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III. Das mittelbare A. Auf dem Gebiete
des mittelbaren A. sind folgende Gesetze er-
angen: 1. das G., betr. das Höferecht in der
Prov. Hannover, vom 2. Juni 1874 (G. 186),
abgeändert durch die G. vom 24. Febr. 1880
(GS. 87) und vom 20. Febr. 1884 (GS. 71);
2. das G., betr. das Höferecht im Kreise
Herzogtum Lauenburg, vom 21. Febr. 1881
(GS. 19); 3. die Landgüterordnung für die
Prov. Westfalen und die Kreise Rees, Essen
(Land), Essen (Stadt), Duisburg und Mül-
heim a. d. Ruhr vom 30. April 1882 (G. 255),
aufgehoben durch § 48 des westf. Anerben-
gesetzes vom 2. Juli 1898 (s. u. zu IVb);
4. die Landgüterordnung für die Prov. Bran-
denburg vom 10. Juli 1883 (GS. 111); 5. desgl.
für die Prov. Schlesien vom 24. April 1884
(GS. 121); 6. desgl. für die Prov. Schleswig-
olstein, mit Ausnahme des Kreises Herzogtum
auenburg (s. vorstehend unter 2), vom 2. April
1886 (GS. 117); 7. desgl. für den W
Kassel, mit Ausnahme des Kreises Rinteln
(s. o. zu II), vom 1. Juli 1887 (GS. 315); 8. das
G., betr. Eintragungen in die Höferolle und
Landgüterordnung auf Ersuchen der General-
kommission, vom 11. Juli 1891 (GS. 303);
9. das westf. Anerbengesetz vom 2. Juli 1898
(HS. 139) in Ansehung der im § 11 auf-
geführten Bezirke. Ein nennenswerter Erfolg
dieser Höfegesetzgebung ist nur in der Prov.
Hannover und im Kreise Herzogtum Lauenburg
zu verzeichnen. n Hannover waren am
Ende 1905 72 608 Besitzungen in die Höferolle
eingetragen, von denen aus den letzten sechs
Jahren durchschnittlich je 200—300 und aus dem
Jahre 1899 4084 stammen, eine Zahl, die sich
aus dem damals bevorstehenden Inkrafttreten
des BEB. in Verb. mit der Bestimmung des
Art. 52 § 1 Abs. 1 AGS. zum BEs. erklärt.
Im Kreise Herzogtum Lauenburg waren 507,
in der ganzen übrigen Prov. Schleswig-Holstein
dagegen nur 34 Besitzungen eingetragen. In
ähnlich geringem Maße wie in Schleswig-
Holstein ist die Landgüterrolle in den übrigen
Bezirken in Anspruch genommen worden, in
denen sich die Eintragungen Ende 1905 auf 56
(Schlesien), 71 (Brandenburg) und 237 (Reg.-Bez.
Kassel) beliefen. Bei der geringen praktischen
Bedeutung, die die Landgüterordnungen hier-
nach gewonnen haben, und die sich voraus-
sichtlich auch künftig nicht steigern wird, möge
es genügen, hier auf die, übrigens wörtlich
mit denen des lauenburgischen Höfegesetzes
übereinstimmenden Vorschriften des hann. Höfe-
gesetzes (s. o. zu 1) näher einzugehen. Das westf.
Anerbengesetz wird auch hinsichtlich der Be-
zirte des mittelbaren A. unten behandelt
werden (s. zu IVh).
