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den für ihn in dieser Eigenschaft ernannten
Stellvertreter. Der kgl. Kommissarius ist
die Mittelsperson bei allen Verhandlungen
der Staatsbehörden mit dem Landtage und
befugt in Person oder durch abgeordnete
Vertreter den Sitzungen des K. sowohl wie
der Landeskommissionen beizuwohnen. Der
K. wählt einen Vorsitzenden und einen Stell-
vertreter aus seiner Mlitte; beide bedürfen der
Bestätigung des Königs. Er ist im allgemei-
nen berufen, über die Einführung, Abände-
rung oder Aufhebung von Gesetzen, welche die
Hohenzollernschen Lande ausschließlich betreffen,
sein Gutachten abzugeben und über die An-
gelegenheiten des Landeskommunalverbandes
nach näherer Vorschrift des Gesetzes sowie über
diesenigen Gegenstände zu beraten und zu be-
schließen, die ihm zu diesem Behufe durch Ge-
setz oder kgl. Verordnung überwiesen werden.
Im einzelnen sind seine Befugnisse in allen
wesentlichen Punkten die gleichen wie diesjeni-
gen der Provinziallandtage in den alten Pro-
vinzen (s. Provinziallandtage).
II. Nach § 1 Prov O. für Hessen-Aassau vom
8. Juni 1885 (GS. 247) bildet die Prov.
Hessen-Aassau zwar einen mit den Rechten
einer Korporation ausgestatteten Kommunal-=
verband zur Selbstverwaltung seiner Ange-
legenheiten. Innerhalb derselben sind jedoch
entsprechend der historischen Bergangenheit der
zu einer Provinz vereinigten Landesteile die
kommunalständischen Verbände in den Reg.=
Bez. Kassel und Wiesbaden, unter Einverlei-
bung des früheren Stadtkreises Frankfurt a. M.
in den Kkommunalständischen Verband des Reg.=
Bez. Wiesbaden, als besondere Kommunalver=
bände (Bezirksverbände) zur Selbstverwaltung
ihrer Angelegenheiten bestehen geblieben. Die
Bezirksverbände werden durch die Bezirks-
versammlungen (Kommunallandtage) vertreten.
Diese bestehen nach § 7 a. a. O. aus Abge-
ordneten der Land= und Stadtkreise der Re-
gierungsbezirke. Nach § 8 ebendas. werden
zu den Bezirksversammlungen für jeden Kreis
mit weniger als 20000 Einw. ein Abgeord-
neter, für seden Kreis mit 20000—40000 Einw.
zwei Abgeordnete, für jeden Kreis mit 40000
bis 60000 Einw. drei Abgeordnete gewählt.
Für jede weitere Zahlenreihe von 1—20000
inw. tritt ein Abgeordneter hin zu. Der Stadt-
kreis Frankfurt a. M. erhält diejenige Anzahl
von Abgeordneten, die sich nach dem Verhält-
nis seiner Bevölkerungsziffer zu der Gesamt-
ziffer der Bevölkerung der übrigen Kreise des
BReg.-Bez. Wiesbaden ergibt. Der K. wird vom
Könige alle drei Jahre wenigstens einmal be-
rufen, außerdem aber so oft es die Geschäfte
erfordern. Im übrigen gelten für die K. der
beiden Bezirksverbände im wesentlichen die-
selben Vorschriften, welche in den anderen Pro-
vinzen auf die Provinziallandtage Anwendung
finden (/. Provinziallandtage). Jedoch
sind die R. über Gesetzentwürfe nicht zu hören.
III. Wegen der K. der kommunalstän-
dischen Verbände (. d.
ommunalständische Verbände. In den
östl. Provinzen der preuß. MAlonarchie bestan-
den früher zum Teil besondere, von den Pro-
vinzialverbänden verschiedene k. V. Der 8§ 128
Kommunalständische Verbände — Kommunalverbände.
