Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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nicht zugelassene religions= oder konfes- 
sionslose Schule, in welcher das BReligions- 
bekenntnis der Kinder grundsätzlich unberück- 
sichtigt bleibt, und andererseits die Simultan- 
oder paritätische Schule, in welcher Lehrer 
verschiedenen Bekenntnisses, und zwar mit 
gleichem Rechte, nebeneinander tätig sind ((. 
die Denkschr. in U. ZBBl. 1878, Märzheft). Für 
die alleinige Zulässigkeit der paritätischen 
Schule nach den Grundsätzen des ALR. hat 
sich insbesondere Dr. Gneist ausgesprochen (Die 
konfessionelle Schule, 1869, und Die gesetzmäßige 
Volksschule im Berwaltungsarchiv Bd. 2 S. 1 ff.). 
Dagegen erklärt das O##. die konfessionelle 
und die paritätische Schule nach den Normen 
des AL R. für zulässig, weil die Schule zwar eine 
Staatsanstalt sei, weil aber doch der Religions- 
unterricht einen wesentlichen Teil der Lehr- 
gegenstände bilde; daher sei die k. S. die tat- 
sächlich regelmäßige Form, welche die paritä- 
tische nicht ausschließe (OVG. 28, 169). Die 
preuß. Verfassungsurkunde schreibt in 
Art. 24 vor: „Bei der Einrichtung der öffent- 
lichen Bolksschule sind die konfessionellen Ver- 
hältnisse möglichst zu berüchsichtigen.“ Dieser 
Artikel ist zur Zeit suspendiert. Gewisse Ga- 
rantien für die konfessionelle Schuleinrichtung 
gibt das Regl. vom 18. Mlai 1801 für die 
niedern kath. Schulen in den Städten und 
auf dem platten Lande von Schlesien und 
der Grasschaft Glatz, die allgemeine Schul- 
ordnung für die Herzogtümer Schleswig 
und Holstein vom 24. Aug. 1814 und das 
hannöversche G., betr. das christliche Volks- 
schulwesen, vom 26. Mai 1845, während an- 
dererseits für das ehemalige Herzogtum Aassau 
die Simultanschule durch das Edikt vom 24. März 
1817 gesetzlich eingeführt ist (s. E. v. Bremen, 
Die preuß. Volksschule, 1905, S. 639). Auch 
die höheren Schulen sind nach der in der 
Verwaltungspraxis geltenden Anschauung ent- 
weder evangelische oder katholische oder pari- 
tätische (Wiese, Gesetze und Verordnungen 
Bd. 1 S. 20). Der konfessionelle Charakter 
der Anstalten als bindende Norm für die An- 
stellung der Lehrer wird auch noch neuerdings 
anerkannt, z. B. in dem Erl. vom 7. Aug. 
1892 (1. 3BBl. 813; s. Gymnasiallehrer [Vor- 
bildung; amtliche Stellung] U. 2). Tat- 
sächlich hat sich das Volksschulwesen — 
abgesehen von dem ehemaligen Herzogtum 
Nassau und abgesehen von den Provinzen 
Posen und Westpreußen, in denen nationale 
Rüchsichten die Simultanschule förderten — fast 
überall auf konfessioneller Grundlage ent- 
wickelt: Nach der Statistik gab es 1901 
36756 Volksschulen mit 5670 870 Schulkindern; 
davon waren paritätisch eingerichtet 803 mit 
284575 Schulkindern (s. E. v. Bremen a. a. O. 
S. 32). Verhältnismäßig mehr Simultanschulen 
gibt es unter den mittleren und höheren Lehr- 
anstalten. Aiemandem aber darf jedenfalls 
nach A#LR. II. 12 § 10 wegen Verschiedenheit 
des Glaubensbekenntnisses der Zutritt zu den 
öffentlichen Schulen versagt werden. hberal 
ist auch, wo in der konfessionellen Schule 
eine genügende Anzahl von Kindern der 
andern Konfession vorhanden ist, für den 
Religionsunterricht der letzteren Sorge zu 
  
Konfirmation — Konflikte und Konfliktserhebung. 
