Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gewerbliche Fortbildungsschulen — Gewerkschaft (im Gebiete des Bergrechts). 
Gewerbliche Fortbildungsschulen s. Fort- 
bildungsschulen. 
Gewerbliche Leistungen (Anbieten von). 
Das Anbieten g. L. im Gemeindebezirke des 
Wohnsitzes oder der gewerblichen Mieder- 
lassung (s. d.) auf öffentlichen Wegen, Straßen, 
Plätzen oder an anderen bfemtlichen Orten 
oder ohne vorgängige Bestellung (s. d.) von 
Haus zu Haus unterliegt, sofern es sich nicht 
um Landesgebräuche handelt, den Beschrän- 
kungen des ambulanten Gewerbebetriebes 
(s. d.). Geschieht das Anbieten g. L. außer- 
halb des Gemeindebezirks des Wohnsitzes 
oder der gewerblichen Niederlassung, ohne vor- 
gängige Bestellung in eigener Person, so liegt 
ein Gewerbebetrieb im Umherziehen vor. Ein 
Wandergewerbeschein ist aber nicht erforderlich, 
wenn das Anbieten in der Umgegend des 
Wohnorts bis zu 15 km Entfernung geschieht 
und es sich um landesgebräuchliche Lei- 
stungen handelt (Gew O. 8 59 Abs. 1 Ziff. 3). 
Bei Darbieten von Lustbarkeiten ohne höheres 
Kunstinteresse (s. Gewerbebetrieb im Um- 
herziehen) ist auch in diesen Fällen ein 
Wandergewerbeschein erforderlich (Erl. vom 
22. Febr. 1885 — M. Bl. 56). Ein Anbieten g. L. 
ist vorhanden, wenn das Anbieten mit dem 
Willen geschieht, daß im Falle der Annahme 
die Leistung erfolgen soll. Anfertigung von 
einer Aegatioplatte zum Zwecke des Photo- 
graphierens ist eine g. L. Alit dem Beginne 
der angebotenen Leistung ist der Begriff des 
Feilbietens erfüllt (KGJ. 14, 315). Ein An- 
bieten g. L. liegt auch dann vor, wenn die 
Leistung, ohne daß eine Bestellung vorher- 
gegangen, dem Publikum gegen Entgelt durch 
Ausführung an Ort und Stelle gewährt wird 
(K#e. 15, 249; 20 C 71; 25 C 61). Dasselbe 
gilt, wenn das Publikum durch eine Zeitungs- 
nummer zum Besuche bei dem Gewerbetrei- 
benden behufs Entgegennahme g. L. auf- 
gefordert wird, und der Gewerbetreibende sich 
demnächst an dem angebündigten Ort ein- 
findet (KG#J. 18, 247). Das Halten von Vor- 
ägen religiöäsen Inhalts ist kein Anbieten 
g. L. (KGJ. 6, 236). 
Gewerbliches Eigentum ist die ausschließ— 
liche Befugnis, gewisse Erzeugnisse des Ge— 
werbfleißes gewerbsmäßig herzustellen, in den 
Verkehr zu bringen, feilzuhalten und zu ver- 
kaufen, gewisse gewerbliche Verfahren gewerbs- 
mäßig anzuwenden und sich gewisser Bezeich- 
nungen, die für Handel und Verkehr von 
Wichtigkeit sind, zu bedienen. Es umfaßt das 
Patentrecht (s. d.), den Schutz der Auster und 
Wodelle (s. Musterschutz, Gebrauchsmuster) 
und den Schutz der Warenbezeichnungen ((. d.). 
Verschieden davon ist das geistige Eigentum 
(s. Urheberrecht), zu dem aber das Recht 
aus Erfindungspatenten und Gebrauchsmustern 
auch gerechnet zu werden pflegt. Im Hinblich 
auf die zunehmende Entwicklung des inter- 
nationalen Warenaustausches ist das Bedürf- 
nis nach Aufstellung einzeiner einheitlicher 
Grundsätze und über die Gewährung wechsel- 
seitigen Schutzes des g. E. hervorgetreten. Zu 
diesem Zweck ist der internationale Verband 
zum Schutze des g. E. (Ubereinkunft und 
Schlußprotokoll d. d. Paris den 20. März 1883), 
  
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dem das Deutsche Reich, nachdem die Uberein-- 
kunft durch die Brüsseler Zusatzakte vom 
14. Dez. 1900 in wesentlichen Punkten geändert 
und der Schutz gegen unlauteren Wettbewerb 
aufgenommen war, nach RKBek. vom 9. April 
1903 (RGEl. 147) beigetreten ist. Vorher hatte 
das Deutsche Reich Sonderabkhommen über den 
gegenseitigen Patent-, Muster= und Marken- 
schutz mit Osterreich-Ungarn am 6. Dez. 1891 
(Rö Bl. 1892, 289), mit Italien am 18. Jan. 
