Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Landgemeinden 
tanen des Landesherrn blieben, fanden auch 
Dorfgründungen gleicher Art durch Landes- 
bischöfe, Klöster und adlige Grundherren statt. 
Die Ritterbürtigen hatten Ritterhufen als Lehen 
erhalten, die außerhalb des Gemeindeverbandes 
standen ([s. Gutsherrschaften). Sie waren 
zunächst aber weder Grundherren noch Gerichts- 
herren der Bauerngemeinden. In P 
  
  
ommern mit leichtem Brustharnisch zu leisten. 
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Kulm) veräußert. Die Ansiedler erhielten hier- 
durch Erbzinsgüter und waren freie Männer, die 
unmittelbar unter der Gerichtsbarkeit des Landes- 
herrn (Orden oder Bischof) standen. Der Unter- 
nehmer hatte das Schulzenamt als Freischulze 
(Erbschulze) zu verwalten und. dem Orden inner- 
halb der Landesgrenzen Kriegsdienste zu Roß 
Daneben 
war der einheimische Adel schon im Besitze größe= fanden Verleihungen von Grundstücken zu preuß. 
rer Landgüter und der stark mit Abgaben und 
Diensten belasteten Bauerndörfer seiner Hörigen 
gewesen. Daneben fand allmählich eine Besied- 
lung des Landes mit deutschen Einwanderern 
nach deutschem Recht (jus teutonicum) statt, und 
zwar in der Regel ebenfalls durch Unternehmer. 
Die deutschen Bauern blieben persönlich frei und 
hatten für ihre zu Erbzinsrecht besessenen Grund- 
stücke an den Grundherrn eine Geld= oder Körner- 
abgabe (census), ferner dem Fürsten oder dem 
Bischof den Zehnten (decem) und ersterem die 
Bede und den Märzpfennig sowie Dienste zu öffent- 
lichen Zwecken zu leisten. Die in den slawischen 
Dörfern (nach jus slavicum) wohnenden Guts- 
untertanen dagegen hatten neben ihren Grund- 
stücken auch den Acker des Gutsherrn zu bestellen. 
— In Schlesien bestand vor der Germani- 
sierung des Landes ein zahlreicher adliger Grund- 
besitzerstand, dessen Ländereien von Leibeigenen 
bebaut wurden. Im 13. und 14. Jahrh. erfolgte 
die Gründung von etwa 1500 deutschen Dörfern, 
die mit deutschem Recht (im Gegensatz zu dem 
polnischen Recht) begabt wurden. Hierzu be- 
durfte es der Erlaubnis des Landesherrn, da 
dieser auf wichtige Rechte (insbesondere die Ge- 
richtsbarkeit) zugunsten der Grundherren ver- 
zichtete. Die Besiedlung geschah auch hier in der 
Regel durch einen Unternehmer, der dann als 
Schulze (Scholz) die niedere Gerichtsbarkeit im 
Namen des Grundherrn ausübte, sofern dieser 
nicht selbst Gerichtstag (Dreiding) abhielt. Die 
freien Bauern erhielten ihre Grundstücke zu Erb- 
zinsrecht. Sie hatten den Zins an den Grundherrn, 
eine Grundsteuer (das Herzogskorn) an den Lan- 
desherrn und den Zehnt an diesen oder an den 
Bischof zu zahlen. Endlich hatten sie dem Her- 
zog auch Dienste zu leisten. Daneben bestanden 
die Dörfer mit polnischem Rechte fort, in denen 
die Gerichtsbarkeit dem Herzog zustand und die 
Bauern kein erbliches Besitzrecht an ihren Grund- 
siucken hatten. Im 15. Jahrh. wurden von den 
Grundherren vielfach Dörfer polnischen Rechts 
in solche deutschen Rechts dadurch umgewandelt, 
daß ihnen vom Grundherrn ein Schulze (Setz- 
schulze) gegeben wurde, der in dessen Namen die 
Gerichtsbarkeit auszuüben hatte. — Im Königreich 
Polen waren die Bauern Hörige der Guts- 
herrschaften. Jedoch entstanden seit dem 12. Jahrh. 
