Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Handelsgesellschaften 
des Inventars, Annahme des Personals, Miete 
der Geschäftsräume, Versicherung der Waren). 
Sie setzen die Kaufmannseigenschaft voraus. 
Der Kaufmann wird nicht erst und schon Kauf- 
mann durch den gewerbemäßigen Betrieb dieser 
Geschäfte, wohl aber muß er sie im Betriebe 
seines Handelsgewerbes abschließen. Alle von 
einem Kaufmanne vorgenommenen Rechtsge-5 
schäfte gelten im Zweifel als zum Betriebe 
seines Handelsgewerbes gehörig, also als H. 
Der Gegenbeweis ist zulässig, bei den von 
einem Kaufmanne Pezeichneten Schuldscheinen 
mit Einschluß der Wechsel jedoch nur in der 
Art, daß sich aus der Urkunde selbst das 
Gegenteil ergeben muß, bei abstrakten Schuld- 
scheinen also überhaupt nicht (§ 344). Die H. 
sind einseitige, wenn nur der eine Teil sie als 
Kaufmann in seinem Handelsbetrieb abge- 
schlossen hat, und zweiseitige, wenn diese Vor- 
aussetzung bei beiden Teilen zutrifft. Auch 
bei einseitigen H. finden aber die Vorschriften 
über H. für beide Teile gleichmäßig Anwendung, 
soweit sich nicht aus ihnen ein anderes ergibt 
# 345). Für die H., namentlich die Auslegung, 
den Abschluß, die Erfüllung und die Siche- 
rungsmittel (Bürgschaft und Zurüchbehaltungs- 
rech-, galten im alten HPGB. zahlreiche Sonder- 
bestimmungen, die die Regeln des gemeinen 
Obligationenrechts teils abänderten, teils er- 
gänzten. Eine große Alenge davon ist unver- 
ändert oder wenig verändert in das BE. 
übergegangen. Es gibt aber noch immer eine 
Reihe von Sonderbestimmungen. 
II. Offentliche Anstalten für den Abschluß 
von H. sind die Märkte und die Börsen. 
Ihrem Gegenstande nach sind die H. Waren- 
geschäfte (der Handelskauf und Börsengeschäfte), 
Geldgeschäfte (kaufmännische Anweisung, Giro- 
verkehr, Abrechnung), Kreditgeschäfte (Depo- 
siten-, Depot-, Lombard-, Kontokorrentgeschäfte 
usw.), Arbeitsgeschäfte (Dienstverträge mit den 
kaufmännischen Hilfspersonen, Handelsmähler= 
vertrag, Kommissions-, Speditions-, Lager-, 
Frachtgeschäft usw.) und Versicherungsgeschäfte 
(Seeversicherung). S. auch Depotgesetz. 
III. In einem wesentlich andern Sinne wird 
nicht selten der Ausdruck H. auch als gleich- 
bedeutend mit Handelsgewerbe (s. d.) gebraucht, 
s. z. B. den sich auf die Gehilfen und Lehr- 
linge in H. beziehenden § 154 GewO. und die 
Vf., betr. die gewerbliche Schulpflicht der in 
H. tätigen gewerblichen Arbeiter, vom 17. Nov. 
1900 (Ml. 297). 
Handelsgesellschaften sind Vereinigungen 
mehrerer zum Zwecke der Gewinnerlangung 
aus einem unter gemeinsamer Firma gemein- 
schaftlich betriebenen Geschäft. Zu den H. ge- 
hören die offene H. (s. d.), die Kommanditge- 
sellschaft (I. d.), die Aktiengesellschaft (s. d.), die 
Kommanditgesellschaft auf Aktien (s. d.) und 
die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (s. d.). 
Die stille Gesellschaft (s. d.) ist keine H. (O#. 
§§s 105—342; Gesetz, betr. die Gesellschaften mit 
beschränkter Haftung — RGBl. 1898, 840). 
