Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Krankenversicherung. 
rung des KVG., vom 30. Juni 1900 (RGBl. 
332), das die K. der Hausgewerbetreibenden 
fördern wollte, erwies sich als nicht ausführ- 
bar. Die letzte Anderung erfolgte durch das 
G. vom 25. Mai 1903 (Röl. 233), das im 
wesentlichen die gesetzliche Unterstützungsdauer 
von 13 auf 26 Wochen verlängerte. Für die 
K. der land= und forstwirtschaftlichen Arbeiter 
sind besondere Vorschriften im G., betr. die 
Unfall= und Krankenversicherung der in land- 
und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten 
Arbeiter, vom 5. Mai 1886 Abschn. B (Re. 
132) vorgesehen, das durch das V. vom 
10. April 1892 und das G. vom 25. Mai 1903 
gleichfalls geändert wurde. 
II. Versicherungszwang, Versiche- 
rungsrecht. Der Versicherungszwang besteht 
entweder kraft Gesetzes oder kann durch statu- 
tarische Anordnung einer Gemeinde oder eines 
weiteren Kommunalverbandes oder (bei Haus- 
gewerbetreibenden) durch Beschluß des BR. oder 
durch Anordnung des Rkl.oder der Landeszentral-= 
behörde eingeführt werden (s. Versicherungs- 
pflichtD. Uber das Versicherungsrechts. Selbst- 
versicherung, Weiterversicherung. 
III. Leistungen der K. Aufgabe der K. 
ist die Gewährung von nterstützung in Fällen 
der Krankheit und der durch Krankheit her- 
beigeführten Erwerbsunfähigkeit (s. d.). Krank- 
heit ist jede anormale Störung des Gesund- 
heitszustandes, welche ärztliche Behandlung, 
Arznei oder Heilmittel erfordert; ob der Ver- 
sicherte ärztliche Behandlung für notwendig 
hält oder beansprucht, ist dabei gleichgültig 
(Sten Ber. z. Nov. vom 10. April 1892 S. 4765 
und O. 18, 355; 24, 327; 27, 345). Es ist 
nicht erforderlich, daß die Krankheit den zur 
Unterstützung berufenen Organen erkennbar 
geworden ist OVG. vom 7. Jan. 1892 — PrVBl. 
13, 258). Altersschwäche und normal verlau- 
fendes Wochenbett sind keine Krankheiten. Auf 
die Heilbarkeit der Krankheit kommt es nicht 
an (OVG.27, 362), ebensowenig auf ihre Ursache. 
Hinsichtlich der Höhe der Leistungen wird zwi- 
schen den gesetzlichen Mindestleistungen und den 
statutarischen Mehrleistungen unterschieden. Die 
ersteren zerfallen in die eigentlichen gesetzlichen 
Mindestleistungen, das sind die Mindestleistun- 
gen der Gemeindekrankenversicherung ((. d.), 
und die gesetzlichen Mindestleistungen der Kran- 
kenkassen (s. Ortskrankenkassen). Die sta- 
tutarischen Mehrleistungen werden bei der Ge- 
meindekrankenversicherung durch Beschlüsse der 
Gemeinden oder weiteren Kommunalverbände 
(s. d.), für deren Bezirk die Gemeindekranken- 
versicherung eingerichtet ist, herbeigeführt. Bei 
den Krankenkassen geschieht dies durch Statut 
(s. Krankenkassen). Gemeindekrankenver- 
sicherungen sind in der Festsetzung ihrer Mehrlei- 
stungen an bestimmte Arten nicht gebunden (ogl. 
##ch. § 10), wogegen bei Krankenkassen Mehr- 
leistungen nur im Rahmen des § 21 a. a. O. 
zulässig sind (KVG. 8 21 Abs. 2; Erl. vom 
24. Okt. 1884 — Arbeiterversorgung 1, 386 und 
OVS. vom 9. Okt. 1893 — Arbeiterversorgung 
11, 130). Die Gewährung statutarischer Akehr- 
leistungen darf nicht von dem Ermessen der 
Verwaltung der Gemeindekrankenversicherung 
oder des Vorstands der Krankenkasse ab- 
  
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hängig gemacht werden (O#. 14 S. 343, 348). 
