Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Konkurs. 
stattung angemessener barer Auslagen und 
auf Vergütung für seine Geschäftsführung. 
Beides wird durch das Konkursgericht fest- 
gesetzt. Die Landesjustizuerwaltung kann für 
die Vergütung allgemeine Anordnung treffen 
(80. 8 85). In Preußen ist eine solche An- 
ordnung jedoch nicht getroffen. Den An- 
spruch der Gläubiger auf die dem Gesetz 
entsprechende Verwendung der Konkursmasse 
hat jeder der Gläubiger sowie auch jeder 
Dritte anzuerkennen. N;iemand kann, nach- 
dem er die Einstellung der Zahlungen seitens 
des Schuldners auch schon vor der formellen 
Eröffnung des K. erfahren hat, unter Ver- 
letzung jenes Anspruchs besondere Rechte an 
dem Vermögen des Gemeinschuldners erwer- 
ben. Rechtshandlungen, welche hiergegen ver- 
stoßen, sind anfechtbar, Können auch nicht eine 
Aufrechnung begründen. Konkursgläubiger 
Rkönnen nur solche Gläubiger sein, welche zur 
Zeit der Konkurseröffnung einen in bestimm- 
ten Geldbeträgen geltend zu machenden Ver- 
mögensanspruch haben. Rechte, die schon vor- 
her auf einzelne in der Konkursmasse befind- 
liche Gegenstände erworben waren, führen zu 
deren Aussonderung als nicht dem Gemein- 
schuldner gehörig oder zur Absonderung behufs 
besonderer Befriedigung der Pfandgläubiger 
und gewisser, den Pfandgläubigern gleichge- 
stellter Rechtssubjennte und werden vom 
nicht berührt. Die Aus= und Absonderungs- 
berechtigten Kkönnen ihre Rechte unabhängig vom 
Konkursverfahren und außerhalb desselben ver- 
folgen. Die Absonderungsberechtigten müssen 
sich jedoch die Verwertung der betreffenden 
Gegenstände gefallen lassen. Aus der Konkurs- 
masse sind vor den Konkursgläubigern noch 
die sog. Massegläubiger zu befriedigen. Die 
Masseansprüche sind bestimmt begrenzt. Es wer- 
den dabei Massekosten (gerichtliche Kosten des 
Verfahrens usw.) und Masseschulden (Ansprüche 
aus Geschäften oder Handlungen des Konkurs- 
verwalters usw.) unterschieden. 
III. Konkursgericht ist das Amtsgericht, 
bei dem der Gemeinschuldner seine gewerbliche 
-;iederlassung oder in Ermangelung einer 
solchen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 
Die Eröffnung des RKonkursverfahrens setzt 
einen Antrag des Gemeinschuldners (sog. frei- 
williger &.) oder den eines oder mehrerer 
Gläubiger, bei Versicherungsgesellschaften auf 
Aktien und Versicherungsvereinen auf Gegen- 
seitigkeit den der Aufssichtsbehörde — Kaiserl. 
Aufsichtsamt für Privatversicherung — (G. über 
die privaten Versicherungsunternehmen vom 
12. Mai 1901 — Rl. 139 — 8§ 68) und 
ferner voraus, daß der Schuldner seinen 
fälligen Vermögensverbindlichkeiten nicht ge- 
nügen Rann, „zahlungsunfähig“ ist, nament- 
lich seine Zahlungen eingestellt hat. Objek- 
tive Vermögensunzulänglichkeit braucht nicht 
vorhanden zu sein. itunter (bei Aktien- 
gesellschaften usw.) genügt Tberschuldung, d. h. 
