Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

14 
(RGSt. 20, 403, 405). Eine Beschädigung von 
Personen oder Sachen ist nicht erforderlich (R St. 
30, 391), ebenso nicht, daß der Täter gerade in 
dem Augenblick an der Zusammenrottung teil- 
genommen hat, als zu Gewalttätigkeiten über- 
gegangen wurde (Röst. 36, 174). Sind Ge- 
walttätigkeiten der bezeichneten Art mit einem 
Widerstande gegen die einschreitenden Behörden 
oder die bewaffnete Macht verbunden, so geht 
der L. in das Verbrechen des Aufruhrs über 
(s. diesen Artikel). Dem L. verwandt ist der 
sog. Landzwang. Wegen dieses wird nach 
8 126 StGB. mit Gefängnis bis zu einem Jahre 
bestraft, wer durch Androhung eines gemein- 
gefährlichen Verbrechens, z. B. einer Erpressung, 
den öffentlichen Frieden, d. h. den Zustand des 
beruhigenden Bewußtseins der Staatsangehöri- 
gen (einer Gesamtheit von Personen, nicht bloß 
eines einzelnen), in dem Genuß der ihnen durch 
die Gesetze gewährleisteten Rechte geschützt zu 
sein und zu bleiben (R St. 7, 393; 34, 268), mit 
dem Bewußtsein stört, daß die Drohung geeignet 
sei, den öffentlichen Frieden zu stören, und daß 
sie zur Kenntnis einer Mehrheit von Personen 
kommen könne (Rt. 7, 393). 
Göhrs, Der Rechtsfrieden als besonderes Rechtsaut 
im modernen Strafrechtssystem; John, Landzwang und 
widerrechtliche Drohung. 
Landgemeinden. I. (Alteste Zeit.) Die L. 
sind in Deutschland zur ältesten Zeit aus den alt- 
germanischen Hundertschaften (centena) ent- 
standen, die Unterabteilungen eines Gaues 
(pagus) waren. Innerhalb der Hundertschaften 
waren im Laufe der Zeit den einzelnen Dörfern 
(vicus, villa) aus der alten gemeinen Mark ihre 
besonderen Feldmarken (s. d.) zugewiesen wor- 
den. Die Bewohner jenes Dorfes bildeten, ab- 
gesehen von einzelnen Gegenden Westfalens, eine 
Markgenossenschaft und standen in 
einer auf Flurzwang beruhenden Feldgemein- 
schaft miteinander. Der Flurzwang bestand 
in der Verpflichtung der Flurgenossen zu einer 
gleichartigen Benutzung ihrer Felder mit überein- 
stimmenden Bestellungs= und Erntezeiten, sowie 
gemeinschaftlicher Brachweide, die in der Regel 
in der Form der Dreifelderwirtschaft (Brache, 
Winterfeld, Sommerfeld) erfolgte. Privateigen- 
tum bestand an den Hosfstätten und Ackern, da- 
neben gab es eine im Gesamteigentum der Mark- 
genossen befindliche Allmende (Wälder, Wiesen, 
Gewässer), an welcher alle Dorfmarkgenossen ge- 
meinschaftliche Nutzung hatten (s Gemeinde 
gliedervermögen). Die Dorfge- 
meinde (Bauernschaft) wurde von der Ge- 
samtheit der Markgenossen gebildet, also von 
den Personen, die in der Feldmark des Dorfs mit 
einem zum landwirtschaftlichen Betrieb ge- 
eigneten Grundbesitz (s. Gut, Hufe) an- 
gesessen waren. Zu ihr gehörten weder die 
nur im Besitze eines zum Landwirtschaftsbetrieb 
nicht ausreichenden Landstücks und daher auf 
Arbeitsverdienst angewiesenen oder völlig grund- 
besitzlosen Dorfbewohner (Büdner, Gärtner, Kät- 
ner, Häusler, Inlieger, Heuerlinge usw.) noch die 
außerhalb der Feldmark des Dorfes wohnenden 
teilten Feldmark, 
  
