Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Patentrecht 
die Erfindung Gegenstand des Patents eines 
früheren Anmelders ist oder daß der wesentliche In- 
halt der Anmeldung den Beschreibungen (RGg. 
56, 54), Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften 
oder Einrichtungen eines anderen oder einem 
von diesen angewendeten Verfahren ohne Ein- 
willigung desselben entnommen war, und zwar 
selbst dann, wenn die Mittelsperson dem An- 
meldenden bei der Mitteilung verschwiegen hat, 
woher sie die Kenntnis hatte (RG# . 2, 137). 
Aus anderen Gründen kann die Nichtigkeit nicht 
ausgesprochen werden (Rg. 7, 62; 9, 128). 
Bei Kollision des Patents mit einem älteren 
Gebrauchsmuster ist die Nichtigkeitsklage nicht 
begründet (RG Z. 61, 399). Die Nichtigkeits- 
erklärung hat rückwirkende Kraft (Mot. 1877, 25, 
RG3. 63, 140), so daß eine Strafverfolgung usw. 
eines für nichtig erklärten Patents ausgeschlossen, 
auch wenn die Patentverletzung vor der Nichtig- 
keitserklärung begangen wurde (Rt. 7, 146; 
14, 261; 42, 340; R# Z. 63, 140; 65, 303). Der 
Lizenzvertrag wird durch die Nichtigkeitserklärung 
des Patents nicht nichtig, es können für die Zeit 
vor der Nichtigkeitserklärung die für die Lizenz- 
gewährung entrichteten Leistungen nicht ohne 
weiteres zurückgefordert werden (R#. 17, 53). 
Der Lizenzerwerber bleibt, sofern die tatsächliche 
Nutzung des Patents stattgefunden hat, dem 
Umfange der Nutzung entsprechend, mindestens 
für einen Teil des Kaufpreises verpflichtet (RG# . 
20, 128). Es ist zulässig, den auf teilweise Ver- 
nichtung des Patents gerichteten Klageantrag in 
der Berufungsinstanz auf völlige Vernichtung 
auszudehnen und diesen Antrag auf neues Ma- 
terial zu stützen (ReZ. 61, 205). Bei Veräuße- 
rung von P. an Maschinen zur Herstellung von 
Fabrikaten gilt erfahrungsgemäß als stillschwei- 
gende Voraussetzung, daß dem freien Vertriebe 
der Fabrikate ein auf solche Erzeugnisse erteiltes 
Patent nicht entgegenstehe (Re#Z. 20, 94). Nur 
ein Teil des Patents wird für nichtig erklärt, 
wenn nur für einen Teil die Voraussetzungen 
für eine Nichtigkeitserklärung vorliegen (§ 10 
Abs. 2; vgl. auch RG#Z. 1, 301; 3, 85). 5. Durch 
Zurücknahmes 11). Das Patent kann nach 
Ablauf von drei Jahren auf Antrag zurück- 
genommen werden, wenn der Patentinhaber es 
unterläßt, im Inlande die Erfindung in ange- 
messenem Umfange zur Ausführung zu bringen 
oder doch alles zu tun, was erforderlich ist, um 
die Ausführung zu sichern (Nr. 1). Der Antrag- 
steller hat eine Verletzung des öffentlichen Inter- 
esses nicht nachzuweisen, da eine solche vermutet 
wird. Nach Lage des Falles kann der Patent- 
inhaber zum Beweise verstattet werden, daß eine 
Verletzung der volkswirtschaftlichen Interessen 
des Inlandes nicht stattgefunden hat. Die An- 
fertigung des patentierten Gegenstandes im Aus- 
land und der Absatz im Inlande stellt in der Regel 
keine ausreichende Ausführung im Inlande dar 
(RG. 9, 131). Die Zurücknahme kann ferner 
erfolgen (Ziff. 2), wenn ein öffentliches Interesse 
die Erteilung der Erlaubnis zur Benutzung der 
Erfindung an andere geboten erscheint, der 
Patentinhaber aber gleichwohl sich weigert, diese 
Erlaubnis gegen angemessene Vergütung und 
gnkene Sicherstellung zu erteilen (vgl. RGZ. 