eine Vermögenslage mit lberwiegen der Pas- 
siva. Die Konkurseröffnung wird durch 
einen Beschluß ausgesprochen. Gleichzeitig 
ernennt das Gericht den Konkursverwalter, 
der dann mit dem GEläubigerausschuß und 
der Gläubigerversammlung grundsätzlich allein 
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die Konhursmasse zu verwalten und zu 
verteilen hat. Dem Gericht ist jedoch da- 
neben noch eine immerhin nicht unerhebliche 
Mitwirkung eingeräumt. Behufs Feststellung 
der Forderungen werden durch öffentliche Be- 
kanntmachung eine Frist zur Anmeldung beim 
Gericht und ein gerichtlicher allgemeiner Prü- 
fungstermin bestimmt. Die angemeldeten For- 
derungen werden in die sog. Konkurstabelle 
eingetragen. Eine Forderung, welcher weder 
der Verwalter noch ein Gläubiger widerspricht, 
ist „festgestellt“" und damit stimmberechtigt und 
zur Teilnahme an Verteilungen berechtigt. 
Ein erhobener Widerspruch ist durch besonderen 
Zivilprozeß unter den Beteiligten zu beseiti- 
gen. Micht rechtzeitig angemeldete Forderungen 
sind nicht vollständig ausgeschlossen, sondern 
dürfen noch nachträglich angemeldet werden, 
können jedoch die bei früheren Verteilungen 
bestimmten Prozente nur aus der Restmasse, 
soweit sie reicht, erhalten. Verteilungen sollen 
nach dem allgemeinen Prüfungstermine be- 
wirkt werden, so oft genügende Masse vor- 
handen ist. Außer durch Ausschüttung der 
Masse und durch Einstellung bei Zustimmung 
aller Konkursgläubiger, welche Forderungen 
angemeldet haben, und beim Mangel einer 
den Kosten des Verfahrens entsprechenden 
Masse kann das Verfahren noch durch Zwangs- 
K. wergleich (Akkord) beendet werden. Dieser ist 
zulässig, sobald der allgemeine Prüfungstermin 
abgehalten und solange nicht die Vornahme 
der Schlußverteilung genehmigt worden ist. 
Einem von dem Gemeinschuldner für die nicht 
bevorrechtigten Gläubiger vorgeschlagenen Ver- 
gleiche muß sich die Minderheit unterwerfen, 
wenn nach Zusammenberufung der Gläubiger 
zum Vergleichstermine die Mehrheit der er- 
schienenen Gläubiger für mindestens drei Vier- 
teile der Gesamtsumme der stimmberechtigten 
Forderungen dem Vergleiche zustimmt und das 
onkursgericht ihn bestätigt. Unter bestimm- 
ten Voraussetzungen muß das Gericht von 
Amts wegen oder auf Antrag den Vergleich 
verwerfen oder den Antrag darauf zurüch- 
weisen. Das Konkursverfahren gehört, wenn 
schon es in seiner Gesamtheit kein Zivilprozeß 
ist, doch zur ordentlichen streitigen, nicht zur 
freiwilligen Gerichtsbarkeit. 
IV. Aeben den allgemeinen Bestimmungen 
der KO. gelten noch mehrfach besondere Vor- 
schriften, welche teils den Einfluß eines K. auf 
gewisse Verhältnisse betreffen, teils das materi- 
elle oder formelle Konkhursrecht berühren. So 
ruhen während der Dauer eines K. die Wahl- 
berechtigung zum Kreistage sowie die Wähl- 
barkeit zum Wahlmann und zum Abgeord- 
neten für den Kreistag (KrO. §§ 96, 106; der 
Wahlberechtigte ist aber durch den K. nur von 
der persönlichen Teilnahme an der Wahl aus- 
geschlossen, dagegen nicht verhindert, sein Wahl- 
recht durch einen Stellvertreter auszuüben, 
Pr BBl. 18, 435), sowie die Wählbarkeit zum 
Provinziallandtage (ProvO. 8§ 18). Wenn ein 
Bürger in K. verfällt, so ruht sein Bürger- 
recht bis zur Beendigung des Verfahrens; die 
Befähigung, es wieder zu erlangen, kann ihm. 
wenn er die Befriedigung seiner Gläubiger 
  
nachweist, von den Stadtbehörden verliehen
	        
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