  
Landgemeinden 
der sog. Allmende, 
die sich aus Weiden, Wiesen, Wäldern und Ge- 
wässern zusammensetzte. Die Dorfmarkgenossen- 
schaft bildete hiernach ursprünglich eine „Real- 
gemeinde". Neben diese trat in späterer 
Zeit eine aus allen im Dorfe eingesessenen Per- 
sonen (Bausassen, Hintersassen) und dort wohn- 
haften (Häuslern, Kätnern, Heuerlingen, Ein- 
liegern usw.) bestehende „Personalgemeinde", 
aus der demnächst die jetzige „politische Ge- 
meinde" (s. Gemeindeangehörige 
usw., Landgemeinden — Gemeinde- 
recht) entstanden ist, ohne daß das Gebiet 
der Gemeinde, der Gemeindebezirk (s. d.), hier- 
bei eine Anderung erfahren hat (OV G. 39, 104). 
Neben den Dorfgemeinden standen die mit Hö- 
rigen besetzten und von diesen bebauten Güter 
der Grundherren, die nach dem Tode 
Karls des Großen im Laufe der Zeit eine sich 
immer mehr ausdehnende Oberherrschaft über 
die Dorfgemeinden erlangten, bis diese endlich 
mit wenigen Ausnahmen zu grundherrlichen Dör- 
feern wurden, in denen der Grundherr (Gutsherr) 
nicht nur eine an sein Gut (Fronhof, Rittergut) 
geknüpfte obrigkeitliche Gewalt (Gerichtsbarkeit), 
sondern auch das Obereigentum an dem bäuer- 
lichen Grundeigentum besaß, so daß den früheren 
Dorfmarkgenossen nur ein nutzbares Eigentum 
an ihren Grundstücken zustand (s. Gutsherr- 
schaften). 
Eine hiervon abweichende Entwicklung der Ver- 
hältnisse der Dorfgemeinden hat in den östlichen 
Gebieten des jetzigen preuß. Staates stattgefun- 
den, wo die L. nicht aus den altgermanischen 
Markgenossenschaften entstanden, sondern durch 
Ansiedlung deutscher Bauern auf ehemals 
slawischem Grund und Boden entstanden sind. 
Hier hatten die deutschen Landesherren durch 
Eroberung die Verfügung über den Grund und 
  
Boden erlangt. Sie besiedelten ihn entweder 
selbst mit bäuerlichen Einwanderern oder ver- 
liehen ihn an größere Grundherren zu herrschaft- 
lichen Rechten, die dann ihrerseits neben ihren 
Rittergütern ebenfalls Bauerndörfer gründeten 
oder die dort bereits vorhandenen Landesbewoh- 
ner zu L. vereinigten. In den Gebieten der heu- 
tigen Prov. Brandenburg und Sach- 
sen, wo das Land im 13. Jahrh. von den As- 
taniern vorzugsweise mit Einwanderern nieder- 
deutscher Herkunft besiedelt wurde, erfolgte die 
Gründung der Dörfer gewöhnlich nach Schulzen- 
recht. Hierbei überwies der Landesherr eine An- 
zahl von Hufen einem Unternehmer (locator) mit 
der Verpflichtung, auf ihnen eine bestimmte Anzahl 
von Bauern anzusetzen, und eine oder mehrere 
Hufen ihm selbst als Schulzengut mit der Ver- 
pflichtung, die Verwaltung des Schulzenamts zu 
übernehnien (Lehnschulze, Freischulze, Erbschulze). 
Die Beleihung geichay in der Regel zu Erbzins- 
recht gegen die Ubernahme von gewissen landes- 
herrlichen Diensten und Leistungen (Baudiensten 
für Burgen, Dämme und Wege, Ausrüstung 
eines Heerwagens, Zahlung von Dezem, Hufen- 
zins und Bede). Der Schulze hatte keinen Hufen- 
zins und Dezem zu entrichten, mußte aber Lehns- 
und in ihr nur unbebaute Grundstücke be- kriegsdienst zu Roß leisten und eine Lehnsware 
sitzenden Personen (Ausmärker). 
Der Dorf= zahlen. 
Er übte im Namen des Landesherrn die 
bezirk bestand aus dem eigentlichen Dorfe niedere Gerichtsbarkeit aus. Neben dieser Art der 
(den Höfen), 
der geteilten und der unge= Besiedlung, bei der die Bauern Immediatunter-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.