Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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schlietzen (OVG. 44, 378). Die ersuchte Ge— 
meindekrankenversicherung oder Ortskranken— 
kasse kann, solange ein gegenteiliger Wille 
der ersuchenden Kasse nicht ausdrücklich be- 
kannt gegeben ist, Krankenhauspflege gewäh- 
ren und hierfür die vollen Kosten erstattet 
verlangen (OV. 23, 305; 33, 395). Die 
Verpflichtung zur Gewährung der Kranken- 
unterstützung auf Ersuchen besteht nur gegen- 
über Mitgliedern, die im Bezirke der Ge- 
meindekrankenversicherung oder Ortskranken- 
kasse wohnen. Unter Wohnen ist nicht nur 
der juristische Wohnsitz, sondern auch das tat- 
sächliche Wohnen, der ständige Aufenthalt im 
Gegensatze zu dem vorübergehenden zu ver- 
stehen. Auch wenn der Versicherte einen mehr- 
fachen Wohnort hat, besteht die Aushilfspflicht. 
A;icht notwendig ist, daß der Versicherte erst 
an seinem außerhalb des Kassenbezirks be- 
legenen Wohnort erkrankt, dabei ist unter 
Erkranken dasselbe wie unter Krankheit ((. 
u. II) zu verstehen (O##. 43 S. 330, 335). 
Ohne Antrag müssen die Gemeindekranken- 
versicherungen und Ortskrankenkassen den 
Versicherten, die innerhalb ihres Bezirkes er- 
Kranken, die Krankenunterstützung gewähren, 
die diese von ihrer Kasse beanspruchen können 
und zwar solange die Uberführung an ihren 
Wohnort nicht erfolgen kann (KVW. 57a 
Abs. 2). Die Verpflichtung zur Gewährung 
der Unterstützungen beginnt erst mit dem Zeit- 
punkte, wo das Ersuchen der Kasse oder der 
Antrag des Unterstützungsbedürftigen selbst 
oder der mit seiner Fürsorge betrauten Per- 
sonen eingeht oder an dem die KRasse sonst 
ihrer geseglichen Pflicht nachzukommen be- 
gründeten Anlaß hatte, nicht auch für die rück- 
liegende Zeit bis zum Tage der Erkrankung 
(OVS. 35, 368; 40, 349). Die Verpflichtung 
ur Erstattung der Kosten besteht in beiden 
Fälten auch dann, wenn k-ein Krankengeld 
gezahlt wurde oder ein Anspruch darauf 
nicht bestand (OV. vom 6. Okt. 1900 — 
Pr VBl. 22, 315). Aur die Aufwendungen 
für die Verpflegung, nicht auch die all- 
gemeinen Verwaltungskosten dürfen erstat- 
tet verlangt werden (O#. 26, 318). Eine 
Verpflichtung zur Erstattung von Kosten, die 
dadurch entstanden sind, daß die Erkrankten 
sich selbst die Krankenunterstützung beschafft 
haben, besteht nicht für die ersuchte Kasse. Hat 
sie die Kosten trotzdem bezahlt, so Rann sie 
diese aus dem Gesichtspunkte der Bereicherung 
von der ersuchenden Kasse erstattet verlangen 
(OV6#. vom 13. Okt. 1904 — Arbeiterversor- 
gung 22, 63). Stellt sich nachträglich heraus, 
daß der Unterstützte Mitglied der ersuchten 
Kasse ist, so kann diese auch nicht den Mehr- 
betrag von der ersuchenden Kasse fordern, den 
sie nach Mahgabe des Statuts dieser Kasse 
gezahlt hat (OVe. vom 4. Dez. 1902 — Pr Bl. 
24, 457). Die irrtümliche Annahme, daß der 
Unterstützte Mitglied der unterstützenden Rasse 
sei, schließt den Erstattungsanspruch nicht aus 
(OVG. vom 1. Febr. 1897 — Pr VWBl. 18, 409). 
