Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Pfarrgebäude 
den Bischof, der bei Patronatskirchen an die 
Präsentation des Patrons gebunden ist. Während 
aber nach dem bisherigen Rechte den P. — ab- 
gesehen von Missions= und Sukkursal-P. — ihre 
Benefizien derart verliehen wurden, daß sie 
als inamovibel galten und demgemäß nur durch 
Richterspruch aus ihrem Amte entsernt werden 
konnten (vgl. Hinschius a. a. O. 2, 293; Säg- 
müller a. a. O. S. 431 ff., Friedberg a. a. O. 
S. 213 A. 8), ist durch das mit Genehmigung 
des Papstes erlassene Dekret der C(ongregatio 
Consistorialis vom 20. Aug. 1910: „De amotione 
administrativa ab officio et beneficio curato“ 
(Arch. f. kath. Kirchenrecht Bd. 91 — 1911 — 
S. 146 ff.) den Bischöfen gestattet worden, aus 
gewissen Gründen auch P. im Verwaltungs- 
wege ihres Amtes zu entseten. 
II. In der ev. Kirche ist die Stellung des 
Pfarramtes — mit den aus der verschiedenen 
Auffassung des Inhalts und der Bedentung des 
geistlichen Amtes sich ergebenden Abweichungen 
— ähnlich wie in der kath. Kirche geregelt. Auch 
hier bildet das Pfarramt den Mittelpunkt des 
kirchlichen Lebens in der Gemeinde (Nichter- 
Dove-Kahl, Kirchenrecht 8159, Friedberg a. a. O. 
§ 81). In ihm liegt insbesondere der Beruf zur 
Predigt, Verwaltung der Sakramente, Ver- 
richtung aller sonstigen seelsorgerischen Amts- 
handlungen und Unterweisung der Jugend 
(s. hierzu Religionsunterricht in 
der Schule II B). Die Ubung der Kirchen- 
zucht steht dem Pfarrer in Gemeinschaft mit 
dem Gemeindekirchenrate zu (s. Kirchen- 
gemeindeorgane III). Hinsichtlich der 
sog. Ministerialhandlungen (Taufe, Trauung, Be- 
erdigung) ist der P. gegenüber den Mitgliedern 
seiner Kirchengemeinde ausschließlich zuständig, 
und berechtigt, hierfür Stolgebühren zu fordern 
(ogl. hierzu Pfarrzwang, Stolgebüh- 
ren). Die Anstellung der Pfarrer erfolgt durch 
die Konsistorien, in Patronatsgemeinden auf 
Grund der Präsentation des Patrons, in Ge- 
meinden, in welchen die Gemeinde das Pfarr- 
wahlrecht hat, auf Grund ihrer Wahl (s. Pfarr- 
wahlrecht). Sind an einer ev. Kirche mehrere 
Geistliche in festen Stellen (vielfach unter der 
Bezeichnung Diakonus, Archidiakonus usw.), so 
— Pfarrwahl 267 
vinziellen und örtlichen Rechte sehr verschieden. 
Besondere Bestimmungen waren für die Prov. 
Schlesien in dem Regl. de grasaminibus vom 
8. Aug. 1750 § 11 enthalten. Wegen Ülber- 
ganges des den Schulzwecken gewidmeten Ver- 
mögens dieser Schulen und der Schulunterhaltung 
auf den botreffenden Schulverband s. 27 
des Schulunterhaltungsgesetzes vom 28. Juli 1906 
und I. Ausf Anw. vom 25. Febr. 1907 (U B. 305) 
II13, auch E. v. Bremen, Komment., 2. Aufl. (1008), 
Deft 1/2, S.66. Vgl. auch Schulvermögen II. 
Verschieden von diesen Schulen sind die Schulen, 
bei denen das Schulamt mit einem Kirchenamt 
dauernd vereinigt ist. S. dieserhalb Ver- 
cinigte Schul= und Kirchenämter. 
Pfarrstelleneinkommen s. Geistliche (Dienst- 
ecinkommen, Einleitung). 
Pfarrvakanz ist die durch Tod, Emeritierung, 
Amtsniederlegung usw. eingetretene Erledigung 
einer Pfarrstelle. Über die Verwaltung der 
erledigten Stelle sowie die Verwendung ihrer 
Einkünfte treffen die §§ 395 ff. II, 11 ALR. bzw. 
