Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Kommanditgesellschaften auf Aktien — Kommissar im Verwaltungsstreitverfahren. 
(s. d.) maßgebenden Bestimmungen, soweit 
nicht im HGB. §§ 162—177 abweichende Be- 
stimmungen vorgesehen sind. Diese beziehen 
sich im wesentlichen auf die Stellung des 
Kommanditisten gegenüber den Komplemen- 
taren und den Gesellschaftsgläubigern. 
Kommanditgesellschaften auf Aktien (HB. 
§§ 320—334) sind Gesellschaften, bei denen 
mindestens ein Gesellschafter den Gläubigern 
unbeschränkt haftet (persönlich haftender Ge- 
sellschafter, Komplementar), während die übrigen 
sich nur mit Einlagen auf das in Aktien zer- 
legte Grundkapital der Gesellschaft beteiligen 
(Kommanditisten). Die K. a. A. ist eine juristische 
Person, für die im allgemeinen die Vorschrif- 
ten der Aktiengesellschaften maßgebend sind, 
während sich das Rechtsverhältnis der persön- 
lich haftenden Gesellschafter untereinander und 
gegenüber der Gesamtheit der Kommanditisten, 
sowie gegenüber Dritten nach den bei Kom- 
manditgesellschaften (s. d.) geltenden Vor- 
schriften richtet (§6 320). Abweichend von den 
Bestimmungen über Atktiengesellschaften ist die 
Feststellung und der Inhalt des Gesellschafts- 
vertrages in §§ 321—323 und die TNachgrün- 
dung in § 324 geregelt. An die Stelle des 
Vorstandes treten die persönlich haftenden 
Gesellschafter (6§ 325, 326), die auch im all- 
gemeinen die Stellung der Gründer haben. 
Die Generalversammlung besteht nur aus den 
Kommanditisten, ihre Beschlüsse bedürfen der 
Zustimmung der persönlich haftenden Gesell- 
schafter, soweit sie Angelegenheiten betreffen, 
die bei der Kommanditgesellschaft des Ein- 
verständnisses der Kommanditisten und der 
persönlich haftenden Gesellschafter erfordern. 
Die Beschlüsse der Generalversammlung wer- 
den, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht an- 
ders bestimmt, durch den Aufsichtsrat aus- 
geführt; persönlich haftende Gesellschafter dürfen 
nicht Mitglieder des Aufsichtsrats sein (§8 327, 
328). Ergibt sich nach dem Jahreserträgnis P 
für die persönlich haftenden Gesellschafter ein 
Gewinnanteil, der ihnen nach dem Vertrage 
für die Geschäftsführung oder ihrer Ver- 
mögenseinlagen zukommt, so hat die Aus- 
zahlung zu unterbleiben, falls eine Unter- 
bilanz vorhanden ist, die ihre nicht in Aktien 
bestehenden Kapitalanteile übersteigt. Solange 
eine Unterbilanz besteht, ist auch eine sonstige 
Entnahme von Geld aus dem Kapitalanteil 
ausgeschlossen (6 326). Auf die Auflösung und 
das Ausscheiden persönlich haftender Gesell- 
schafter finden die für Kommanditgesellschaften 
geltenden Vorschriften mit der Maßgabe An- 
wendung, daß die Eröffnung des Konkurses 
über einen Kommanditisten nicht die Auf- 
lösung der Gesellschaft zur Folge hat. Die Gläu- 
biger eines Kommanditisten sind nicht berech- 
tigt, der Gesellschaft zu kündigen. Für die 
Kündigung durch die Kommanditisten, sowie 
für ihre Zustimmung zur Auflösung und für 
den Antrag auf Auflösung durch gerichtliche 
Entscheidung ist ein Beschluß der General- 
versammlung erforderlich; der Beschluß bedarf 
der Mehrheit, die mindestens drei Vierteile 
des bei der Beschlußfassung vertretenen Kapi- 
tals umfaßt. Das Ausscheiden von persönlich 
haftenden Gesellschaftern kann außer dem Falle 
  
937 
der Ausschließung nur stattfinden, soweit es 
im Gesellschaftsvertrage für zulässig erklärt 
ist. Das Ausscheiden eines persönlich haften- 
den Gesellschafters und die Auflösung ist von 
allen persönlich haftenden Vesllschaftern zum 
Handelsregister an zumelden (§ 330). Sofern 
der Gesellschaftsvertrag nicht anders bestimmt, 
erfolgt die Liquidation durch alle persönlich 
haftenden Gesellschafter und durch eine oder 
mehrere von der Generalversammlung ge- 
wählte Personen (§5 331). Die K. a. A. kann 
durch Beschluß der Generalversammlung und 
aller persönlich haftender Gesellschafter in 
eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden 
Es 332—334). 
