Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

810 
gestellt, gleichviel, ob der Antrag erfolgt, weil 
der Staat, in dem sich der Antragsteller auf— 
hält, die Beibringung eines H. verlangt, oder 
weil lediglich der Antragsteller selbst ein In- 
teresse daran hat, im Besitze eines solchen Aus- 
weispapieres zu sein (Erl. vom 9. Dez. 1902 
— All. 235). Ein gesetzlicher Anspruch auf 
die Erteilung eines H. besteht nicht. H. sind 
als amtliche Zeugnisse in Privatsachen nach 
TSt. 77 LSt. mit 1,50 Al. stempelpflichtig 
(Erl. vom 8. Sept. 1896 — UM.l. 183; Abg- 
ZBl. 587). 
Heimatwesen, Bundesamt für das H. f. d. 
Heimschaffung s. Ausweisungen V und 
Ubernahmeverträge. 
Heimstätten. Das Heimstättenwesen ist ameri- 
kanischen Ursprungs und verfolgt dort die Ab- 
sicht, die Besiedelung des Westens zu fördern. 
und dem Landspekulantentum entgegenzutreten. 
Das Bundesgesetz vom 20. Mai 1886 verfügt 
die nahezu unentgeltliche Uberlassung einer 
bestimmten Fläche unbebauten Landes (höch- 
stens 160 acres à 40 a) an den Besitznehmer 
und die Nichthaftbarkeit dieses Besitzes für 
die früher ingegangenen Schulden. Die 
Gesetzgebung der Einzelstaaten hat die Ein- 
richtung weiter ausgebildet. In Deutschland 
ist seit etwa 1880 eine Bewegung für Ein- 
führung der H., im Sinne einer fakultativen 
Einrichtung, entstanden. Der RXT. hat wieder- 
holt dahin gehende Beschlüsse gefaßt, zuletzt 
am 25. Febr. 1904 (Sten Ber. 1261 ff.), denen 
aber von den verbündeten Regierungen seit- 
her nicht Folge gegeben ist. Der dem Beschluß 
von 1904 zugrunde liegende Antrag (Druchs. 
Nr. 64 der KXl. Legislaturperiode, 1. Session. 
1903 /4) enthält einen Gesetzentwurf, der nach 
dem Reichstagsbeschlusse den Regierungen für 
die von ihnen zu machende Vorlage zum An- 
halte dienen soll und der die Absichten der 
Antragsteller näher ersehen läßt. Danach stellt 
sich die H. dar als eine Art von Fideikom- 
miß für den bäuerlichen und kleinbäuerlichen 
Besitz. Jeder Angehörige des Deutschen Reiches 
soll nach vollendetem 24. Lebensjahre das 
Recht zur Begründung einer H. haben, deren 
Größe die eines Bauernhofes nicht übersteigen 
darf. Der zur H. festzulegende Besitz darf im 
allgemeinen höchstens bis zur Hälfte des 
Wertes und nur mit amortisablen Schulden 
belastet sein. Mach Begründung der H. können 
neue Schulden nur mit Genehmigung der 
Heimstättenbehörde aus besonderen Gründen 
eingetragen werden und nur in der Form 
von Amortisationsschulden. Die H. und ihr 
Zubehör sind der Zwangsvollstreckung, ab- 
gesehen von älteren Schulden, nur in be- 
stimmten gesetzlich bezeichneten Ausnahmefällen 
unterworfen. Sie ist unteilbar und ist vor- 
behaltlich des Nießbrauchsrechts des über- 
lebenden Ehegatten nur an einen Erben, 
den Anerben, übertragbar. Die Veräußerung 
unter Lebenden darf nur mit Genehmigung 
des Ehegatten und nur an Angehörige des 
Deutschen Reiches erfolgen. Die näheren Be- 
stimmungen sollen der Landesgesetzgebung über- 
lassen bleiben. Die gegen den Erlaß eines 
solchen Gesetzes angeführten Gründe stützen 
sich auf die Verschiedenheit der deutschen und 
  
Heimatwesen, Bundesamt für das H. — Heizerhkurse. 
amerikanischen Verhältnisse, sie richten sich 
nicht gegen den Grundgedanken der Schaffung 
und Erhaltung eines leistungefäbigen Bauern- 
standes und gesicherter Landarbeiterheime, 
sondern gegen die praktische Brauchbarkeit 
der Heimstätteneinrichtung für deutsche Ver- 
hältnisse und gegen die Erwartungen der An- 
tragsteller über den Erfolg einer solchen Gesetz- 
gebung. 
