Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gymnasiallehrer (Vorbildung; amtliche Stellung). 
sonstigen Amte der betreffenden Gemeinde 
zugebracht haben (Art. IV § 4). Endlich finden 
die Bestimmungen des G. vom 21. Juli 1852 
(6GS. 465) §§ 88—93 über unfreiwillige Pen- 
sionierung auch auf die Lehrer bei diesen An- 
stalten Anwendung (Art. V.). 
V. Die Fürsorge für die Witwen und 
Waisen der an staatlichen höheren Lehr- 
anstalten angestellten Lehrer und Beamten 
regelt sich nach dem G. vom 20. Aai 1882 und 
den ergänzenden Vorschriften. Durch die Erl. 
vom 2. Juli 1892 (U BBl. 623) und 1. April 
1898 (U 3Bl. 357) ist den Patronaten der 
nichtstaatlichen höheren Lehranstalten 
unter eventueller Staatsbeihilfe empfohlen, 
den Hinterbliebenen der Lehrer, einschließlich 
der technischen Elementar= und Vorschullehrer, 
die gleiche Fürsorge zu sichern. Dies ist auch 
üÜüberall geschehen. 
Gymnasiallehrer (Vorbildung; amtliche 
Stellung). I. Borbildung (Prüfung, Se- 
minar-, Probejahr). Die Vorschriften über 
die Vorbildung der Lehrer gehen davon aus, 
daß die höheren Lehranstalten nicht Fach- 
schulen, sondern allgemeine Bildungsanstalten 
sind, daß daher von jedem Kandidaten ein 
Grad allgemeiner Bildung verlangt werden 
muß, welcher ihn befähigt, das Ganze des 
Unterrichts zu übersehen. Es ist daher im 
allgemeinen auch Rein Unterschied zwischen der 
Vorbildung für gymnasiale und realistische 
Unterrichtsanstalten gemacht (Regl. vom 12. Dez. 
1866 — Wiese, Das höhere Schulwesen in Preu- 
hen 2, 74; U ZBl. 1867, 13 — § 8), und wo 
er entstand, bald berhwunden Das Ediht 
vom 12. Juli 1810 (GS. 1806—1810, 717) 
verordnet im § 2: „Die Prüfung ist be- 
stimmt, ohne Rückhsicht auf gewisse Lehrer- 
stellen nur die Tauglichkeit der Subjekte für 
die verschiedenen rten und Grade des 
Unterrichts im allgemeinen auszumitteln.“ 
und das Regl. vom 20. April 1831 (v. Kamptz 
15, 311) für die Prüfung der Kandidaten 
des höheren Schulamts bestimmt im § 16: 
