Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

732 
am nächsten kommt, ohne diesen Prozentsatz 
zu überschreiten; Steuerpflichtige, deren Er- 
trag die Klassengrenze nicht erreicht, sind zum 
niedrigsten Steuersatz der betreffenden Klasse 
l- veranlagen (§8 14, 15 Ziff. 2 des G.; 
usfAnw. Art. 15; O###St. 3 S. 214, 227). 
E. Veranlagung. a) Sämtliche Ge- 
werbebetriebe derselben Person werden in 
dem Veranlagungsbezirk, in dem die Geschäfts- 
leitung ihren Sitz hat, als ein Gewerbe ver- 
anlagt, Gewerbe, die von mehreren Personen 
oder von Gesellschaften betrieben werden, wie 
solche einzelner physischer Personen, Gewerbe 
der von ihrem Ehemann nicht dauernd ge- 
trennt lebenden Ehefrau mit dessen Gewerbe. 
Getrennt von den anderen Gewerben der- 
selben Person zu veranlagen sind nur Kon- 
sumanstalten gewerblicher Unternehmer 
(§§ 17—20 des G.; AusfAnw. Art. 2, 12 u. 30). 
Unterhält ein im Geltungsbereich des Gew- 
Stö. seinen Sitz habendes Unternehmenaußer- 
halb desselben einen stehenden Betrieb, so 
wird es nur nach Alaßgabe seines inlän- 
dischen Ertrages und Anlage= und Betriebs- 
kapitals besteuert, jedoch unter Inanspruch- 
nahme von 1½/0 des Ertrages für die Geschäfts- 
leitung im voraus (§ 21 des G.; AusfAnw. 
Art. 3; O###t. 10, 211 ff.). 
b) Beranlagungsbezirke bilden in 
Klasse I die Provinzen und die Stadt Berlin, 
in II die Regierungsbezirke, in III und IV die 
Kreise; doch kann der FM. innerhalb der Pro- 
vinz für I, innerhalb des Regierungsbezirks 
für II und innerhalb des Kreises für III u. IV. 
mehrere Veranlagungsbezirke bilden und an- 
dererseits für III u. IV mehrere Kreise zu einem 
Veranlagungsbezirk vereinigen (88 10—12 des 
G.; AusfAnw. Art. 20). 
c) Die Veranlagung erfolgt für je 
ein Rechnungsjahr durch den für jede 
Klasse jedes Peranlagungebezirt gebildeten 
Steuerausschuß; die Mitglieder desselben, 
deren Zahl der FM. bestimmt, aber in Klasse I 
mindestens sechs betragen muß, werden in den 
Klassen IIIIV sämtlich von den Steuerpflich- 
tigen auf drei Jahre gewählt, während in 
Klasse I ein Drittel vom FM. ernannt wird. 
Der Vorsitzende wird in allen Klassen ernannt, 
für II und IV in der Regel der Vorsitzende 
der Einkommensteuerveranlagungskommission. 
Die Ausschüsse sind zur Veranlagung im letzten 
Bierteljahr vor dem Beginn des Steuerjahrs 
in folgender Reihenfolge der Klassen zu be- 
rufen: I, II, IV, I (68§ 10, 15, 24 des G.; 
Ausf Anw. Art. 31, 32, 35). 
4) Der Vorbereitung der Veranlagung 
dient 1. die An= und Abmeldung der Gewerbe 
(. d.); 2. die Verpflichtung der Gewerbetreiben- 
den Lur Angabe der Art des Betriebes und 
der Klasse, in die ihr Ertrag und ihr Anlage- 
und Betriebskapital gehören (ovgl. Anmeldung 
(steuerliche) I B; 3. die Verpflichtung aller 
zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten 
gewerblichen Unternehmungen, in der Zeit 
vom 15.—30. Sept. jeden Jahres ihre Ge- 
schäftsberichte. Jahresabschlüsse und hierauf 
bezüglichen Beschlüsse der Bezirksregierung 
einzureichen; 4. die Erkundigungen und gut- 
achtlichen Außerungen der Gemende (Gi 
  
Gewerbesteuer. 