tragen, und zwar bei öffentlichen Volksschulen in 
der Regel schon, wenn zwölf Kinder der andern 
Konfession vorhanden sind (AU#Z Bl. 1887, 25; 1890 
S. 68, 730; 1903, 222). Dieselbe Norm gilt im all- 
gemeinen auch für die mittleren Schulen. Das 
neue Gesetz über die Unterhaltung der öffent- 
lichen Bolksschulen (s. Schulunterhaltung) 
legt für die öffentlichen Volksschulen das be- 
stehende Verhältnis bei der Anstellung ev. 
und Rath. Lehrkräfte mit gewissen Maßgaben 
dauernd fest. Aeue Volksschulen sind, wo 
nicht eine simultane Schulverfassung bisher be- 
steht, so ein zurichten, daß der Unterricht ev. 
und kath. Kindern durch Lehrer ihres Be- 
kenntnisses erteilt wird. Aus besonderen 
Gründen können Schulen mit Lehrkräften 
verschiedenen Bekenntnisses errichtet werden, 
auch wo solche bisher nicht bestehen. Uber- 
steigt aber in ihnen die Zahl der ev. oder 
kath. Schulkinder eine gewisse Höhe (60 auf 
dem Lande, 120 in den Städten), so ist auf 
Verlangen ihre besondere Beschulung herbeizu- 
führen. Für den Religionsunterricht der kon- 
fessionellen Müinorität ist wie oben angegeben 
zu sorgen; auch kann, wo die Beschaffung 
dieses Unterrichts schwierig ist, ein Lehrer von 
dem Bekenntnis der Minorität angestellt wer- 
den, der auch mit anderweitem Unterricht zu 
betrauen ist. Ubersteigt die Zahl der ev. oder 
kath. Schulkinder in Schulverbänden, die nur 
Schulen mit Rhath. oder nur mit ev. Lehr- 
kräften haben, eine E Höhe (60 auf dem 
Lande, 120 in den Städten), so ist auf Ver- 
langen für ihre besondere Beschulung Sorge 
zu tragen. 
Konfirmation ist nach ev. Kirchenordnung 
die Aufnahme in die kirchliche Gemeinschaft; 
sie ist eine Ablegung des Bekenntnisses und 
eine fürbittende Segnung. Voraussetzung ist 
die Taufe und der Konfirmandenunter- 
richt, der von dem schulplanmäßigen Reli- 
gionsunterricht geschieden ist, nennglaich er 
häufig in den Schullokalen erteilt wird (U3 
Bl. 1876, 120; 1889, 469). Die Einführung 
neuer Katechismuserklärungen und Religions- 
lehrbücher bedarf in den östlichen Provinzen 
und ähnlich in den übrigen Provinzen der Zu. 
stimmung der Provinzialsynode, bzw. der gleich- 
artigen Synoden (s. Kch. § 65 Ziff. 3 unter 
Provinzialsynoden IV). Wegen der Zu- 
ständigkeit des Pfarrers s. Pfarrzwang. 
Das Konfirmationsalter ist in der Regel 
das vollendete 14. Lebensjahr (s. z. B. Rhein- 
WestfkKirchO. vom 5. März 1835 § 107), ver- 
einzelt auch ein höheres (s. Chalybäus, Schles- 
wig-Holsteinsche Sammlung, 1902, S. 620 ff.). 
Dispensationen sind zulässig (s. u. a. für 
die ev.-luth. Kirche in Hannob#er. Lohmann, 
Kirchengesetze Bd. 1 S. 199 und Kirch b vom 
5. April 1895 — GS. 148). Die Verpflichtung 
der Eltern, die K. ihrer Kinder herbeizuführen, 
ist eine kirchliche Rechtspflicht (. Kirchen- 
zucht I). 
Konfiskation s. Einziehung. 
Konflihte und Konfliktserhebung. I. Wäh- 
rend bei einem Kompentenzkonflikt (s. d.) dar- 
über entschieden wird, welche von mehreren 
Behörden für eine Angelegenheit zuständig ist, 
namentlich ob dafür der ordentliche Rechtsweg
	        
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