Gutsbezirke.
Pacht= und Erbpachtsvorwerken und Bauern-
dörfern, in denen dem Fiskus die Gutsherr-
lichteit zustand, unter der Benennung „Do-
mänengut“ ein Blatt im Hypothekenbuch er-
halten. Ahnliche Bestimmungen ergingen Fäter
auch für die eingezogenen geistlichen Güter
und für die Domänen in den im Jahre 1815
wieder= und neugewonnenen Landesteilen.
Jedes Domänenamt hatte den Grundbesitz
und die Gerechtigkeiten des Fiskus umfaßt,
die unter seiner Verwaltung zu einem wirt-
schaftlichen Ganzen vereinigt waren. In ihm
hatte ein landesherrlicher Beamter die guts-
herrlichen Rechte ausgeübt. Hierauf beruht
die öffentlichrechtliche Selbständigkeit des
Domänenamts als G. Soweit jedoch in einem
Domänenamt wiirtschaftlich selbständige mit
eigenen herrschaftlichen Rechten ausgestattete
fiskalische Landgüter (Domänenvorwerke) be-
standen haben, sind diese selbständige G., ebenso
wie die zu ihm gehörigen Landgemeinden selb-
ständige Kommunaleinheiten darstellen. Die
übrigen ehemals der ortsobrigkeitlichen Ver-
waltung eines Domänenamts unterstellt ge-
wesenen Grundstücke bilden den fiskalischen
G. jenes Domänenamts (O#. 8, 83; 10, 95;
37, 162). Als eine den Domänen gleichstehende
Art von Staatsgütern sind auch die kgl. For-
sten, die ehemals besonderen Forstämtern
unterstellt gewesen sind, selbständige fiskalische
G. Hierdurch wird aber nicht ausgeschlossen,
daß einzelne Forsten oder sonstige Grundstücke
der kgl. Forstverwaltung Bestandteile eines
Domänenamts (Amtsheiden) oder einer Land-
gemeinde (wie z. B. Forsthäuser) gewesen sind
und noch jetzt deren Kommunalbezirke an-
gehören. Die Einteilung einer Staatsforst in
eviere hat nur Bedeutung für die wirtschaft-
liche Verwaltung (Erl. vom 3. März 1859 —
MB# 95). — Die Land-= und Heerstraßen
sowie die öffentlichen Flüsse bilden Reine
fiskalischen G., sondern gehören zu den sie
umgebenden Kommunalbezirken (O##. 6, 93).
Jedoch Rönnen auch aus größeren Gewässern
Gaffe, Bodden u. dgl.) besondere fiskalische
G. gebildet werden (Pr VBl. 23, 37). Uber
die G. in einer städtischen Feldmark (Käm-
mereibezirb) und innerhalb einer Stadt s. Ge-
meindebezirke I.