Prov O. vom 29. Juni 1875 hat die Verwal-
tung dieser Verbände, soweit sie die Fürsorge
für Landarme, Geisteskranke, Taubstumme,
Blinde und Idioten betrifft, auf die Provin=
zialvertretungen übertragen, die erforderliche
Regelung mangels eines Ubereinkommens
zwischen den beteiligten Vetretungen khgl. Ver-
ordnung vorbehalten und bestimmt, daß im
übrigen die Umbildung bzw. Aufhebung der
k. V. durch besondere Gesetze erfolge. Gemäß
dieser Vorschrift sind die G., betr. die Auf-
hebung der k. V. in der Prov. Pommern bzw.
des k. V. der Neumark, vom 18. bzw. 19. Joan.
1881 (GS. S. 7, 10), sowie das G. vom 22. Wai
1902, betr. die Aufhebung des k. V. der Kur-
mark (GS. 149), ergangen. Das letztere ent-
hält im § 2 und dessen Anlage besondere Be-
stimmungen über die Unterhaltung der Ritter-
akademie zu Brandenburg. Es bestehen hier-
nach in den östl. Provinzen zurzeit noch die
k. V. der Aiederlausitz (Prov. Brandenburg),
der Oberlausitz (Prov. Schlesien) und der Alt-
mark (Prov. Sachsen). Zum Ressort dieser
Verbände gehört im wesentlichen die Verwal-
tung von Spar= und Hilfskassen, von Kredit-
instituten, Krankenhäusern und einigen Stif-
tungen. Ihre Vertretung erfolgt durch die
Kommunallandtage. In der Prov. Hannover
hat die V. vom 22. Sept. 1867, betr. die Pro-
vinziallandschaften im Gebiete des vormaligen
Königr. Hannover (G#. 1635), die alten Pro-
vinziallandschaften unter der Benennung
„Landschaft“ für die Wahrnehmung kommu-
naler Angelegenheiten der Landschaftsbezirke
als besondere Korporationen unter Ausfsicht
der Staatsregierung bestehen lassen. Es ist
ihnen demgemäß das Recht zur Verwaltung
und Vertretung des landschaftlichen Vermö-
gens, landschaftlicher Stiftungen, Institute und
Anlagen, sowie die bisherige Befugnis ver-
blieben, den Landschaftsbezirt unter Geneh-
migung der Staatsregierung mit Beiträgen
und Leistungen für Landschaftszwecke zu be-
lasten. Es bestehen hiernach in Hannover
sieben Landschaften, nämlich: 1. für die Für-
stentümer Kalenberg, Göttingen und Gruben-
hagen; 2. für das Fürstentum Lüneburg; 3. für
die Grafschaften Hoya-Diepholz; 4. für das
Herzogtum Bremen und Verden; 5. für das
ürstentum Osnabrück; 6. für das Fürstentum
stfriesland; 7. für das Fürstentum Hildesheim.
ommunalverbände sind öffentliche Körper-
schaften, welche die Bewohner eines bestimmt
abgegrenzten Teils des Staatsgebietes um-
fassen (Gebietskörperschaften) und für ihr Ge-
biet sowohl die Wahrnehmung gewisser obrig-
keitlicher Angelegenheiten als auch die Wohl-
fahrtspflege in wirtschaftlicher, geistiger und
sittlicher Hiniicht in Form der Eelbstwerwal=
tung zur Aufgabe haben. Sie sind hin-
sichtlich ihres Bestandes und des Umfanges
ihrer Aufgaben, Rechte und Pflichten von der
Staatsgewalt abhängig, mögen sie auch nach
ihrer geschichtlichen Entstehung bisweilen älter
sein als der Staat. Der Kreis ihrer obrig-
keitlichen (politischen) Rechte und Pflichten ist
durch die staatliche Gelegebung bestimmt,
während auf dem Gebiete der Wohlfahrts-
pflege ihnen zwar die Verpflichtung zur Er-