebung direkter
Staatssteuern). Zu dem Gewötc. hat der
JM.I. eine in ihrer jetzt geltenden Fassung vom
4. Nov. 1895 datierende Ausführungsan-
weisung erlassen. Wegen der besonderen G.
in den Hohenzollernschen Landen (. d.
III. Die G. nach dem G. vom 24. Juni
189 charakterisiert sich gegenüber der früheren
insbesondere dadurch, daß die Art des Ge-
werbebetriebes als Merkmal der Steuerpflicht
und der Klasseneinteilung — abgesehen von der
Betriebssteuer der Gastwirtschaft usw.,
worüber der besondere Artikel zu ver-
gleichen ist — vollständig fallen gelassen und
durch die Höhe des Ertrages und des Anlage-
und Betriebskapitals ersetzt ist, daß die Be-
rüchsichtigung der Betriebsorte beseitigt ist
und sich die Steuer innerhalb der Steuerklasse
lediglich nach dem Ertrage richtet, wobei auch
auf die Besteuerung nach Mittelsätzen insoweit
verzichtet ist, als sie eine angemessene Besteue-
rung der Großbetriebe hindern, und sie insoweit
modifiziert ist, als sie zu einer Uberbürdung
der schwächeren Steuerkräfte führen würde,
und daß endlich jeder Steuerpflichtige nur
einmal, nach Maßgabe seiner sämtlichen Be-
triebe, besteuert wird.
A. Gegenstand der Besteuerung. Der
Steuer unterliegen — und zwar vom Beginn
des auf die Betriebseröffnung folgenden
Kalendervierteljahrs bis zum Ende desjenigen,
in dem der Betrieb abgemeldet und tatsächlich
eingestellt ist (§.33 des G.; Ausf Anw. 13, 47) —
alle in Preußen, mit Ausschluß der Hohen-
zollernschen Lande und Helgolands, betriebenen
steheinden, d. h. nicht dem Hausiergewerbe (s. d.)
zuzurechnenden Gewerbe, sofern ihr Ertrag im
letzten Jahre 1500 oder ihr Anlage= und Be-
triebskapital 3000 Ml. erreicht (§§ 1, 7 des G.;
AusfAnw. Art. 1). „Gewerbe“ ist nach OV.
33, 81; OB##t. 3, S. 320, 351; 4, 323; 7, 421
eine mit der Absicht auf Gewinnerzielung als
Hauptzweck unternommene selbständige, berufs-
mäßige und erlaubte Arbeitstätigkeit, welche
sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaft-
lichen Verkehr darstellt. Gewerbliche Unter-
nehmen, die ihren Sitz außerhalb Preußens —
bzw. in Hohenzollern oder auf Helgoland —
haben, sind steuerpflichtig, wenn sie in Preußen
durch Jweigniederlassungen, Fabrikations-,
Ein= oder Verkaufsstätten oder in sonstiger
Weise stehende Betriebe unterhalten, und nur
nach Maßgabe dieser; diese Bestimmung deckt
sich inhaltlich mit den Vorschriften zur Ver-
meidung staatlicher Doppelbesteuerung, unter-
scheidet aber nicht zwischen den anderen deutschen
Bundesstaaten und dem Reichsausland (vgl. die
Artikel Doppelbesteuerung I. Betriebs-
stätten). Unternehmer, die ihren Sitz außer-
halb Preußens haben, müssen auf Verlangen
der Steuerbehörde einen in Preußen wohn-
haften Vertreter bestellen (Gew St G. 82; Ausf-
Anw. Art. 3, 19). Befreit von der G. sind (Gew-
Gewerbesteuer.
St G. §5 3—5; Ausf Anw. Art. 4—10; KA.
§ 28): 1. das Deutsche Reich; 2. landschaftliche
Kreditverbände und öffentliche Versicherungs-
anstalten; 3. die Kommunalverbände wegen
folgender von ihnen betriebenen gewerblichen
Unternehmungen: a) zu gemeinnützigen Zwecken
dienender Geld= und Kreditanstalten (Spar-
kassen, Landeskreditkassen, Landeskultur-
rentenbanken, Bezirks= und Provinzialhilfs-
und Darlehnskassen usw.), b) Kanalisations-
und Wasserwerte, letztere jedoch nur, soweit
sich der Betrieb auf den Bezirk der unter-
nehmenden Gemeinde beschränkt, c) Schlacht-
häuser und Viehhöfe, d) Markthallen, e) Volks-
bäder, f) Anstalten zur Beleihung von Pfand-
stücken, g) auf Grund besonderer Bewilligung
des FM., die dieser auf Antrag auszusprechen
ermächtigt, bei Ertraglosigkeit des Betriebes
aber verpflichtet ist, auch wegen anderer im
öffentlichen Interesse unternommener gewerb-
lichen Unternehmungen; 4. auf Grund in dessen
Ermessen gestellter Entschließung dieses Mini-
sters Unternehmungen anderer Korporationen,
Vereine und Perfonen, welche nur wohltätige
oder gemeinnützige Zwecke unter Ausschluß
eines Gewinns für die Unternehmer verfolgen
(s. B. Volksküchen, Raffeeschänken, Volks-
bibliotheken u. dgl.); 5. die Land= und Forst-
wirtschaft mit ihren Nebenzweigen (Viehzucht,
Jagd usw.), jedoch mit Ausschluß der Kunst-
und Handelsgärtnerei, der gewerbsmäßigen
Viehhaltung von erkauftem Futter zum Zwecke
der Alästung des Biehes behufs Verkaufs
oder des Milchhandels, Futter, der gewerbs-
mäßigen Pachtung der Mitlchnutzung einer
Herde, des Obstes eines Gartens und ähnlicher
Auutzungen, dagegen einschließlich des Absatzes
der selbstgewonnenen Erzeugnisse in rohem
Zustande oder nach einer Verarbeitung, die
im Bereiche des betreffenden Erwerbszweiges
liegt; 6. der Handel außerpreuß. Gewerbe-
treibender auf Messen und Jahrmärkten oder
mit Verzehrungsgegenständen des Wochen-
marktverkehrs auf Wochenmärkten; 7. der
Betrieb der Staats= und der der Eisenbahn-
abgabe unterliegenden Eisenbahnen; 8. die
Ausübung amtlicher Berufe, der Kunst, wissen-
schaftlicher, schriftstellerischer, unterrichtender
oder erziehender Tätigkeit, insbesondere als
Arzt, Rechtsanwalt, vereideter Land= und
Feldmesser oder als Markscheider; 9. Vereine,
eingetragene Genossenschaften und Korpora-
tionen, welche nur die eigenen Bedürfnisse
ihrer Mitglieder an Geld, Lebensmitteln und
anderen Gegenständen zu beschaffen bezwecken,
wenn sie a) satzungsgemäß und tatsächlich ihren
Verkehr auf ihre Mitglieder beschränken, d. h.
nach O#St. 7, 236 diejenigen Geschäfte,
welche nach dem Gegenstande des Unternehmens
mit den Mitgliedern behufs Befriedigung von
deren Bedürfnis an Geld usw. abgeschlossen
werden sollen, regelmäßig und gewerbsmäßig
auch wirklich nur mit den Mitgliedern ab-
schließen, und gleichzeitig b) keinen Gewinn
unter Mitglieder verteilen, c) im Falle der
Auflösung eine Verteilung des aus dem Ge-
winn angesammelten Vermögens unter die
Mitglieder ausschließen. Konsumvereine mit
offenem Laden unterliegen jedoch stets der