Dagegen ist es zulässig, die Mehrleistungen 
im Statute zeitlich oder durch eine gleich dem 
Zeitablaufe wirkende Resolutivbedingung, deren 
Eintritt nicht vom Willen des Vorstandes ab- 
hängt, zu beschränken (OV. 24, 337). S. auch 
arenzzeit. Unterstützungsansprüche ver- 
jähren in zwei Jahren vom Tage der Ent- 
stehung ab ##lr. § 56 Abs. 1). Streitigkeiten. 
zwischen Gemeindekrankenversicherungen und 
Krankenkassen (s. d.) einerseits und den Ver- 
sicherten andererseits über Unterstützungsan- 
sprüche entscheidet die Aussichtsbehörde, deren 
Entscheidung binnen vier Wochen nach der Zu- 
stellung durch Klage im ordentlichen Bechts- 
weg angefochten werden kann (KVE. 8s 58 
Abs. 1). Wegen Pfändung usw. der Unter- 
stützungsansprüche s. Abtretung usw. von An- 
sprüchen aus der Arbeiterversicherung. 
IV. Träger der K., Verhältnis zuein- 
ander. Träger der K. sind die Gemeinde- 
krankenversicherung (s. d.), die Krankenkassen 
(s. d.), die Knappschaftskassen (s. Knappschafts- 
vereine) sowie die eingeschriebenen oder auf 
Grund landesrechtlicher Vorschrift errichteten 
Hilfskassen (s. d.). Die Gemeindekrankenversiche- 
rung ist die subsidiäre Einrichtung, der alle Ver- 
sicherten angehören müssen, welche nicht einer 
Krankenkasse, Knappschaftskasse oder Hilfskasse 
angehören. Eine neu errichtete Krankenkasse ist 
nicht Rechtsnachfolgerin der Gemeindekranken- 
versicherung, es gehen daher auch nicht die 
Verbindlichkeiten dieser auf sie über, wohl aber 
die schwebenden Unterstützungsansprüche (OV9. 
39, 342). Ebenso sind die Gemeindekranken- 
versicherung und Krankenkassen nicht Rechts- 
nachfolgerinnen einer geschlossenen oder auf- 
gelösten Krankenkasse, doch gehen die schwe- 
benden Unterstützungsansprüche, soweit die 
Befriedigung aus dem Vermögen dieser Kassen 
nicht möglich ist, auf die Gemeindekranken- 
versicherung. und Krankenkassen über (O#. 
33, 386). Bei Errichtung einer Krankenkasse 
scheiden die Mitglieder dieser Kasse sofort aus 
der Gemeindekrankenversicherung aus (O#. 
27, 352), eine Vermögensteilung findet nicht 
statt. Andererseits ist gegenüber einer bestehen- 
den Ortskrankenkasse die Gründung einer 
neuen Ortskrankenkasse nur angängig, wenn 
die dieser angehörenden Mitglieder aus der 
alten Kasse vorschriftsmäßig ausgeschieden sind; 
dabei findet eine Vermögensteilung statt. Bei 
Gründung einer Betriebs-, Bau-, Innungs- 
krankenkasse scheiden die Personen ohne wei- 
teres aus der Ortskrankenkasse aus, eine Ver- 
mögensteilung ist aber unzulässig. Ortskran- 
kenkassen und Gemeindekrankenversicherungen 
sind auf Erfordern verpflichtet, den in ihrem 
Bezirke wohnenden erkrankten Mitgliedern 
einer anderen Gemeindekrankenversicherung 
oder Orts-, Betriebs-, Bau-, Innungs= oder 
Knappschaftskrankenkasse gegen Erstattung der 
vollen Kosten diesenige Krankenunterstützung 
zu gewähren, die die Mitglieder von ihrer Rasse 
beanspruchen können (KV6. 8§ 57a Abf. 1). 
Das Ersuchen kann nur auf Ubernahme der 
ganzen Krankenpflege gerichtet sein (Erl. vom 
2. April 1901 — SM Bl. 34), doch sind die 
Kassen berechtigt, Krankenhauspflege auszu-
	        
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