Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Kommunalabgaben (Heranziehung d. Beamten u. Offiziere zu K.)— Kommunalabgabengesetz. 939 
bestimmte Materien wird ständig gewählt, 
andere K. treten auf Grund besonderen Be- 
schlusses zusammen. Völlig verschieden von 
diesen K. sind die K., welche nach Art. 82 
VlI. jedes Haus des Landtages behufs 
seiner Information zur Untersuchung 
von Tatsachen ernennen kann. Sie sind 
ein Mittel, um eine Kontrolle der Staats- 
verwaltung auszuüben, von dem nur in selte- 
nen Fällen Gebrauch gemacht worden ist. Uber 
das Maß der derartigen K. zustehenden Be- 
fugnisse gehen die Ansichten auseinander. 
Von der Staatsregierung ist in zutreffender 
Weise ein direkter Verkehr derartiger K. mit 
den Organen der Staatsverwaltung ohne 
Vermittlung der Zentralinstanz für unstatt- 
haft erklärt worden. 
Kommunalabgaben (Heranziehung der 
Beamten und Offiziere zu K.) s. Beamte 
(Gemeindebesteuerung); Militär- 
personen (Besteuerung). 
Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 
(GS. 152). I. Entstehung und Aufgaben 
des RAb. Bis zum Erlaß des R. ent- 
behrte Preußen einer einheitlichen und um- 
fassenden gesetzlichen Regelung des Gemeinde- 
abgabenwesens. Die einzelnen Gemeindever- 
fassungsgesetze enthielten voneinander ab- 
weichende, völlig un zureichende Bestimmungen 
über die Gemeindebesteuerung. Mnuur hinsicht- 
lich der Heranziehung der nichtphysischen Per- 
sonen und der Forensen zur Gemeindeeinkom- 
mensteuer und bezüglich der Vermeidung von 
Doppelbesteuerungen desselben Einkommens 
war ein einheitliches Gesetz in dem sog. Kom- 
munalsteuernotgesetz (G., betr. Ergänzung 
und Abänderung einiger Bestimmungen über 
Erhebung der auf das Einkommen gelegten 
direkten Kommunalabgaben) vom 27. Juli 
1885 (GS. 327) ergangen. Infolgedessen, in- 
folge ferner der starken Belastung des Grund- 
besitzes und Gewerbebetriebs durch die staat- 
lichen Ertragsteuern, der engen Grenzen, welche 
der Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 der 
kommunalen Verbrauchsbesteuerung zog, und 
der Aufhebung der Mahl= und Schlachtsteuer 
— nur ganz vereinzelte Städte hatten von der 
Befugnis zur Beibehaltung der Schlachtsteuer 
Gebrauch gemacht —, endlich infolge des Uber- 
gewichts der Hausbesitzer in den städtischen 
Gemeindevertretungen wurde der Gemeinde- 
steuerbedarf namentlich in den Städten immer 
Überwiegender durch Zuschläge zur Klassen= und 
klassifizierten Einkommensteuer aufgebracht, die 
auf diese Weise bis auf viele hundert Prozent 
stiegen. Die Höhe dieser Zuschläge aber führte 
zu einer immer zunehmenden Verschlechterung 
der Veranlagung der Klassen= und namentlich 
der Einkommensteuer: die aus Laien bestehen- 
den Veranlagungskommissionen scheuten sich 
mit Rüchsicht auf die hohen Gemeindezuschläge, 
das nicht offen zutage liegende Einkommen 
so hoch zu schätzen, wie es seiner wirklichen 
Höhe entsprochen hätte. Hierdurch wurde um- 
gekehrt wieder eine Herabminderung der Zu- 
schläge verhindert. Dieser Zustand war mit 
dem auf der Dehlarationspflicht aufgebauten 