III. In der Prov. Westfalen und in der
Rheinprovinz waren die alten Gutsherr-
schaften durch die Gesetzgebung während der
Fremdherrschaft beseitigt und sind nur in West-
falen und auch dort nur in beschränktem Um-
fange wieder hergestellt worden. In Schles-
wig-Holstein sind die Voraussetzungen für das
Bestehen eines selbständigen G. im wesentlichen
dieselben wie in den östlichen Provinzen. Zu
den G. älteren Rechts gehören dort diesenigen
adligen Güter, die schon vor der Einverleibung
der Provinz in den preuß. Staat außerhalb jedes
Gemeindeverbands gestanden hatten und in
denen die öffentlichen Lasten von dem Guts-
herrn allein getragen worden waren. In
Hannover bestanden neben den Gemeinden
ebenfalls einzelne bebaute Güter, von denen
die öffentlichrechtlichen Verpflichtungen der
Gemeinde erfüllt wurden. Das Staatsgrund-
gesetz vom 23. Sept. 1833 (Hann GS. 286) ord-
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nete grundsätzlich die Vereinigung dieser Gü-
ter und der Domänen mit einem Gemeinde-
verbande an, ließ aber hiervon die Ausnahme
u, daß eine Domäne und ein Gut, dessen
ereinigung mit einer Gemeinde nicht an-
gemessen war, einen abgesonderten G. bilden
konnte. Das Landesverfassungsgesetz vom
6. Aug. 1840 (Hann GS. 141) gestattete, daß
auch größere unbebaute Besitzungen, deren
Vereinigung mit Gemeinden oder Gütern un-
zweckmäßig war, von dieser Vereinigung aus-
genommen werden durften. Das Verfassungs-
gesetz vom 5. Sept. 1848 (Hann GS. 261) ver-
langte die Zugehörigkeit jedes Grundstücks
zu einer Gemeinde und ließ Ausnahmen für
größere Domanial-, Kloster= und sonstige Gü-
ter und für größere unbebaute Besitzungen
nur dann zu, wenn die Beteiligten hierauf
übereinstimmend antrugen. Das Verfassungs-
gesetz vom 28. April 1859 (Hann GS. 389) end-
lich erlaubt im § 12 einen Ausschluß von der
Vereinigung mit einer Landgemeinde für
Grundstücke der erwähnten Art dann, wenn
die Vereinigung für eine gute Gemeindever-
waltung nicht zwechmäßig ist und wenn zu-
gleich das Gut oder die Besitzung entweder
nicht mit anderen Grundstücken im Gemenge
liegt oder mindestens die Hälfte der Gemeinde-
lasten zu tragen hat. Hiernach beruht das
Unterscheidungsmerkmal für die G. in Han-
nover nicht, wie in den östlichen Provinzen,
auf einer geschichtlichen obrigkeitlichen Ge-
walt eines Gutsherrn, sondern auf wirtschaft-
lichen Verhältnissen und Verwaltungsrück-
sichten (OV.G. 19, 155). In der Prov. Hessen-
Aassau khommen selbständige G. nur im
Regierungsbezirk Kassel, dem ehemaligen Kur-
fürstentum Hessen, vor. Dort gab es Do-
mänen, Forsten, Aittergüter und ehemals
adlige geschlossene Freigüter, die außerhalb
des Gemeindeverbandes standen. Ihre auf
Grund des § 47 der kurhess. Verfassungs-
urkunde vom 5. Jan. 1831 und des § 5 Gem.
vom 23. Okt. 1834 angeordnete Vereinigung
mit einer Gemeinde „in Ansehung der ört-
lichen Berwaltung" hat ihre Kkommunale Selb-
ständigkeit nicht beseitigt. Soweit sie nicht
ausdrücklich auch in Kommunaler Hinsicht mit
Gemeinden vereinigt worden sind, bilden sie
jetzt noch selbständige G. (OV. 38, 168). In
der Rheinprovinz, dem Regierungsbezirk Wies-
baden und in den hohenzollernschen Landen
gibt es keine G.
IV. G. neueren BRechts sind solche Land-
güter, denen die Eigenschaft als G. nicht als
ehemals herrschaftlichen Besitzungen zukommt,
sondern ihnen in späterer Zeit durch besondern
Akt der Staatshoheit verliehen worden ist.
Als ein solcher Akt stellt sich stets die Erhe-
bung eines Guts zu einem Rittergut dar, die
in den alten preuß. Provinzen nur dem Könige
zugestanden hat (ogl. Erl. vom 26. Okt. 1859
— Ml. 113). Ein späterer Verluft der BRitter=
gutseigenschaft durch Löschung des Gutes in
der Rittergutsmatrikel beseitigt nicht auch die
Eigenschaft als G. (OVS. 31, 113), wohl aber
hat seine Eingemeindung diese Folge. Auch
abgesehen von der Rittergutseigenschaft konnte
die Erhebung eines Gutes zu einem selbstän-
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