Heiratsgut, nämlich als Ausstattungs- 
gegenstände, Braut= oder Hochzeitsgeschenke 
eingehende gebrauchte oder neue Sachen, so- 
fern sie für Ausländer oder länger als zwei 
Jahre im Auslande wohnhaft gewesene In- 
länder bestimmt sind, die aus Anlaß der Ver- 
heiratung mit einer im Inlande wohnhaften 
Person ihren Wohnsitz nach dem Inlande ver- 
legen, bleiben auf besondere Erlaubnis zoll- 
frei. Von der Zollfreiheit ausgeschlossen sind 
Aahrungs= und Genußmittel, unverarbeitete 
Gespinste und unverarbeitete Gespinstwaren, 
sowie sonstige zur weiteren Verarbeitung be- 
stimmte Erzeugnisse, Rohstoffe aller Art und 
Tiere. Die Erteilung der besonderen Erlaub- 
nis steht dersenigen Direktivbehörde zu, in 
deren Bezirk die Ehegatten ihren ersten Wohn- 
sitz nehmen (ZollTG. § 6 Ziff. 4 Abs. 2 und 
Anleitung (s. d.] dazu). 
Heiratskonsens s. Ehekonsens. 
Heiratsregister s. Personenstands. 
register. 
Heiratsvermittlung. Personen, die das 
Gewerbe eines Heiratsvermittlers betreiben, 
haben der Ortspolizeibehörde eine besondere 
Anzeige zu erstatten (GewO. 8 35 Abs. 6). 
Der Gewerbebetrieb Rkann untersagt werden 
(s. Untersagung von Gewerbebetrieben). 
Nach der auf Grund der GewO. 8 38 Abs. 4 
erlassenen Polizeiverordnung des PM. vom 
18. März 1885 Ziff. 14 sind die Vermittler 
von Heiraten verpflichtet, den Polizeibehörden 
und ihren Organen auf Erfordern ihre Ge- 
schäftsbücher und die auf den Geschäftsbetrieb 
bezüglichen Schriftstücke zur Einsicht vorzulegen 
und den betreffenden Beamten jede auf den 
Gewerbebetrieb bezügliche Auskunft wahr- 
heitsgetreu zu erteilen. Die zivilrechtlichen 
Verhältnisse der Heiratsvermittler zu ihren 
Auftraggebern sind durch BE#. 8§§ 652—656 
geregelt. Durch das Versprechen eines Lohns 
für den Nachweis der Gelegenheit zur Ein- 
gehung einer Ehe oder für die Vermittlung 
des Zustandekommens einer Ehe wird eine 
Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf 
Grund des Versprechens Geleistete kann nicht 
deshalb zurüchgefordert werden, weil eine 
Verbindlichkeit nicht bestanden hat (8 650). 
Die Ausübung des Gewerbebetriebs nach er- 
folgter Bestrafung ist nach GewO. 8 148 Abs. 1 
Ziff. 4 strafbar. · 
Heizerkurse. Zu den Maßnahmen, die auf 
die Verhütung übermäßiger Rauchentwichlung 
abzielen, gehört auch die Errichtung von 
Heizerschulen und die Anstellung von Lehr- 
heizern. Zur Förderung dieser Bestrebungen 
ist im Staatshaushaltsetat Kap. 7 Tit. 25 ein 
Betrag von 35000 M. zur Errichtung und 
Unterhaltung von Heizer= und Maschinisten- 
kursen und zu Beihilfen an Dampfessel=
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.