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Handels= und Gewerbeschulen für Mäd-
chen s. Fachschulen I, 13, Handelsschulen I.
Handelssitte s. Handelsgesetzbuch II.
Handelsstatistin s. Warenverkehr mit
dem Auslande II.
Handeleverträge, auch Handels= und Schiff-
fahrtsverträge, im Verkehr mit außereuro-
päischen Staaten vielfach Freundschafts-, Han-
dels= und Schiffahrtsverträge genannt, sind
internationale Verträge, die in der Hauptsache
darauf gerichtet sind, den Handel zwischen zwei
Staaten zu sichern und zu fördern. Zu diesem
Zwecke pflegen sie Bestimmungen zu enthalten
über die Zulässigkeit von Ein-, Aus= und
Durchfuhrverboten, über die Zollbelastung der
Waren, über die formelle Zollbehandlung (Zoll-
abfertigung), über die Behandlung der den
Warenaustausch vermittelnden Personen (Hand-
lungsreisenden), über die Zulassung und Ab-
gabenpflichtigkeit von Schiffen und anderes.
Daneben treffen sie vielfach auch Bestimmun-
gen über das Konsulatswesen und über die
echtsstellung, welche die Untertanen des einen
Staates in dem andern, z. B. in bezug auf
das Aiederlassungsrecht, den Grunderwerb, den
Gewerbebetrieb, die Entrichtung innerer Ab-
aben und die Militärpflicht einnehmen sollen.
Hie wichtigsten Bestimmungen der H. sind
die über die Zollbelastung der Waren,
und je nach dem Inhalt dieser Bestimmungen
spricht man von Tarifverträgen und Meist-
begünstigungsverträgen. Im Tarifver-
trage gesteht der eine Vertragsstaat dem an-
dern für bestimmte Warengattungen eine Be-
seitigung, Ermäßigung oder Bindung (Ver-
pflichtung zur Nichterhöhung) der Zollsätze
seines autonomen Tarifs (s. Zolltarif A zu;
es wird neben den autonomen Tarif ein be-
sonderer Tarif, der Vertragstarif gestellt, der
auf Erzeugnisse des andern Staates Anwen-
dung zu finden hat. Der Meistbegünstigungs-
vertrag enthält keinen besonderen Vertrags-
tarif, sondern mur die Meistbegünstigungs-
klaufsel, d. h. die Verpflichtung, den Erzeug-
nissen des Vertragsstchates dieselben Vergün-
stigungen zu gewähren, die durch Tarifverträge
an dritte Staaten gewährt sind oder in Zukun
gewährt werden (s. auch Meistbegünstigung).
arifverträge enthalten meistenteils auch die
Meistbegünstigungsklausel. Es kommt auch
vor, daß sich ein Vertrag nur für den einen
Teil als Tarifvertrag oder Meistbegünstigungs-
vertrag darstellt.
Aeben der Gewährung der Mieistbegünsti-
ung hat Deutschland besondere tarifarische
Jugestchndnisse gemacht und erhalten in den
Verträgen mit Griechenland (RGl. 1885, 23),
sowie in den 1904 und 1905 abgeschlossenen
Verträgen mit Italien (Röl. 1905, 413),
Belgien (ReEl. 1905, 599), Rußland (RGBl.
1905, 35), der Schweiz (Rl. 1905, 319), Rumä-
nien (RGBl. 1905, 253), Serbien (RE#l. 1906,
319), Osterreich-Ungarn (Rl. 1906, 143), Bul-
garien (RE#l. 1906,1) und Schweden (noch nicht
publiziert). Die Verträge mit Italien, Belgien,
Rußland, der Schweiz, Rumänien, Serbien
und Osterreich-Ungarn stellen sich formell als
Zusatzverträge zu den sog. Caprivischen (nach
dem Reichskanzler Grafen Caprivi genannten)
Handels= und Gewerbeschulen für Alädchen — Handelsverträge.