1892 (Röl. 1892, 293) und 4. Juni 1902 
(RebBl. 1903, 178), mit der Schweiz am 13. April 
1892 (Rö# Bl. 1894, 511) und am 26. Mai 1902 
(Ro#l. 1903, 181), mit Serbien am 21./29. Aug. 
1892 (Rönl. 1893, 317) abgeschlossen. 
Gewerbsmäßige Unzucht liegt. vor, wenn 
eine weibliche Person sich gegen Entgelt zur 
Beischlafsvollziehung oder sonst zur Erregung 
und Befriedigung geschlechtlicher Triebe — auch 
in widernatürlicher Art (RESt. 37, 308) — 
jedem Manne preisgibt, der den geforderten 
Preis zahlt. Unerheblich ist, ob neben dem 
Unzuchtsbetriebe noch andere Einnahmequellen 
etwa aus ehrlicher Arbeit bestehen. Dagegen 
fällt es nicht unter den Begriff g. U., wenn 
ein Mädchen zwar gegen Vermögensvorteile, 
aber nur mit bestimmten Personen geschlecht- 
lichen Verkehr unterhält (OV. vom 11. Juli 
1899 — Pr VBl. 21, 61). Vach § 361 Ziff. 6 
St GB. wird bestraft eine Weibsperson, welche 
wegen g. U. einer polizeilichen Aufsicht unter- 
stellt ist, wenn sie den in dieser Hinsicht zur 
Sicherung der Gesundheit, der öffentlichen 
Ordnung und des öffentlichen Anstandes all- 
gemein erlassenen oder ihr persönlich auferleg- 
ten Vorschriften zuwiderhandelt, oder welche, 
ohne einer solchen Aufsicht unterstellt zu sein, 
g. U. treibt (s. Sittenpolizei). Die g. U. ist 
also regelmäßig strafbar und wird nur aus- 
nahmsweise straflos, sobald die Frauensperson 
einer polizeilichen Aufsicht unterstellt ist, die 
ihre Wirkung aber nur im Ortsbereiche der 
anordnenden Behörde ausübt (R#t. 11, 286). 
Eine Nachprüfung, ob die Verhängung der 
sittenpolizeilichen Aufsicht berechtigt war, steht 
den Cerichten nicht zu. Die Strafe besteht in 
Haft von 1 Tag bis zu 6 Wochen mit Arbeits- 
zwang, auch ist Uberweisung an die Landes- 
polizeibehörde zulässig, welche dadurch die Be- 
fugnis erhält, die Verurteilte bis zu 2 Jahren 
in einem Arbeitshause oder einer Besserungs- 
anstalt (Personen unter 18 Jahren nur in 
solcher) unterzubringen, zu gemeinnützigen 
Arbeiten zu verwenden oder, falls sie Aus- 
länderin ist, aus dem Reichsgebiete auszu- 
weisen (StGB. in der Fassung vom 25. Juni 
1900 — RGBl. 301 — § 362) (s. Korrektio-- 
nelle Nachhaftl. 
Gewerkschaft (im Gebiete des Bergrechts) 
wird von den Mitbeteiligten (Gewerken) eines 
Bergwerks gebildet. Sie ist hervorgegangen 
aus dem Miteigentum mehrerer ein Berg- 
werk gemeinsam betreibender Bergleute (Ge- 
werken). 
I. Allgemeines. In Ubereinstimmung mit 
den Grundsätzen des gemeinen deutschen Berg- 
rechts entzog das A##. II. 16 88 82 ff. den 
Gewerken die Verwaltung ihres Eigentums, 
indem die Aufsicht und Direktion des Berg-
	        
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