§§ 54 ff. der Rhein Westf. Kirch O. Bestimmung. 
Diese Vorschriften sind, soweit die ev. Landes- 
kirche der älteren Provinzen in Betracht kommt, 
zum Teil ersetzt durch das Kirch G. über die 
Sterbe= und Gnadenzeit vom 18. Juli 1892 
(NGBl. 1893, 1), zum Teil — was auch für 
die übrigen Landeslirchen gilt, — durch das 
Pfarrbesoldungsgesetz, durch welches das Pfrün- 
deneinkommen unter anderweiter Regelung der 
Ansprüche der Hinterbliebenen beim Todesfall 
auf die Kirchengemeinde übergegangen ist, 
gegenstandslos geworden. Die Bildung be- 
sonderer Pfarrvakanzkassen, welche in der Ver- 
mögensverwaltungsordnung vom 17. Juni 1803 
(&GBhl. 23) § 41 vorgesehen ist, erübrigt sich 
infolgedesseon zumeist. Die Angeige über eine ein- 
getretene Pfarrvakanz ist nach § 20 KGSO. 
von dem Gemeindekirchenrat zu erstatten. S. 
hierzu Schön, Ev. Kt. 2, 203 ff. und wegen 
der lath. Kirche Sägmüller, Kath. KR. 8§ 86, 
201. Ugl. auch Geistliche (Hinterblic- 
benenfürsorgaec). 
Pfarrwahl. I. Die größere Selbständig- 
keit, welche die neueren ev. Kirchengemeinde- 
und Synodalordnungen den Kirchengemeinden 
  
ist der P. primus inter pares. Als solchem steht gegeben haben, ist auch bei Besetzung der Pfarr- 
ihm neben anderen Leitungsbefugnissen der Vor= stellen zum Ausdruck gekommen. Ims 32 Ziff. 2 
sitz in den kirchlichen Körperschaften zu, während der KG# O. vom 10. Sept. 1873 war vorgesehen, 
betreffs der Amtshandlungen eine Teilung ein= daß fortan Pfarrstellen, welche bisher auf 
zutreten pflegt. Verschieden von den vorgenann= Grund des landesherrlichen Patronats, spezieller 
ten Geistlichen sind die zur Aushilse bestimmten Statuten oder aus andern Gründen der freien 
Geistlichen (Vikare), welche dem P. lediglich kirchenregimentlichen Besetzung unterlegen haben, 
untergcordnet sind. S. im übrigen die Geist-dergestalt besetzt werden sollen, daß die Kirchen- 
liche betreffenden Artikel. behörde in dem cinen Falle mit, in dem 
Pfarrgebäude s. Kirchen = und Pfarr- an dern Falle ohne Konkurrenz einer Ge- 
gebäude. meindewahl den Pfarrer beruft. Das gleiche 
Pfarrgrundstücke s. Geistliche (Dienst= ist für die ev. Gemeinden in Rheinland-West- 
einkommen). sialen durch AE. vom 28. Juli 1876 (KG# l. 
Pfarr Kirchenyschule ist die Bezeichnung für 1876/77, 17) angeordnet. *4*• 
die auf kirchlichem Boden erwachsene und im! II. Zur Ausführung dieser Bestimmungen ist für 
Zusammenhang mit der Kirchengemeinde ge= den Bereich der ev. Landeskirche der älteren Pro- 
bliebene Elementarschule. Schulen dieser Art vinzen das Kirch G. vom 15. März 1886 (KGWl. 
gab es 1906 im ganzen 50 (35 cv. und 151 39) ergangen. Daraus ist zu bemerken, daß das 
kath.), hauptsächlich in Schlesien, aber auch in den Gemeinden verliehene Pfarrwahlrecht inner- 
Hannover, Hessen-Nassau und der vormaligen halb der ev. Landeskirche der älteren Provinzen 
Grasschaft Wied-Neuwied. Maß und Umfang auf jede bei der betreffenden Kirchengemeinde be- 
dieses Zusammenhanges waren nach dem pro= stehende (und neugegründete, welche andernfalls
	        
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