Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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III. Der Kirchenvorstand besteht: 1. in 
Pfarrgemeinden aus dem Pfarrer (bzw. dem 
Pfarrverweser; s. auch Art. 14 des G. vom 
21. Mai 1886 — GS. 147), in Filial(Kapellen--) 
gemeinden, welche eigene Geistliche haben, aus 
dem der Anstellung nach ältesten; 2. aus mehre- 
ren Kirchenvorstehern, welche von der Gemeinde 
gewählt werden, und zwar in Gemeinden bis 
500 Mitglieder vier, bis 2000 sechs, bis 5000 
acht und darüber zehn (§ 6); 3. dem Patron 
oder sonstigen Präsentationsberechtigten bzw. 
einem von ihm ernannten Vertreter (s. V.) 
(§ 5). Das Amt ist ein Ehrenamt (§ 7). — Der 
Kirchenvorstand verwaltet das kirchliche Ver- 
mögen. Er vertritt die seiner Verwaltung 
unterstehenden Vermögensmassen und die Ge- 
meinde in vermögensrechtlicher Beziehung. 
Die BRechte der jeweiligen Inhaber an den 
zur Besoldung der Geistlichen und anderer 
irchendiener bestimmten Vermögensmassen 
werden hierdurch nicht berührt (8 8). en 
Vorsitz im Vorstande führt der ordnungs- 
mäßig bestellte Pfarrer oder Pfarrverweser, 
in Filialgemeinden die für dieselben ord- 
nungomähig bestellten Pfarrgeistlichen (G. 
vom 21. Mai 1886 Art. 14; G. vom 31. März 
1893; AE. vom 27. Sept. 1893 und 22. Sept. 
1888 für Gnesen-Posen und bzw. Kulm). Aur 
in Frankfurt a. M. ist auf Grund der ursprüng- 
lichen Bestimmung im § 12 des G. vom 20. Juni 
1875 bzw. Art. 14 zit. der Vorsitz einem welt- 
lichen Mlitgliede verblieben (G. vom 22. Okt. 
1822 und 2. Febr. 1830 FrankfGS. III, 145 
bzw. IV, 201). Die Kassenverwaltung und 
Rechnungsführung hat ein Rirchenvorsteher 
oder besonderer Rendant zu führen (8 10). — 
Der Kirchenvorstand versammelt sich auf Ein= 
ladung des Vorsitzenden (§ 13). Ermuß berufen 
werden, wenn dies verlangt wird: 1. von der 
bischöflichen Behörde; 2. von dem Landrat, in 
Stadtkreisen von dem Bürgermeister; 3. von 
der Hälfte der Mitglieder des Kirchenvorstandes; 
4. durch Beschlug der Gemeindevertretung (§ 14). 
Zu jeder die Gemeinden verpflichtenden Wil- 
lenserklärung bedarf es der Unterschrift des 
Vorsitzenden und noch zweier Mitglieder unter 
Beidrüchung des Amtssiegels (§ 19). 
IV. Die Sahl der Gemeindevertreter ist 
dreimal so groß wie diesenige der gewählten 
Kirchenvorsteher (§ 20). Die Stellung der kath. 
Gemeindevertretung ist insofern von derjenigen 
der ev. Kirchengemein devertretunges. Gemeinde- 
kirchenrat und Kirchengemeindever- 
tretung) verschieden, als erstere ein selb- 
ständiges KRollegium bildet und einen 
eigenen Vorsitzenden und Stellvertreter 
desselben auf drei Jahre wählt (8§ 22 Abf. 1. 
Wegen der Einladung und Berufung 
der Gemeindevertretung gelten die gleichen 
Vorschriften wie beim Kirchenvorstande (88 22 
Abs. 2 u. 3; 24). Die Zuständigkeit der Ge- 
meindevertretung ist im allgemeinen wie bei 
der ev. Rirchengemeindevertretung geordnet 
(§21;l. Gemeindehirchenrat und Kirchen- 
gemeindevertretung 4 Ub) und das 
leiche gilt, von dem aktiven und passiven 
ahlrechte zu den Lirchengemeindeorganen, 
mit dem Anterschiede jedoch, daß die Ver- 
letzung kirchlicher Pflichten (KSch. gg 34 
  
Katholische Kirchengemeinden (Vermögensverwaltung). 
