Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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werks dem Bergamt oblag, das die Gewerken 
nur mit ihren Vorschlägen zu hören und bei 
der Beschlußfassung wichtiger Angelegenheiten, 
deren Erledigung mit großen Kosten verbun- 
den war, zuzuziehen hatte. Die Annahme und 
Entlassung der Arbeiter, die Festsetzung des 
Lohns usw. war Sache des Bergamts (Direk- 
tionsprinziph s. Bergbau. Durch das G., betr. 
die iteigentümer eines Bergwerks, vom 
12. Mai 1851 (GS. 265) wurde die Aufsicht 
der Staatsbehörden über die gewerkschaft- 
lichen Verhältnisse angemessen beschränkt und 
die Verwaltung in der Hauptsache in die 
Hände der Gewerken gelegt. Die Fas- 
sung rechtsverbindlicher Gewerkschaftsbeschlüsse 
wurde geregelt und für die Verwaltung des 
Bergwerkseigentums und die Vertretung der 
G. nach außen, die Einsetzung einer Re- 
präsentation (Repräsentanten oder Gruben- 
vorstand) vorgeschrieben. Das Allg. Berg- 
gesetz vom 24. Juni 1865 (GS. 705) 88 94 ff. 
hat den nach seinem Inkrafttreten gegrün- 
deten G. den Korporationscharakter voll- 
ständig aufgedrücht und auch den bestehen- 
den G. die Umwandlung in eine Korporation 
gestattet. Es werden sonach G. alten und 
neuen Rechts unterschieden. Es finden auf 
beide G. aber die Vorschriften des Berg- 
esetzes nur insoweit Anwendung, als die 
Rec#sverhältnisse nicht durch Vertrag ander- 
weit geregelt sind (§§ 133, 226 a. a. O.). Es 
kann also die Anwendung des BGB. 88 1008 ff., 
741 ff. über das Miteigentum verabredet oder 
die Form der offenen Handelsgesellschaft (s. d.), 
der Akhtiengesellschaft (f. d.) usw. gewählt 
werden. 
II. G. alten Rechts. Die Gewerken 
sind Mliteigentümer des Bergwerks und des 
dem bergmännischen Betriebe gewidmeten Ver- 
mögens und als solche im Grundbuch einge- 
tragen. Die G. ist keine juristische Person, es 
finden vielmehr die Vorschriften des BGB. 
§8 741 ff., 1008 ff. über das Miteigentum mit 
der Maßgabe Anwendung, daß die einzelnen 
Gewerken gegeneinander nicht auf Teilung 
klagen Kkönnen (Berggesetz § 100). Das Mit- 
eigentum zerfällt in 128 ideelle Anteile oder 
Kuxe, wozu noch 6 Freikuxe kommen (8 228 
a. a. O.); s. Kuxe. Die Kuxe stehen in recht- 
licher Beziehung den Grundstücken gleich. Zur 
Umwandlung in eine G. neuen Bechts ist die 
Zustimmung von drei Viertel der Kuxe erfor- 
derlich (§ 235 a). Während früher jeder Ge- 
werke persönlich haftbar war, haftet nach Berg- 
gesetz § 99 nur die G. Der bisherige Mit- 
eigentümer bleibt für Beitrage verhaftet, die 
die G. vor Veräußerung des ZKuxes beschlossen 
hat (§ 232). 
III. G. neuen Rechts sind juristische Per- 
sonen. Das Bergwerk steht ausschließlich im 
Eigentume der G., so daß sie als Eigentümerin 
im Grundbuch eingetragen ist und das Berg- 
werk allein veräußern oder dinglich belasten 
kann. Die Zahl der Kuxe beträgt 100 oder 
nach Bestimmung des Statuts 1000. Die 
Kuxe gehören zum beweglichen Vermögen. 
Uber alle Mitglieder der 5 und deren Kuxe 
wird von der G. ein Verzeichnis (das Ge- 
werkenbuch) geführt, auf Grund dessen jedem 
  
  
Gewerkschaft (im Gebiete des Bergrechta). 