VI. Gebühren. Für jedes Patent ist vor 
  
  
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Erteilung eine Gebühr von 30 K (§ 8 Abs. 1) 
und außerdem für die Kosten des Verfahrens 
ein Betrag von 20 .K4“ einzuzahlen. Mit Aus- 
nahme der Zusatzpatente ist sodann mit Be- 
ginn des zweiten und jeden folgenden Jahres 
fünfzehn Jahre lang innerhalb der ersten sechs 
Wochen für jedes Patent eine Gebühr zu ent- 
richten, welche das erstemal 50 K beträgt und 
weiterhin jedes Jahr um 50 4é steigt. Nach 
Ablauf der Zahlungsfrist kann die Zahlung mit 
einem Zuschlag von 10 K4 innerhalb weiterer 
sechs Wochen erfolgen. Bedürftigen Patent- 
inhabern können die Gebühren für die beiden 
ersten Jahre gestundet, und wenn das Patent 
im dritten Jahre erlischt, zurückgezahlt werden. 
Zahlung der Gebühren vor der Fälligkeit ist 
zulässig (8 8). ç 
VII. Verfahren. 1. Erteilung von 
Patenten. Die Anmeldung hat schriftlich 
beim Patentamt unter Beachtung der Bestim- 
mungen des Patentamts über die Anmeldung 
von Erfindungen vom 22. Nov. 1898 (Blatt für 
Patentwesen 4, 225) und unter Einzahlung der 
Kosten des Verfahrens mit 20.4 zu erfolgen (§ 20). 
Die Anmeldung unterliegt der Vorprüfung durch 
ein Mitglied der Anmeldeabteilung (s. Patent- 
amt). Ergeben sich Mängel, so wird der An- 
meldende durch Vorbescheid zu ihrer Beseitigung 
binnen einer bestimmten Frist aufgefordert. In- 
soweit die Vorprüfung ergibt, daß eine patent- 
fähige Erfindung nicht vorliegt, wird der Patent- 
sucher unter Angabe der Gründe zur Außerung 
binnen bestimmter Frist aufgefordert. Erklärt 
er sich nicht, so gilt die Anmeldung als zurück- 
genommen, erklärt er sich, so faßt die Anmelde- 
abteilung Beschluß (§ 21). Ist durch die An- 
meldung den vorgeschriebenen Anforderungen 
nicht genügt, oder ergibt sich, daß eine patent- 
fähige Erfindung nicht vorliegt, so wird die An- 
meldung zurückgewiesen. Soll die Zurückweisung 
aus Gründen erfolgen, die nicht im Vorbescheide 
mitgeteilt waren, so ist dem Patentsucher zu- 
nächst Gelegenheit zu einer #ußerung binnen 
einer bestimmten Frist zu geben (8 22). Er- 
achtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig 
erfolgt und die Erteilung des Patents nicht für 
ausgeschlossen, so wird die Anmeldung durch 
den Reichsanzeiger bekanntgemacht. Gleichzeitig 
ist die Anmeldung mit allen Anlagen bei dem 
Patentamte zu jedermanns Einsicht auszulegen. 
Bei Patenten für das Heer oder die Marine er- 
solgt die Erteilung des Patents ohne Bekannt- 
machung (§ 23). Innerhalb der Frist von zwei Mo- 
naten ist die erste Jahresgebühr mit 30 .K einzu- 
zahlen, widrigenfalls die Anmeldung als zurückge- 
nommen gilt. In der gleichen Frist können Ein- 
sprüche gegen die Erteilung des Patents schriftlich 
erhoben werden. Diese kann nur darauf gestützt 
werden, daß der Gegenstand nicht patentfähig ist 
oder daß der Patentsucher einen Anspruch auf Er- 
teilung nicht habe (s. unter III). Nach Ablauf 
der Frist beschließt das Patentamt über die 
Erteilung des Patents (§5 24). Gegen den 
Beschluß, durch den die Anmeldung zurückge- 
wiesen wird, kann der Patentsucher, und gegen 
den Beschluß, durch den über das Patent ent- 
schieden wird (der Erteilungsbeschluß muß, wenn er 
nicht ungültig sein soll, mit der bekanntgemachten 
Anmeldung übereinstimmen — R 3. 46, 175;
	        
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