„Die unbedingte facultas docendi soll nur 
demsenigen erteilt werden, welcher außer 
einer genügenden, wenn auch noch nicht aus- 
gebildeten Lehrgabe, wenigstens in einem der 
drei wesentlichen Stüche des höheren Schul- 
unterrichts, d. h. 1. in den beiden alten Sprachen 
und in der Muttersprache, 2. in der Mathematik 
und den Naturwissenschaften, 3. in der Geschichte 
und Geographie des Stoffes soweit mächtig ist, 
um bei gehöriger Vorbereitung in einer der 
beiden obern Klassen eines Gymnasiums mit 
Erfolg lehren, mit allen übrigen Gegenständen 
der Prüfung aber soweit bekannt ist, um ihr 
Verhältnis zu den übrigen Lehrgegenständen 
und ihre relative Wichtigkeit richtig würdigen 
und auf die Gesamtbildung der Schüler wohl- 
tätig einwirken zu können.“ Das Regl. vom 
12. Dez. 1866 — Wiese a. a. O. 2, 74; U 3. 
1867, 13 — fordert im § 10 bezüglich der 
allgemeinen Bildung, daß jeder Schulamts- 
kandidat den Forderungen allgemeiner Bil- 
dung in der Peligionslehre seiner Konfes- 
sion, in der Pchilosophie und Pädagogik, 
in der Geschichte, Geographie und Sprach- 
Renntnissen genügen muß. Das Reglement 
  
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scheidet die wissenschaftlichen Fächer in das 
1. philologisch-historische, 2. das mathematisch- 
naturwissenschaftliche, 3. Religion und Hebräisch, 
4. die neueren Sprachen. Das Reglement 
kennt im übrigen drei Zeugnisgrade (für 
obere, mittlere und untere Klassen). Die Prü- 
fungsordnung vom 5. Febr. 1887 (A ZBl. 182) 
beschränkt die allgemeine Prüfung auf Philo- 
sophie und Pädagogik, deutsche Sprache und 
Literatur und christliche Religionslehre und 
erweitert die Freiheit in der Auswahl der 
einzelnen Lehrfächer. Zurzeit gilt die Prü- 
fungsordnung vom 12. Sept. 1898 (Ugz- 
Bl. 688). Danach ist 1. Zweck der Prü- 
fung die Feststellung der wiissenschaftlichen 
Befähigung für das Lehramt an höheren 
Schulen (§ 1). 2. Für die Zulassung zur 
Prüfung ist erforderlich a) daß der Kandidat 
das Reifezeugnis an einem deutschen Gymna= 
sium, an einem deutschen Realgymnasium oder 
an einer preußischen oder als völlig gleich- 
stehend anerkannten außerpreußischen deutschen 
Oberrealschule (s. wegen Elsaß-Lothringen, 
Hamburg, Bremen, Koburg, Braunschweig und 
Oldenburg U ZBl. 1904, 453; 1905 S. 311, 
703) erworben und darauf mindestens sechs 
Halbjahre an einer deutschen Staatsuniversität 
seinem Berufsstudium ordnungsmäßig obge- 
legen hat (§7 Ziff. 2). Wegen des anderthalb- 
jährigen Besuches einer preuß. Universität 
wird auf die KabO. vom 30. Juni 1841 ver- 
wiesen. b) Bei der Bewerbung um die Lehr- 
befähigung in der Mathematik, der Physik 
und der Chemie wird das ordnungsmäßige 
Studium an einer deutschen technischen Hoch- 
schule dem Studium an einer deutschen Uni- 
versität im Sinne der Bestimmungen unter a 
bis zu drei Halbjsahren gleich gerechnet. c) Bei 
der Bewerbung um die Lehrbefähigung im 
Kranzösischen oder Englischen kann einem 
andidaten, welcher eine Zeitlang an einer 
ausländischen Hochschule mit französischer oder 
englischer Vortragssprache studiert oder in 
Ländern dieser Sprachgebiete nachweislich 
neben wissenschaftlicher Beschäftigung seiner 
sprachlichen Ausbildung obgelegen hat, diese 
Zeit mit Genehmigung des Ministers bis zu 
zwei Halbjahren auf die vorgeschriebene Stu- 
diendauer angerechnet werden (§ 5). Die Zu- 
lassung ist zu versagen, wenn die im § 5 be- 
zeichneten Bedingungen nicht erfüllt sind, ins- 
besondere auch dann, wenn der Kandidat nach 
den vorgelegten Zeugnissen sein Studium so 
wenig methodisch eingerichtet hat, daß es als 
eine ordnungsmäßige Vorbereitung auf seinen 
Beruf nicht angesehen werden hann. Die Zu- 
lassung ist ferner zu versagen, wenn begründete 
Zweifel hinsichtlich der sittlichen Unbescholten- 
heit des Kandidaten obwalten (8 7). 3. Die 
Prufung besteht aus zwei Teilen, der 
allgemeinen und der Fachprüfung. Beide 
sind schriftlich und mündlich; die schriftlichen 
Hausarbeiten sind vor der mündlichen Prü- 
fung zu erledigen (6 8). 4. Prüfungsgegen- 
stände sind: A. in der allgemeinen Prüfung 
für jeden Kandidaten: Philosophie, Pädagogih 
und deutsche Literatur; ferner für die Kandi- 
daten, welche einer der christlichen Kirchen an- 
gehören: Religionslehre; B. in der Fachprü-
	        
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