Die offene H. und die Kommanditgesellschaft 
sind nur dann H., wenn sie das Handelsge- 
werbe eines Vollkaufmanns betreiben. Alle 
H. sind nach HGS. § 6 Kaufleute. Abgesehen 
von der offenen H. und der Kommanditgesell- 
  
— Handelsgesetzbuch. 781 
schaft sind die H. juristische Llem (Erl. 
vom 19. April 1904 — HMl. 112). Nicht zu 
den H. gehören die Gewerkschaften im Berg- 
recht (s. d.) und die Erwerbs= und Wirtschafts- 
genossenschaften. S. auch Juristische Per- 
onen. 
Gandelsgesetzbuch. I. Die Entstehung des 
B. greift bis in die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts zurück. Auf Antrag Bayerns 
beschloß die deutsche Bundesversammlung am 
17. April 1856, eine Kommission zur Entwer- 
fung und Vorlage eines allgemeinen H. 
einzusetzen, die am 15. Jan. 1857 unter Be- 
teiligung Osterreichs und der meisten deutschen 
Bundesstaaten in Nürnberg zusammentrat und 
unter zeitweiliger Verlegung des Sitzes nach 
Hamburg den Entwurf des H###. und des 
Seerechts bis zum Jahre 1861 fertig stellte. 
Aachdem die Bundesversammlung die Vorlage 
der Kommission durch Beschluß vom 16. März 
1861 den Bundesregierungen zur Einführung 
empfohlen hatte, erfolgte die Inkraftsetzung 
des HGB. in den einzelnen Staaten in den 
Jahren 1861—1865, in Preußen durch E. 
vom 24. Juni 1861 (GS. 449). In den neu- 
erworbenen Landesteilen blieben die betreffen- 
den E#.. bestehen. Durch G. vom 5. Juni 
1869 (BEl. 379) wurde das HSB. zum Bun- 
desgesetz und durch RV. vom 16. April 1871 
(B l. 63) zum Reichsgesetz erhoben. Geän- 
dert wurde das HG. zunächst durch die G., 
betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien 
und die Aktiengesellschaften, vom 11. Juni 
1870 (Be#Bl. 375) und vom 18. Juli 1884 (Rö- 
Bl. 123). Eine durchgreifende, durch das BGB. 
veranlaßte Umgestaltung erfuhr das H. 
durch das G. vom 10. Mai 1897 (RGBl. 219), 
das nach dem Eo. vom 10. Mai 1897 (Röl. 
437), abgesehen von den Vorschriften über die 
Handlungsgehilfen und -ehrlinge, die schon 
am 1. Jan. 1898 in Kraft gesetzt wurden, am 
1. Jan. 1900 in Kraft Getreten ist; dazu Pr AG. 
vom 24. Sept. 1899 (GS. 303). Das H. dt# 
in zwischen durch G. vom 12. Mai 1904 (R- 
Bl. 167) geändert worden. Eine weitere An- 
derung soll durch das dem RT. zur Beschluß- 
fassung vorliegende Gesetz über den Versiche- 
rungsvertrag erfolgen. Das HGB. zerfällt in 
vier Bücher. Das erste Buch enthält Vor- 
schriften über den Handelsstand (Begriff des 
Kaufmanns, Handelsregister, Handelsfirma, 
Handelsbücher, Prokura und Handlungsvoll- 
macht, Handlungsgehilfen und Handlungs- 
lehrlinge, Handlungsagenten, Handelsmäkler). 
Im zweiten Buche sind die Verhältnisse der 
Handelsgesellschaften und der stillen Gesell- 
schaft geregelt. Das dritte Buch handelt von 
den Handelsgeschäften und das vierte Buch 
vom Seehandel. 
II. Das Handelsgewohnheitsrecht, einst 
die Hauptquelle des Handelsrechtes und dann 
wenigstens als allem bürgerlichen Recht ein- 
schließlich der sonst das Gewohnheitsrecht aus- 
schließenden privatrechtlichen Gesetze vorgehend 
anerkannt, ist jetzt nicht mehr privilegiert. Es 
gelten dafür also die allgemeinen Regeln über 
Gewohnheitsrecht. Die Handelsfsitte, d. i. die 
im Handelsverkehre geltenden Gewohnheiten 
und Gebräuche, früher oft mit dem Handels- 
 
	        
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