Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Mindestzölle — Mineralien 
rungsanstalt gebracht werden soll, und er ist 
dann in einer solchen Anstalt so lange zu be- 
halten, als die der (Anstalt vorgesetzte Verwal- 
tungsbehörde es für erforderlich erachtet, jedoch 
nicht über das vollendete 20. Lebensjahr hinaus 
(StGB. 8 56). Dem Strafrichter steht nur die 
Entscheidung über die Alternative zu, ob der 
Angeklagte seiner Familie zu überweisen oder 
in eine Erziehungs= oder Besserungsanstalt zu 
bringen sei; welche von den beiden Anstalten 
zu wählen ist, bestimmt die Verwaltungsbehörde. 
Die Vorschriften des Fürsorgeerziehungsgesetzes 
vom 2. Juli 1900 finden auf diese Zwangs- 
erziehung keine Anwendung (Rt. 38, 46). 
Wegen der durch sie entstehenden Kosten ist 
nichts Besonderes vorgeschrieben; sie fallen daher 
dem M. selbst oder dem zu dessen Unterhalt 
Verpflichteten, gegebenenfalls dem Armenver- 
bande zur Last. Beim Vorhandensein der Ein- 
sicht, deren ausdrückliche Feststellung im Urteile 
Voraussetzung für die Verurteilung ist, treten 
teils geringere Strafarten, teils geringere Straf- 
maße als sonst gewöhnlich ein (s. Jugend- 
liche Verbrecher). Wegen der hierbei 
möglichen Haftung anderer s. Eltern. Eine 
polizeiliche Strafverfügung ist auch gegen Be- 
schuldigte im Alter von 12—18 Jahren zulässig 
(Pol StrafvG. § 1 Abs. 1), desgleichen ein 
amtsrichterlicher Strafbefehl (R St. 24, 411) 
und ein Strafbescheid der Verwaltungsbehörde 
nach §§ 459 ff. StpsO. Am 31. März 1909 
waren 475 auf Grund des § 56 StG#B. der 
Zwangserziehung überwiesene Jugendliche vor- 
handen, darunter 97 Mädchen; in staatlichen 
Erziehungsanstalten waren 179 untergebracht 
(vgl. Erziehungsanstalten III). 
IV. Auch auf anderen Rechtsgebie- 
ten hat die Minderjährigkeit Bedeutung. So 
sind Personen, die zur Zeit der Vernehmung 
das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 
als Zeugen unbeeidigt zu vernehmen (ZPO. 
§ 393 Ziff. 1; St PO. § 56 Ziff. 1), kann ihnen 
der Eid nicht zugeschoben oder zurückgeschoben 
werden, ist der Urkundeneid nicht von ihnen 
zu leisten (Z PO. §8 473, 426 Abs. 3) und können 
M. als Schiedsrichter abgelehnt werden (3P. 
§ 1032 Abs. 3). Ferner sollen M. nicht als 
Zeugen bei der Eheschließung zugezogen werden 
(Bö. #J 1318). Zum Erwerb und Verlust 
des Unterstützungswohnsitzes ist ein Alter von 
16 Jahren erforderlich (§§ 10, 22 UW.). 
Über die Vertretung M. in der Ausübung des 
Stimmrechts, zu welchem der Grundbesitz be- 
fähigt, bestimmt LGO. vom 3. Juli 1891 § 46. 
Wegen der Entlassung M. aus dem Unter- 
tanenverbande s. Bescheid vom 27. Febr. 1896 
(Ml. 73) und wegen des Vorgehens gegen 
liederliche weibliche M. s. Vf. vom 11. Sept. 
1902 (Ml. 165). Hinsichtlich des Gebiets der 
sozialpolitischen Versicherung, einschließlich des 
Festsetzungs-, Erstattungs= und Streitverfahrens 
wird im allgemeinen angenommen, daß die M. 
ebenfalls der Vertretung durch ihren gesetz- 
lichen Vertreter insoweit bedürfen, als sie nach 
dem bürgerlichen Rechte und dem Zivilprozeß- 
recht nicht handlungs= und prozeßfähig sind; 
jedoch ist manches hierbei streitig und zweifelhaft. 
Wegen der Anwendbarkeit der Grundsätze des 
B., betreffend die Geschäftsfähigkeit des 
  