Handelsverträgen aus den Jahren 1891
bis 1894 dar (Italien s. RE l. 1892, 97; Bel-
gien 1892, 241; Rußland 1894, 153; Schweiz
1892, 195; Rumänien 1894, 1; Serbien 1893,
269; Osterreich-Ungarn 1892, 3); nur die zu-
gehörigen Tarife haben eine vollständige Aeu-
gestaltung erfahren. Die Zusatzverträge und
der Vertrag mit Bulgarien traten in der Haupt-
sache zugleich mit dem autonomen Tarif vom
25. Dez. 1902 (GBl. 303) am 1. März 1906,
der Vertrag mit Schweden im Juni 1906
in Kraft; die Verträge mit Italien, Belgien,
Rußland, der Schweiz, Rumänien und Ser-
bien sind bis zum 31. Dez. 1917, der mit
Osterreich bis zum 31. Dez. 1915, der mit
Bulgarien bis zum 28. Febr. 1911, der mit
Schweden bis zum 31. Dez. 1910 unkündbar.
Das Aileistbegünstigungsrecht ohne besondere
tarifarische Zugeständnisse seitens Deutschlands
ist ausgetauscht in den Handelsverträgen mit
Abessinien (K#l. 1906, 470), Argentinien (GS.
1859, 405; s. auch Reziprozitätsklausel),
Chile (GS. 1863, 671), Dänemark (ältere Ver-
träge mit einzelnen deutschen Staaten, darunter
Preußen [GS. 1846, 3271), Ecuador (REl.
1888, 136), Agypten (Re#l. 1893, 17), Gua-
temala (RöEl. 1888, 238), Honduras (REl.
1888, 262), Japan (REl. 1896, 715), Kolum-
bien (REGl. 1894, 471), Liberia (BE#l. 1868,
197), Marokho (Rl. 1891, 378), Mexiko
(Röl. 1883, 247), Aicaragua (Ro#l. 1897,
171), den N-federlanden (Es. 1852, 145), Nor-
wegen (ältere Verträge mit den Hansestädten,
Oldenburg und Mecklenburg-Schwerin), Para-
guay (Rl. 1888, 178), Persien (RG#l. 1873,
351), Spanien (REl. 1899, 335; gehündigt
zum 1. Juli 1906), der Türkei (REl. 1891,
117), Uruguay (Rl. 1894, 505; 1900, 5)
und Sansibar (Röl. 1886, 261), ferner im
Artikel 11 des Frankfurter Friedensvertrages
(Röl. 1871, 223) mit Frankreich. Nach
dem Friedensvertrage sollen allerdings an
die vertragschließenden Teile nicht diesenigen
Begünstigungen fallen, die einer von ihnen
an andere Länder als England, Belgien,
die Niederlande, die Schweiz, Österreich oder
ft Rußland gewährt; da aber die genannten
Staaten im Wege der ihnen gewährten
Meistbegünstigung mittelbar auch die anderen
Ländern zugestandenen Vorteile genießen, ist
die Beschränkung tatsächlich ohne Bedeutung.
In einigen der genannten Verträge, so in den
mit Agypten, Japan (s. auch REBl. 1899, 137),
der Türkei und Sansibar hat Deutschland
neben der Meistbegünstigung auch besondere
tarifarische Zugeständnisse erhalten. Wegen
des Verhältnisses Deutschlands zu Großbri-
tannien und seinen Kolonien sowie den Ver-
einigten Staaten von Amerika s. Meistbe-
günstigung. Von sonstigen die Handels-
beziehungen regelnden Verträgen sind noch zu
erwähnen die mit China (GS. 1863, 265 —
REl. 1881, 261), der Internationalen Gesell-
schaft des Kongo (REl. 1885, 211) und mit
Korea (R#l. 1884, 221); diese Verträge ent-
halten tarifarische Zugeständnisse, die mit
China auch die Erteilung der Meistbegün-
stigung für deutsche Waren, während Deutsch-
land hinsichtlich der Zollbelastung der frem-