Gewerken auf Verlangen ein Kuxschein aus- 
gefertigt wird; diese dürfen nur auf einen be- 
stimmten Namen, niemals auf den Inhaber lau- 
ten. Wer im Gewerkenbuch als Eigentümer 
der Kuxe steht, wird der G. gegenüber bei 
Ausübung seiner Rechte als solcher angesehen, 
andererseits ist der bisherige Eigentümer zur 
Leistung der Beiträge verpflichtet, die die G. 
vor Umschreibung der Kuxe beschlossen hat 
(§§ 94—110 a. a. O.). Auch hier haftet für die 
Verbindlichkeiten der G. nur ihr Vermögen 
(§ 99 a. a. O.). 
IV. Organisation. Organe beider G. sind 
die Gewerkenversammlung und der Gru- 
benvorstand oder Repräsentant. Die Ee- 
werke fassen ihre Beschlüsse in Gewerkenver- 
sammlungen, das Stimmrecht wird nach Kuxen 
ausgeübt. Es müssen entweder alle Gewerken 
anwesend oder unter Angabe des zu verhan- 
delnden Gegenstandes — eine genaue Formu- 
lierung ist nicht nötig (R#Z. 17, 171) — ge- 
laden werden (§ 112). Den Gewerken muß eine 
angemessene Frist zur Vorbereitung bleiben. 
Aur der im Gewertkenbuch eingetragene Er- 
werber eines Kuxes braucht zur Abstimmung 
zugelassen zu werden (Ro Z. 53, 101). Die Be- 
schlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit 
gefaßt, beschlußfähig ist die erste Gewerken- 
versammlung, wenn die Miehrheit der Kuxe 
vertreten ist. Ist die erste Versammlung nicht 
beschlußfähig, so ist die zweite ohne Rüchsicht 
auf die Zahl der Erschienenen beschlußfähig, 
wenn auf diese Folge bei der Einladung hin- 
gewiesen war (§ 113). Eine Mehrheit von drei 
ierteln aller Kuxe ist erforderlich beim Ver- 
kauf, Tausch, bei der Verpfändung oder der 
sonstigen dinglichen Belastung und bei der 
Verpachtung. Zu Verfügungen über das Berg- 
werkseigentum durch Verzicht oder Schenkung 
itg Einstimmigkeit erforderlich (§ 114). Jeder 
ewerke kann binnen vier Wochen die Ent- 
scheidung des ordentlichen Richters oder des 
im Statute vorgesehenen Schiedsgerichts dar- 
über anrufen, ob der Beschluß der G. zum 
Besten gereiche und gegen die G. auf Auf- 
hebung des Beschlusses klagen (§ 115). Diese 
Anfechtung ist nur zulässig bei Beschlüssen, die 
eine Veränderung der Sachlage im Betriebe 
derbeisühren: nicht aber wenn dem gestellten 
ntrage Reine Folge gegeben ist (R Z. 53, 50). 
Die Beweislast obliegt dem Gewerken (Reg. 
4, 296). Jede G. muß einen im Inlande woh- 
nenden Repräsentanten oder einen Gruben- 
vorstand, der aus mehreren Personen besteht, 
die nicht Gewerken zu sein brauchen, aber ge- 
meinsam handeln müssen (Ro Z. 16, 174), be- 
stellen und dem Revierbeamten namhaft machen 
(8 117). Die Wahl erfolgt durch die Gewerken- 
versammlung nach einfacher Stimmenmehrheit. 
Der Repräsentant oder Grubenvorstand ver- 
tritt die G. gerichtlich und außergerichtlich 
und leistet Eide namens der Eines be- 
sonderen Auftrages und einer Spezialvollmacht 
bedarf er, wenn es sich um Gegenstände han- 
delt, die nur mit drei Viertel Stimmenmehrheit 
oder einstimmig beschlossen werden konnten 
oder wenn Beiträge von der G. erhoben wer- 
den sollen (88 119, 120). Der Repräsentant 
oder Grubenvorstand führt das Gewerkenbuch,
	        
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