Für die Gewährung freier ärztlicher Hilfe, von 
Arznei= und Heilmitteln kann die unterstützende 
Aasse, sofern nicht höhere Aufwendungen nach- 
gewiesen werden, stets die Hälfte des statuta- 
meindekrankenversicherung ode 
  
  
Krankenversicherung. 
rischen Frankengeldes des Unterstützten als 
Ersatz fordern. Krankenhauskosten müssen voll 
erstattet werden. Der Pauschalsatz ist auch 
dann zu erstatten, wenn der Erkrankte kein 
Krankengeld beanspruchen konnte, z. B. wegen 
Teilnahme an Schlägereien. Auch für Sonn- 
und Festtage und für solche Tage, an denen 
tatsächlich eine Behandlung des Erkrankten 
nicht stattgefunden hat, ist das Pauschquantum 
in Ansatz zu bringen, sofern sie nur in die 
Zeit fallen, wo der Erkrankte in ärztlicher 
Behandlung gestanden hat (OVG. vom 12. Juni 
1897 — Pr —Kl. 19, 8 — und vom 12. Mai 
1902 — Arbeiterversorgung 19, 641 — und 
vom 5. Nov. 1903 — Arbeiterversorgung 21, 
131). Liegt ein Unfall vor, so muß das nach 
GUV#. 8 12 erhöhte Krankengeld zugrunde 
elegt werden (OV. vom 14. Febr. 1900 — 
Prüu##n. 21, 328). Die unterstützende Kasse hat 
die Forderung bei der ersuchenden Kasse ab- 
zuholen oder sich die Ubersendung auf ihre 
osten gefallen zu lassen (OV. vom 5. Aov. 
1903 — Arbeiterversorgung 21, 131). Streitig- 
keiten über Unterstützungsansprüche des nicht 
transportfähigen Erkrankten gegen die Ge- 
Bza Ortskranken- 
kasse, in deren Bezirk er sich aufhält, werden 
durch die Aufsichtsbehörde entschieden, gegen 
deren Entscheidung. binnen vier Wochen nach 
der Zustellung die Rlage im ordentlichen Rechts- 
wege zugelassen ist (& VG. § 58 Abs. 1). Strei- 
tigkeiten über Erstattungsansprüche entscheidet 
der BezA., gegen dessen Entscheidung nur das 
Rechtsmittel der Revision zugelassen ist (&V0. 
58 Abs. 2; Allerh V. vom 9. Aug. 1892 — GCS. 
239 — § 1). Die Erstattung von Zinsen und An- 
waltsgebühren infolge einer Verzögerung des 
Ersatzes Kkann im Verwaltungsstreitverfahren 
nicht geltend gemacht werden (O###. 40, 349). 
Hat eine Gemeindekrankenversicherung oder 
Krankenkasse Aushilfe in Fällen, wo sie zu 
einer solchen nicht verpflichtet ist, geleistet, 
so kann sie Ersatz ihrer Auslagen nur aus 
dem Gesichtspunkte der Bereicherung wegen 
irrtümlich geleisteter Unterstützung (KV. § 58 
Abs. 2) verlangen (O###. 43 S. 330, 335). 
tber diese Streitigkeiten entscheidet gleichfalls. 
der BezA. nach Allerh B. vom 9. Aug. 1892 
§ 1 (s. auch O. 42, 33). Soweit Anapp- 
schaftskassen beteiligt sind, ist nur Klage im 
ordentlichen Rechtewege zulässig (O#. vom 
7. Nov. 1901 — Pr VBl. 23, 313). Dagegen 
stehen die als Träger der K. anerkannten 
Hilfskassen (s. d. IV) den Krankenkassen gleich 
V. 8§ 76). Die Klage ist eine Klage aus 
nützlicher Verwendung. Die Bereicherung be- 
steht in der Ersparung der Ausgaben, die die 
Kasse gemacht haben würde, wenn sie den Ver- 
sicherten in seiner Krankheit unterstützt haben 
würde (OB. 27, 374). Sie ist immer zulässig, 
wo eine Kasse die einer anderen obliegenden. 
Unterstützungen tatsächlich geleistet hat und 
das Vermögen der letzteren ungerechtfertigter- 
weise aus dem Vermögen der ersteren berei- 
chert ist (OVG. 27, 383; 29 S. 326, 331; 35, 
368; 40, 355; 44, 367; Erl. vom 16. Okt. 1897 
— Pil. 19, 362). Eine irrtümlich geleistete 
Unterstützung im Sinne des § 58 Abs. 2 liegt 
auch dann vor, wenn die Kasse ein Kassenmit-
	        
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