auch hier zahlreiche Dörfer deutscher Ansiedler, 
die nach deutschem Recht gegründet wurden (ins- 
besondere die sog. Hauländereien). Ihre Be- 
wohner waren nicht Hörige, wohl aber Gutsunter- 
tanen. Sie hatten Freiheit von allen nicht ausdrück- 
lich ausbedungenen Abgaben an den Gutsherrn, 
die niedere Gerichtsbarkeit und ein Besteuerungs- 
recht. — In Preußenhatte der deutsche Orden 
im 13. Jahrh. bestimmte Bezirke des eroberten 
Landes teils an einzelne Gruppen freier Männer, 
teils an Unternehmer zur Gründung von Dörfern 
nach kulmischem Nect (dem Recht der Stadt 
Recht an eingeborene Preußen statt. Hierdurch 
wurde eine Art Lehnsverhältnis, ein beschränktes 
Erbrecht und außer der Verpflichtung zu Zinsen 
und Diensten auch die zu ungemessenen Kriegs- 
diensten (innerhalb und außerhalb der Landes- 
grenzen) begründet. Endlich wurden auch an 
Adlige Ländereien zu herrschaftlichen Rechten 
verliehen, die dann befugt waren, auf ihrem 
Grund und Boden Bauern anzusetzen. Diese 
Bauern besaßen ihre Grundstücke als nutzbares 
Eigentum unter der Gerichtsbarkeit des Guts- 
herrn. Im Laufe der Zeit wechselten nicht selten 
die Formen des Besitzes in den L. Es gab sog. 
„melierte" Dörfer, in denen Besitzer mit ver- 
schiedenartigen Besitzrechten (Kölmer und erb- 
untertänige Bauern, Erbpächter, Erbzinser, Em- 
phyteuten und Lassiten) nebeneinander wohnten. 
Auch kam es vor, daß ein Dorf in mehrere örtlich 
begrenzte Teile zerfiel, die unter verschiedenen 
Gerichtsherren standen. — Die größeren Städte 
hatten auf den ihnen zugewiesenen Landesge- 
bieten ebenfalls Dörfer (Kämmereidörfer) ge- 
gründet, in denen ihnen die Gutsherrlichkeit zu- 
stand ((UGemeindebezirke 1). Endlich 
bestanden auch im Bezirk der dem Landesherrn 
gehörigen Domänen Bauerndörfer, deren 
Gutsherr der Landesherr selbst war und in denen 
die Besitzer ihre Grundstücke zu verschiedenartigen 
Rechten innehatten. 
Diese damals überall in Deutschland be- 
stehende verhältnismäßig günstige Lage der 
Bauern erfuhr namentlich nach den Bauern- 
aufständen und nach dem 30 jährigen Kriege 
eine erhebliche Verschlechterung dadurch, daß 
auch die früher freien Bauerndörfer mehr und 
mehr in ein Untertänigkeitsverhältnis zu den 
Gutsherren kamen (s. Gutsherrschaften). 
Die Erbuntertänigkeit der hörigen 
Bauern zu den Gutsherren wurde die regel- 
mäßige Grundlage des ländlichen Gemeinwesens. 
Die Bauern waren zu Wirtschaftsarbeitem auf 
den herrschaftlichen Gütern mittels der von ihnen 
zu leistenden mannigfaltigen Dienste (Spann- 
dienste, Handdienste, Baudienste, Forstdienste, 
Marktfuhren, Reisefuhren, Botendienste usw.) 
und zur Leistung verschiedener Geld= und Natural- 
abgaben verpflichtet. Die bäuerlichen und guts- 
herrlichen Acker lagen oft in derselben Feldflur im 
Gemenge. Die Einwohner der Dörfer bestanden 
aus den angesessenen, gespannfähigen Bauern 
(Voll-, Halb-- oder Viertelbauern), den Kossäten 
mit kleinerem Grundbesitz, der meist geschlossen 
und nicht im Gemenge der bäuerlichen Feldflur 
belegen, bisweilen nicht spannfähig war, und den 
Kätnern, Häuslern, Büdnern und Dreschgärtnern, 
die nur ein Wohnhaus mit etwas Gartenland be- 
saßen (s. Gutsherrlich-bäuerliche Re- 
gulierungen). Schon im 18. Jahrh. wurde 
aber dem Bestreben der Gutsherren, ihren Grund- 
besitz durch Einziehen von Bauernstellen zu ver- 
 
	        
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