  
  
  
  
149 
M. (8§8§ 107 ff. BoB.) auf dem Ge- 
biete der Arbeiterversicherung, s. Arbeiterver- 
sorgung 26, 707. Wird nach dem Tode eines 
Innungsmitgliedes dessen Gewerbe für Rech- 
nung minderjähriger Erben fortgesetzt, so gehen 
die Befugnisse und Obliegenheiten des Ver- 
storbenen mit Ausnahme des Stimmrechts auf 
die minderjährigen Erben während der Dauer 
der Minderjährigkeit über (GewO. § 87 a). 
Auch steht in derartigen Handwerksbetrieben bis 
zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des 
Lehrherrn Personen die Ausbildung von Lehr- 
lingen zu, welche eine Meisterprüfung nicht 
bestanden, sofern sie entweder die vorgeschrie- 
bene Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellen- 
prüfung bestanden haben oder fünf Jahre das 
Handwerk persönlich selbständig ausgeübt oder 
während einer gleich langen Zeit als Werk- 
meister oder in ähnlicher Stellung tätig ge- 
wesen sind (Gew O. § 129 Abs. 2). Ferner können 
M. in dem Wandergewerbescheine Beschränkun- 
gen auferlegt werden (GewO. 8§ 60b), darf ein 
Gewerbe für Rechnung minderjähriger Erben 
durch einen Stellvertreter betrieben werden 
(GewO. § 45) und bestehen besondere Bestim- 
mungen über die minderjährigen gewerblichen 
Arbeiter. Insbesondere dürfen sich Gewerbe- 
treibende, denen die bürgerlichen Ehrenrechte 
aberkannt sind, solange ihnen diese Rechte ent- 
zogen bleiben, mit der Beaufsichtigung und 
Unterweisung von Arbeitern unter 18 Jahren 
nicht befassen (GewO. § 106) — die Entlassung 
der diesem Verbote zuwider beschäftigten Ar- 
beiter kann polizeilich erzwungen werden (GewO. 
§s 144 a) — und M. als Arbeiter nur beschäftigt 
werden, wenn sie mit einem Arbeitsbuche 
(s. d.) versehen sind. Durch ortsstatutarische 
Bestimmung kann die Lohnzahlung geregelt 
werden (s. Lohn II). Arbeitern unter 18 Jahren 
ist vom Unternehmer die zum Besuche der Fort- 
bildungsschule (s. d.) erforderliche Zeit freizu- 
geben; auch kann für die männlichen Arbeiter 
dieser Art der Zwang zum Besuche einer Fort- 
bildungsschule ortsstatutarisch eingeführt werden. 
Gewerbeunternehmer, die Arbeiter unter 18 Jah- 
ren beschäftigen, sind verpflichtet, bei der Ein- 
richtung der Betriebsstätte und bei der Regelung 
des Betriebs diejenigen besonderen Rücksichten auf 
Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche 
durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind (s. 
Gewerbliche Anlagen). Verträge mit 
M., die die Konkurrenzklausel (s. d.) enthalten, 
sind selbst mit Zustimmung des gesetzlichen Ver- 
treters nichtig (GewO. § 133f Abs. 2; HGB. 
§# 74 Abs. 3). In Fabriken (s. d.) dürfen M. 
nur beschäftigt werden, wenn sie mit einem 
Lohnzahlungsbuch (s. d.) versehen sind, es sei 
denn, daß nach GewO. 8 114 a Lohnbücher 
und Arbeitszettel (s. d.) vorgeschrieben sind 
(GewO. § 134 Abs. 2). Vgl. auch noch Kin- 
der (in gewerblicher Beziehung.), 
Lehrlinge, Handlungsgehilfen 
und -Lehrlinge und Jugendliche 
Arbeiter. 
Pfaefflin, Die albgeleitete Geschäftsfähigkeit der 
Minderjährigen auf Grund der # 112, 113 B#., Gru- 
chots Beitr. 4à, 1; Sche fold, Die Geschäfts= und Pro- 
zeßfähigkeit der Minderijährigen, Arch Ziv Prax. 94, 305. 
Mindestzölle s. Zolltarif A. 
Mineralien s. Bergbau.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.