vorstände; 5. die Einziehung von Nachrichten 
durch den Ausschußvorsitzenden, der auch be- 
rechtigt ist, a) mit dem Steuerpflichtigen per- 
sönlich zu verhandeln, b) die gewerblichen An- 
lagen, Betriebsstätten und Vorräte während 
der Arbeitsstunden zu besichtigen oder besich- 
tigen zu lassen, aber ohne Zustimmung des 
Steuerpflichtigen nur durch Staatsbeamte, 
J) soweit nicht besondere gesetzliche Bestim- 
mungen oder dienstliche Rüchsichten entgegen- 
stehen, alle die Gewerbsverhältnisse der Steuer- 
pflichtigen betreffenden Bücher, Akten, Ur- 
kunden usw. sämtlicher Staats= und ZKom- 
munalbehörden, insbesondere also auch die 
Akten, betr. die Einkommen= und Ergänzungs- 
steuerveranlagung einschließlich der Steuer- 
erklärungen, nicht aber gegen den Willen des 
Gewerbetreibenden auch dessen Geschäftsbücher, 
einzusehen (§§ 52—56, 58, 28, 25, 27 des G.; 
h . Art. 22—29; FMBek. vom 1. Juli 
1892). 
e) Die Veranlagung selbst beginnt mit der 
Aufstellung der namentlichen Nachweisung 
durch den Ausschußvorsitzenden; in diese sind 
aufzunehmen a) in Klasse I alle zurzeit in 
dieser veranlagten Bteuerpflichtigen mit Aus- 
nahme derjenigen, deren Uberweisung in eine 
niedrigere Klasse als gerechtfertigt dargetan 
ist, ferner diejenigen in andern Klassen Ver- 
anlagten, die der Vorsitzende von I oder der- 
jenige der andern Klasse als zur Veranlagung 
in 1 geeignet erachtet; b) in den übrigen 
Klassen alle diejenigen, die nach Ansicht des 
Vorsitzenden in der betreffenden Klasse zu 
veranlagen sind, jedoch nachdem durch Be- 
nehmen mit den Vorsitzenden anderer Klassen 
festgestellt ist, daß sie nicht auch in die Nach— 
weisungen dieser aufgenommen sind; Meinungs- 
verschiedenheiten zwischen dem Vorsttzenden 
darüber, in welche Nachweisung ein Steuer- 
pflichtiger aufzunehmen sei, entscheidet die 
Regierung. — Die weitere Veranlagung ge- 
staltet sich verschieden einerseits in Klasse 1, 
andererseits in II—IV. In Klasse I schreitet 
der Ausschuß sofort zur Festsetzung der Steuer- 
sätze auf Grund der vom Vorsitzenden gemach- 
ten Vorschläge; erachtet der Ausschuß einen 
Steuerpflichtigen zur Veranlagung in I nicht 
geeignet, so beschließt er Uberweisung in die 
niedrigere Klasse; sowohl hiergegen wie gegen 
seines Erachtens unzutreffende Steuerfest- 
setzungsbeschlüsse des Ausschusses steht dem 
Vorsitzenden die Berufung an die Regierung 
zu (s. Berufung in steuerlichen An- 
gelegenheiten). In den Klassen I—IV 
stellt der Ausschuß zunächst die namentliche 
Aachweisung fest, indem er darüber beschließt, 
welche Gewerbetreibenden in dieselbe etwa 
noch aufzunehmen und welche vom Vorsitzen- 
den aufgenommene zu streichen sind; dabei ist 
er aber nicht berechtigt, einerseits Steuer- 
pflichtige, die von dem Vorsitzenden von I 
bereits übernommen oder von dem Steuer- 
ausschuß einer anderen höhern Klasse in die 
bereits festgestellte Nachweisung aufsgenommen 
sind, in die seinige aufzunehmen, andererseits 
die Aufnahme solcher abzulehnen, die ihm aus 
einer höhern Klasse überwiesen sind. Gegen 
die Feststellung der namentlichen Aachweisung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.