Innungsverbände.
BezA. findet der Antrag auf mündliche Ver-
handlung im Verwaltungsstreitverfahren statt.
Gegen die Entscheidung des BezA. ist nur
das Rechtsmittel der Revision zulässig (Z.
§ 124). Gegen den versagenden Beschluß des
Polizeipräsidenten in Berlin ist binnen zwei
Wochen die Klage beim Bez. zulässig (Z0.
§ 161). Auch im Beschlußverfahren nicht er-
örterte Versagungsgründe sind im Verwal-
tungsstreitverfahren zu prüfen (OB. vom
25. Nov. 1889 — Pr VBl. 11, 265). Im übrigen
empfiehlt es sich, sogleich das Statut voll-
ständig und vom Standpunkt aller J1t
zulässigen Versagungsgründe zu prüfen (O.
25, 310). Bei Zwangsinnungen ist gegen den
versagenden Beschluß des BezA. oder des
Polizeipräsidenten binnen vier Wochen die
Beschwerde an den OM. zugelassen, der end-
gültig entscheidet. Wird die Genehmigung
des Statuts der Zwangsinnung wiederholt
versagt, so hat der Regierungspräsident, im
Stadtkreise Berlin der Oberpräsident, um
seiner Anordnung über die Errichtung einer
Zwangsinnung zur Durchführung zu verhelfen,
das Statut mit rechtsverbindlicher Kraft zu
erlassen. Ergibt sich, daß dem Statut einer
freien Innung die Genehmigung hätte ver-
sagt werden müssen, so hat die Ausfsichts-
behörde oder der Regierungspräsident (im
Stadtkreise Berlin der Oberpräsident) die
Innung aufzufordern, binnen einer bestimmten
Frist die Anderung zu beschließen. Kommt
die Innung dieser Aufforderung nicht nach,
so kann sie nach GewO. 8 97 Abs. 1 Ziff. 1
geschlossen werden. Bei Zwangsinnungen hat
der Regierungspräsident (im Stadtkreise Berlin
der Oberpräsident) die erforderliche Abänderung
anzuordnen; gegen diese Anordnung ist binnen
vier Wochen die Beschwerde an den HM. zu-
lässig. Unterläßt die Zwangsinnung, die end-
gültig angeordnete Abänderung zu beschließen,
so hat die Aussichtsbehörde die Beschlußfassung
anzuordnen und, falls dieser Anordnung keine
Folge gegeben wird, die erforderliche Abände-
rung des Statuts von Amts wegen mit rechts-
verbindlicher Wirkung zu vollziehen. Die
gleichen Bestimmungen gelten für die Ab-
änderung der J.; diese darf nur im Beisein
eines Vertreters der Aufsichtsbehörde beschlossen
werden (GewO. 8 96 Abs. 6, § 100c). Muster-
statuten für freie Innungen und für Zwangs-
innungen hat der B. beschlossen, sie sind
durch Bek. vom 19. Alärz 1898 (ZBl. 155)
veröffentlicht. Die Genehmigung des Statutes
und seiner Abänderungen erfolgt kosten= und
stempelfrei (Gew O. § 99). Der Vorstand der
Zwangsinnung hat jedem Mitglied einen Ab-
druck des Statutes auszuhändigen (GewO.
§ 100e). S. AusfAnw. z. Gew. Ziff. 88—91
(Freie Innungen), Ziff. 102 wangeisnuneen
nnungsverbände (GewO. 88§ 104—104 n).
I. Begriff, Aufgaben. J. sind Vereini-
ungen von Innungen, die nicht derselben
ufsichtsbehörde unterstehen, zu gemeinsamer
Förderung der Interessen der in ihnen ver-
tretenen Gewerbe. Sie sollen die Innungen,
Innungsausschüsse (s. d.) und Handwerks-
kammern (s. d.) in der Verfolgung ihrer ge-
setzlichen Aufgaben, sowie die Behörden durch
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Vorschläge und Anregungen unterstützen; sie
sind befugt, den Arbeitsnachweis (s. d.) zu
regeln, sowie Fachschulen (s. d.) zu errichten
und zu unterstützen. Das Recht, Vorschriften
über das Lehrlingswesen zu erlassen, haben
die J. nicht mehr. Sind dem J. Korpora-
tionsrechte verliehen, so ist er befugt, für die
Mitglieder der ihm angeschlossenen Innungen
und deren Angehörige zur Unterstützung in
Fällen der Krankheit, des Todes, der Ar-
beitsunfähigkeit oder sonstiger Bedürftigkeit
Kassen zu errichten. Die Errichtung von In-
nungskrankenkassen (s. d.) ist nicht gestattet
(Nov. z. GewO. vom 26. Juli 1897 Art. 3
— KRTDrucks. Nr. 713 S. 81). Die erforder-
lichen Bestimmungen sind in Nebenstatuten
(s. d.) zusammenzufassen. Auf die von dem
J. errichteten Unterstützungskassen finden die-
selben Vorschriften Anwendung, welche für
leichartige von einer Zwangsinnung errichtete
assen gelten. Die Verbandsvorstände sind
befugt, in betreff der Verhältnisse der in dem
Verbande vertretenen Gewerbe an die für die
Genehmigung des Verbandsstatuts zuständige
Stelle Bericht zu erstatten und Anträge zu
richten. Sie sind verpflichtet, auf Erfordern
dieser Stelle Gutachten über gewerbliche Fra-
gen abzugeben. J. können aus freien In-
nungen oder aus Zwangeinnungen allein
oder aus beiden zusammen bestehen. Gewerbe-
vereine und sonstige Handwerkervereinigun-
gen dürfen dem Verbande nicht angehören,
wohl aber kann einzelnen Gewerbetreibenden
das Beitrittsrecht eingeräumt werden.
II. Statut. Für den J. ist ein Statut zu
errichten, welches über die im § 104 a bezeich-
neten Gegenstände Bestimmungen enthalten
muß und zeine Bestimmung enthalten darf,
die mit den gesetzlichen Zwecken des Verbands
nicht in Verbindung steht oder gesetzlichen
Vorschriften zuwiderläuft. Das Statut und
seine Anderungen bedürfen der Genehmigung
des Regierungspräsidenten (im Stadttreise
Berlin tritt der Polizeipräsident in allen
Fällen an die Stelle des Regierungspräsi-
denten), wenn der Bezirk über den Re-
gierungsbezirk nicht hinausgreift, des HM.,
wenn der Bezirk über einen Regierungsbezirk
oder den Stadtkreis Berlin, aber nicht über
Preußen hinausgeht, des R., wenn sich der
Bezirk des Verbandes über mehrere Bundes-
staaten erstrecht. Die Genehmigung ist zu
versagen, wenn sich die Zwecke des Verban-
des nicht in den gesetzlichen Grenzen halten
oder wenn das Statut den gesetzlichen An-
forderungen nicht entspricht. Außerdem darf
die Genehmigung nur versagt werden, wenn
die Zahl der dem Verbande beigetretenen
Innungen nicht hinreichend erscheint, um die
Zweche des Verbands wirksam zu verfol-
gen. Gegen den versagenden Bescheid des
Regierungspräsidenten ist Beschwerde an den
M. zulässig.
III. Korporationsrechte. Durch Be-
schlußz des BR. kann J. die Fähigkeit bei-
gelegt werden, unter ihrem Namen Rechte zu
erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor
Gericht zu klagen und verklagt zu werden.
Den GEläubigern haftet für alle Verbindlich-