Abs. 4 Ziff. 3 u. 4 und 35 Abs. 1) als Wahl- 
hinderungsgrund nicht in Betracht kommt; 
für die aktive Wahlberechtigung die Voll- 
jährigkeit statt des 24. Lebensjahres genügt 
(G. vom 20. Juni 1875 §§ 25—29); die An- 
meldung zum Eintritt in die wahlberechtigte 
Gemeinde nicht stattfindet; Geistliche und 
andere Kirchendiener vom Wahlrecht und der 
Wählbarkeit ausgeschlossen sind; endlich auch 
für die Wählbarkeit in die Gemeindevertre- 
tung das dreißigste Lebensjahr erforderlich ist. 
Für die Vollziehung der Wahl gilt die dem 
Gesetze beigefügte Wahlordnung 8 30). Aber 
Einsprüche gegen die Wahl entscheidet in höherer 
Instanz die bischöfliche Behörde im Einver— 
nehmen mit dem Regierungspräsidenten (Art. 13 
der Wahlordnung). 
V. Die Entlassung eines Kirchenvor— 
stehers oder eines Gemeindevertreters 
erfolgt: 1. wegen Verlust einer zur Wähl— 
barkeit erforderlichen Eigenschaft; 2. wegen 
grober Pflichtwidrigkeit. Die Entlassung kann 
sowohl von der bischöflichen Behörde als von 
dem Regierungspräsidenten verfügt werden. 
Gegen die Entscheidung findet die Beschwerde 
an den Mdg A. statt (6( 37 bzw. G. vom 21. Mai 
1886 — GS. 147 — Art. 10). Wenn der Kirchen- 
vorstand oder die Gemeindevertretung beharr- 
lich die Erfüllung ihrer Pflichten ver- 
nachlässigen oder verweigern oder wieder- 
holt Angelegenheiten, welche nicht zu ihrer 
Zuständigkeit gehören, zum Gegenstande einer 
Erörterung oder Beschlußfassung machen, so 
können sie sowohl durch die bischöfliche Behörde 
als durch den Oberpräsidenten unter gegen- 
Fitigem Einvernehmen aufgelöst werden 
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VI. Der Patron, welchem auf Grund 
des Patronats, oder ein anderer Berech- 
tigter, welchem auf Grund eines besondern 
Rechtstitels die Mitgliedschaft im Kirchen- 
vorstande oder die Berechtigung zugestanden 
hat, Kirchenvorsteher zu ernennen, zu bestellen 
oder zu präsentieren, ist fortan befugt, ent- 
weder selbst in den Kirchenvorstand einzutreten 
oder einen Kirchenvorsteher zu ernennen. Der 
Berechtigte, welcher in den Kirchenvorstand 
eintritt, oder der von ihm ernannte Kirchen- 
vorsteher muß die in den §§8 27—29 vor- 
geschriebene Wählbarkeit besitzen (6 39). Im 
übrigen sind die Rechte des Patrons wie 
im § 23 der ev. SchSO. vom 10. Sept. 1873 
(l. wie oben A llb a. E.) mit der Maßgabe ge- 
regelt, daß als Aufsichtsbehörde statt des Re- 
gierungspräsidenten die Bezirksregierung ein- 
tritt (§ 40). 
VII. In den Landesteilen, in welchen die 
bürgerliche Gemeinde zur Aufbringung 
der Kosten für die kirchlichen Bedürfnisfe der 
Pfarrgemeinde gesetzlich verpflichtet ist, muß 
sowohl der Etat, als auch die Jahresrechnung 
ugleich mit der öffentlichen Auslegung dem 
ürgermeister abschriftlich mitgeteilt werden 
(6 41; s. die G. vom 14. Müärz 1845 — C6Ö. 
163 — und 14. März 1880 — GS. 225 — 
für das Gebiet des rheinischen Rechts). 
VIII. Anweisungen über die Geschäfts- 
führung können dem Kirchenvorstand oder 
der Gemeindevertretung sowohl von der
	        
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