Als Hof kann nach den beiden genannten
Höfegesetzen jede landwirtschaftliche, mit einem
Wohnhause versehene Besitzung in der Höfe-
rolle eingetragen werden; nur landtagsfähige
Rittergüter sind nicht eintragungsfähig (8 5
Abs. 2; G. vom 24. Febr. 1880 § 1). Zuständig
für die Führung der Höferolle ist das Amts-
Fricht, in dessen Bezirke das Wohnhaus der
esitzung liegt (§ 5 Abs. 3). Die Höferolle ist
öffentlich, die Einsicht kostenfrei (§§ 8, 22). Die
Eintragung in die Höferolle erfolgt auf An-
Anerbenrecht.
trag des Eigentümers; der Antrag ist bei
dem Amtsgericht zu stellen, und zwar entweder
mündlich oder in einer gerichtlich oder notariell
beglaubigten Urkunde. Das gleiche gilt von
der Löschung, die jederzeit verlangt werden
kann (§ 7). Der Antrag auf Eintragung in
die Höferolle kann bezüglich der einem
Auseinandersetzungsverfahren unterliegenden
Grundstücke auch bei der Generalkommission
oder deren Kommissar gestellt werden (G. vom
11. Juli 1891). Für jede Eintragung und
Löschung in der Höferolle wird eine Gebühr
von 3 Ml. erhoben, dagegen sind die Anträge
zur Höferolle einer Stempelabgabe nicht unter-
worfen (§ 22). Zum Hofe gehören die auf
Antrag des Eigentümers in die Höferolle ein-
getragenen Grundstüche. In Ermangelung
einer Bezeichnung in der Höferolle umfaßt der
Hof den gesamten herkömmlich zum Hofe ge-
rechneten oder wirtschaftlich zu ihm gehörenden
Grundbesitz des Eigentümers, wobei die wirt-
schaftliche Zusammengehörigkeit im Zweifel
bei allen regelmäßig von derselben Hofstelle
aus bewirtschafteten Grundstüchen anzunehmen
ist (§ 11). Stirbt der Eigentümer eines Hofes,
so fällt der Hof nebst Zubehör (§ 12) einem
Erben, dem Anerben, allein zu, sofern der
Erblasser nicht ein anderes bestimmt hat
(s. u. bei § 17). Das A. gilt nur für
Abkömmlinge des Erblassers und tritt nur
ein, wenn der Anerbe zugleich Erbe des Erb-
lassers wird. Der Anerbe erwirbt dann das
Eigentum des Hofes nebst Zubehör kraft Ge-
setzes mit dem Erwerbe der Erbschaft (8 13).
Der Anerbe kann also nicht auf die Erbschaft
verzichten und nur sein A. geltend machen,
wohl aber kann er unter Verzicht auf letzteres
die Erbschaft antreten. Unter den Abkömm-
lingen des Erblassers gehen leibliche Kinder
und deren Abkömmlinge den Adoptipvkindern,
eheliche Kinder, denen die durch nachfolgende
Ehe legitimierten gleichstehen, den unehelichen
vor. Ferner geht vor der ältere Sohn und
dessen Aachkommenschaft beiderlei Geschlechts,
in Ermangelung von Söhnen und Abkömm-
lingen derselben die ältere Tochter und deren
Bachkommenschaft (6§ 14). Bei der Erbteilung
wird der Hof nebst Zubehör, jedoch aus-
schließlich des Hofinventars (6 12 Nr. 3),
nach dem jährlichen Reinertrage geschätzt, den er
durch Benutzung als Ganzes im gegenwärtigen
Kulturzustand und bei ordnungsmäßiger Be-
wirtschaftung gewährt. Der ermittelte Rein-
ertrag wird nach Abzug der Lasten und Ab-
gaben mit dem 20 fachen zu Kapital gerechnet-
ieses Kapital zuzüglich des durchschnittlichen
Verkaufswerts des Hofinventars bildet den
Hofeswert (§ 15). Von dem Hofeswert erhält
der Anerbe ein Drittel als Voraus, die übrigen
zwei Drittel hat er in die Erbschaftsmasse
einzuschießen, deren Teilung unter die it-
erben, einschließlich des Anerben, nach dem
allgemeinen Rechte erfolgt (6 16). Der Erb-
lasser kann durch letztwillige Verfügung oder
in einer gerichtlich oder notariell beglaubigten
oder eigenhändig geschriebenen und unter-
schriebenen Urkunde den Eintritt des A. für
den nächsten Erbfall ausschließen, er kann
auch abweichende Bestimmungen über die