Kommissar im Verwaltungsstreitver- 
fahren. Das LV. khennt einen solchen Kom- 
missar in vierfacher Weise: 1. Der öffentlichen 
Behörde, welcher als Partei die Wahrneh- 
mung des öffentlichen Interesses obliegt, kann 
auf ihren Antrag vom Regierungspräsidenten 
für die mündliche Verhandlung vor dem Bez. 
und vom Ressortminister für die vor dem O##. 
ein Kommissar zur Vertretung bestellt werden. 
Dieser Kommissar ist nicht Partei, sondern nur 
Parteivertreter, und seine Vertretungsbefugnis 
beschränkt sich auf die mündliche Verhandlung 
(§ 74 Abs. 1); insbesondere ist er deshalb zur 
Empfangnahme und zur Einlegung von Rechts- 
mitteln für die Partei nicht befugt. 2. Auch 
ohne Antrag einer Partei kann der BRegie- 
rungspräsident bzw. der Ressortminister in ge- 
eigneten Fällen einen besonderen Kommissar 
zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses 
für die mündliche Verhandlung bestellen, welcher 
vor Erlaß des Endurteils mit seinen Aus- 
führungen und Anträgen zu hören, zur Ein- 
legung von Rechtsmitteln aber nicht befugt ist 
(§74 Abs. 2). Ihm ist jedoch eine mit Gründen 
versehene Ausfertigung der Entscheidung zu- 
zustellen (§ 81). Dieser Kommissar ist weder 
artei noch Parteivertreter, vielmehr ähn- 
lich wie der Staatsanwalt im Zivilprozesse 
bloß eine Art Natgeber für das Gericht. 
Behufs Beschlußfassung über seine Bestel- 
lung ist nach § 6 Abs. 1 des Geschäftsregul. 
für das OV#. vom 22. Febr. 1892 (MVBl. 
133) durch den Vorsitzenden den zuständigen 
Ministern Mitteilung von den wichtigeren 
Sitzungssachen zu machen. 3. Wenn das 
Gesetz die öffentliche Behörde, welche die 
Rolle des Klägers oder des Beklagten wahr- 
unehmen hat, nicht bezeichnet, so haben der 
orsitzende des KrlSt) A. bzw. des Bez A. und 
der Ressortminister behufs der erforderlichen 
Wahrnehmung des öffentlichen Interesses 
einen Kommissar zu bestellen (§ 74 Abs. 3). 
Dieser Kommissar ist Partei für das ganze 
Verfahren mit allen Rechten und Pflichten 
einer solchen, wobei die Bestimmung des § 107 
Ziff. 1 wegen Vichterhebung eines Pausch- 
quantums auf ihn Anwendung findet. Ihm 
entspricht der Vertreter des öffentlichen Inter- 
esses, den nach § 18 Abs. 2 des Ansiedlungs- 
gesetzes vom 10. Aug. 1904 (GS. 227) der Vor- 
sitzende des Kr A. zu bestellen hat (Anw. zur 
Ausführung des Ansiedlungsgesetzes vom 
28. Dez. 1904 — M. l. 1905, 2 — Ziff. 10 
Abs. 1). 4. Hat der Vorsitzende des Kr.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.