Eink Stch. vom 24. Juni 1891 (ogl. Ein- 
kommensteuer) auf die Dauer unvereinbar, 
  
und zwar nicht nur für den Staat, der eine 
gerechte, das wirkliche Einkommen voll um- 
fassende Einkommensteuer neben übermäßigen 
Zuschlägen aufrechterhalten zu können nicht 
hoffen durfte, sondern wegen der starken 
Schwankungen einer solchen Einkommensteuer 
in ihrem Veranlagungssoll auch für die Ge- 
meinden. Es galt daher, die Zuschläge zur 
Einkommensteuer in erträgliche Grenzen zu- 
rüchzudrängen. Dazu war erforderlich die 
Einschränkung des auf dem Wege direkter 
Steuern zu deckenden Bedarfs durch bessere 
Ausbildung und Ausnützung der andern den 
Gemeinden zur Verfügung stehenden Ein- 
nahmequellen und die Erschließung neuer und 
geeigneter Steuerquellen für die direkte Ge- 
meindebesteuerung. Diese konnten nur die vom 
Staate aufzugebenden Realsteuern sein, die 
aber in ihrer vom Staate veranlagten Form 
für die Gemeindebesteuerung wenigstens in 
einem großen Teil der Gemeinden wenig ge- 
eignet sind, deren Umgestaltung durch die 
Gemeinden daher vorzusehen war (vgl. die 
Artikel Gemeindegrundsteuer und 
Gemeindegewerbesteuer). Dies sind 
die wesentlichsten Ziele des mit dem G. 
wegen Aufhebung direkter Staatssteuern und 
dem ErgSt G. (s. Aufhebung direkter 
Staatssteuern und Ergänzungssteuer) 
vorgelegten, am 14. Juli 1893 verabschiedeten 
und am 1. April 1895 in Kraft getretenen 
KAG., zu dem unterm 10. Mai 1894 von dem 
Md J. und dem FM. eine AusfAnw. erlassen 
wurde (M Bl. 1896, 5) und am 30. Juli 1895 
hinsichtlich der Behandlung des Einkommens 
aus außerpreußischen Quellen und bezüglich der 
Kreishundesteuer eine Novelle erging (GS. 409). 
Durch 88§ 97—102 Hohenzoll GGem O. vom 2. Juli 
1900 (GS. 189) ist das KAG. mit einigen 
Modifikationen vom 1. April 1901 ab auch in 
den Hohenzoll. Landen eingeführt. 
II. Die Bestimmungen des KAG. 
A. Vorschriften zur Verminderung 
des direkten Steuerbedarfs (§88 1—19, 53). 
Die Gemeinden dürfen Steuern nur insoweit 
erheben, als ihre Ausgaben nicht in sonstigen 
Einnahmen, insbesondere aus Gemeindever- 
mögen, Dotationen, Gebühren und Beiträgen 
Dechung finden, was aber die Ansammlung 
von Fonds für bestimmte Zwecke (Schulbauten, 
Pflasterungen usw.) und von Betriebsfonds 
nicht ausschließt. Durch direkte Steuern darf 
nur der durch indirekte nicht gedeckte Teil des 
Steuerbedarfs gedecht werden (§ 2; AusfAnw. 
Art. 2). Es sind daher 1. durch die Ein- 
nahmen gewerblicher Unternehmungen 
der Gemeinden mindestens die gesamten Aus- 
aben hierfür einschließlich Verzinsung und 
Lilgung des Anlagekapitals zu decken, es sei 
denn, daß die Unternehmung zugleich einem 
anders nicht befriedigten öffentlichen Interesse 
dient (6 3; AusfAnw. Art. 3). 2. Benutzungs- 
gebühren müssen in gewissen Fällen, Ver- 
waltungsgebühren und Beiträge Bönnen er- 
hoben werden (§§ 4—12; AusfAnw. Art. 4—8; 
ogl. Gebühren, Beiträge für Ge- 
meindeveranstaltungen, ZKurtaxen). 
3. Zur Einführung indirekter Steuern 
besteht für die Gemeinden Gein Zwang. Auf
	        
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