Anerbenrecht.
Person des Anerben, über den Hofeswert und
über den Betrag des dem Anerben gebühren-
den Voraus treffen (8 17).
Die Landgüterordnungen stimmen im wesent-
lichen mit den Höfegesetzen überein. Die Ab-
weichungen betreffen die untere Grenze der
eintragungsfähigen Güter, für den z. B. in
Brandenburg ein Grundsteuerreinertrag von
mindestens 75 M., in Schlesien ein solcher von
mindestens 60 M. vorgeschrieben ist, den
Kreis der anerbenberechtigten Personen, zu
denen in Schlesien auch die Geschwister, in
Schleswig-Holstein der gütergemeinschaftliche
Ehegatte gehören, ferner die Art der Fest-
stellung des Hofeswerts, das Voraus und
die Vorschriften über die Feststellung und
Ausbezahlung der Abfindungen für die Miit-
erben.
IV. Das unmittelbare A. Da die ge-
ringen Erfolge der Landgüterordnungen, nach
der oben dargelegten tatsächlichen Erbsitte zu
schließen, in den meisten Gegenden nicht auf
eine Abneigung der Bevölkerung gegen das
A. an sich, sondern auf andere Gründe mehr
äußerlicher Art, zum Teil auch wohl auf den
irrigen Glauben der Beteiligten, daß man sich
durch Eintragung seines Hofes in die Rolle
des Verfügungsrechts darüber begebe, zurück-
zuführen war, ist die Gesetzgebung in neuerer
Zeit zum System des unmittelbaren A. über-
gegangen. Zunächst beschränkte man sich
darauf, die unter Aufwendung erheblicher
Staatsmittel zur Förderung der inneren Kolo-
nisation geschaffenen Renten= und Ansiedelungs-
güter dem unmittelbaren A. zu unterstellen,
da an deren Erhaltung in der Hand eines
leistungsfähigen Besitzers der Staat ein ganz
besonderes Interesse hat (s. u. zu a). Diesem
ersten Schritte folgte jedoch sehr bald der zweite,
die Einführung des unmittelbaren A. im
größten Teile der Prov. Westfalen für alle
gewissen Voraussetzungen entsprechende Be-
sitzungen (s. u. zu b). Damit ist ein vor-
läufiger Stillstand auf diesem Gebiete der
esetzgebung eingetreten.
aà) Das G., betr. das A. bei Renten-
und Ansiedelungsgütern, vom 8. Juni
1896 (GS. 124). Die im § 1 näher bezeich-
neten Güter, d. s. die Rentengüter, welche auf
rund der G. vom 27. Juni 1890 (GS. 209)
und 7. Juli 1891 (GS. 279) begründet sind
oder werden (s. Rentengüter) und die auf
V rund des Ansiedelungsgesetzes vom 26. April
Ss (GS. 131) zu Eigentum ausgegebenen
tellen (s. Ansiedelung in Westpreußen
und Posen), werden Anerbengüter durch Ein-
6 agung der Anerbengutseigenschaft im Grund-
duche, die von der zuständigen Behörde (ins-
esondere Generalkommission und Ansiede-
ragskommtsston) von Amts wegen bei allen
wirtschaftlich selbständigen Gütern herbeizu-
arbren ist (§§ 1, 2). Sie verlieren die An-
4v engutseigenschaft durch Löschung im Grund-
uche. Die Löschung darf nur erfolgen, wenn
nach dem Ermessen der Generalkommission das h
lout die wirtschaftliche Selbständigkeit ver-
ec en hat oder der Aufrechterhaltung der wirt-
mastlichen Selbständigkeit überwiegende ge-
nwirtschaftliche Interessen entgegenstehen
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(§ 5). Beim Tode des Eigentümers fällt das
Anerbengut nebst Zubehör (5 16) in Ermange-
lung einer entgegenstehenden letztwilligen Ver-
fügung einem Erben, dem Anerben, allein
zu. Für den Erwerb des Anerbenguts (88 10,
14) und den Verzicht des Anerben auf sein
A., der in den §§ 14, 15 näher behandelt wird,
gelten dieselben Grundsätze wie nach dem
hann. Höfegesetz (s. o. zu III). Dagegen gilt
abweichend davon das A. nicht nur für die
Abkömmlinge des Erblassers, sondern auch für
seine Geschwister und deren Abkömmlinge (§ 10).
Außerdem tritt, wenn zu dem Gesamtgut einer
durch den Tod eines Ehegatten aufgelösten
Gütergemeinschaft ein Anerbengut gehört, der
nach den Vorschriften des allgemeinen Rechtes
zur Ubernahme des Anerbenguts Berechtigte,
wenn er von diesem Rechte Gebrauch macht,
als Anerbe ein (§ 30). Die Reihenfolge, in
der die Abkömmlinge des Erblassers zu An-
erben berufen werden, richtet sich im Gebiete
der Landgüteroronungen nach den entsprechen-
den Vorschriften dieser Gesetze und stimmt im
übrigen mit der im hann. Höfegesetz vorge-
schriebenen Reihenfolge überein (§ 11). Für
eschwister gilt dieselbe Reihenfolge mit der
Aaßgabe, daß vollbürtige Geschwister und
deren Abkömmlinge den halbbürtigen vor-
gehen (§ 13). Auch bezüglich der Vorschriften
über die Feststellung des Anrechnungswerts
des Anerbenguts und über das Voraus des
Anerben (§§ 17, 18) kann im allgemeinen auf
die entsprechenden Bestimmungen des hann.
Höfegesetzes verwiesen werden, nur findet keine
besondere Bewertung des Wirtschaftsinventars
(§ 16 Ar. 3) statt und der ermittelte Jahres-
ertrag wird nicht mit dem 20 fachen, sondern
mit dem 25 fachen zu Kapital gerechnet (§ 17).
Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung ist
die Einführung des Rentenprinzips für die
den Miterben zu gewährenden Abfindungen,
die, abgesehen von dem Fall einer anderweiten,
auf Antrag durch die Generalkommission zu
vermittelnden Gütlichen Vereinbarung, nur in
unkündbaren Geldrenten (Erbabfindungsrente)
verlangt werden können, es sei denn, daß sie
im einzelnen den Betrag von 30 M. oder in
ihrer Gesamtheit den Betrag des jährlichen
Reinertrags des Anerbenguts nicht übersteigen
(6 23). Die Erbabsindungsrente entspricht
dem 25. Teile des den Erbanteil ausmachenden
Kapitals und ist mangels einer andern Ab-
rede mit 11/2% jährlich zu tilgen (6 21). Sie
kann jedoch auf Antrag eines Beteiligten
durch Vermittelung der Rentenbank abgelöst
werden, wenn das Anerbengut für die zu über-
nehmende Rentenbankrente eine ausreichende
Sicherheit gewährt. Das Verfahren behufs
Ubernahme der Rente auf die Rentenbank,
die übrigens auch im Falle der sog. antizi-
pierten Erbfolge zulässig ist (§ 33), wird von
der Generalkommission geleitet (§88 22—25).
Wird das Anerbengut innerhalb 20 Jahren
nach dem Tode des Erblassers veräußert, so
at der Anerbe den Betrag des Voraus und
bei Teilveräußerungen einen entsprechenden
Teil des Voraus nachträglich in die Erbmasse
einzuwerfen, es sei denn, daß der Erwerber
ein dem Anerben gegenüber anerbenberechtigter
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