282 Polizeigerichtsbarkeit — Polizeigewalt
rechtzeitige Benachrichtung von der bevorstehen= Oberaufseher, Aufseher, Vorsteherinnen, Auf-
den Entlassung eine Freiheitsbeschränkung des seherinnen und Gefangenwärterinnen Verwen-
Patienten nicht gefunden werden (BAH. 37, dung. Auch die unter der Verwaltung des MdTJ.
69). Uberhaupt ist nicht jeder Mensch, dessen stehenden Gefängnisse — mit Ausschluß jedoch
Bewegungsfreiheit durch polizeiliche Anord= der nur zur Vollstreckung der Zuchthausstrafen
nung beschränkt oder aufgehoben ist, als Poli= dienenden Strafanstalten — nehmen solche Poli-
zeigefangener anzusehen. Die Festhaltung einer zeigefangene auf, welche Polizeihaftstrafen zu
Person zur Durchsührung einer polizeilich ge= verbüßen haben (gegen schriftlichen Aufnahme-
botenen Handlung — z. B. der Zwangsheilung befehl der Polizeibehörde) oder welche vorläufig
einer geschlechtskranken wrochtme — ist festgenommen sind und von Beamten des Polizei-
keine Polizeihaft (OV.G. 28, 88). Der Haft= oder Sicherheitsdienstes eingeliefert werden
kostensatz für Polizeigefangene beträgt 80 &, (Dienstordnung vom 14. Nov. 1902 § 1 IAd,
bei Selbstbeköstigung 30 5 für den Tag (Erl. Bb, § 89). Die Gefängnisse der Justizverwaltung
vom 27. März 1883 — Ml. 73). War die dienen nur ausnahmsweise zur Aufnahme von
Einlieferung auf Ersuchen des Staatsanwalts Polizeigefangenen, insbesondere von in Schutz-
oder Gerichts erfolgt, so zieht die Gerichtskasse haft genommenen Personen und festgenommenen
die Kosten ein. In anderen Fällen hat die Poli= Ausländern, deren Auslieferung erfolgen soll.
zeiverwaltung selbst für die Beitreibung Sorge Ein schriftlicher Annahmebefehl der Polizei-
zu tragen, sofern der Angeschuldigte nicht frei= behörde muß vorliegen. Die Polizeigefangenen
gesprochen oder außer Verfolgung gesetzt o d von den übrigen Gefangenen getrennt zu
dadurch von den Kosten befreit ist (Erl. vom halten (Gefängnisordnung für die Justizverwal-
3. Sept. 1901 — MhBl. 212; St P. § 499). tung in Preußen vom 21. Dez. 1898 95 1, 26, 34).
II. Polizeigefängnisse müssen in allen Orts= Vgl. Kantongefängnisse; Strafanstalten.
polizeibezirken und auf allen Transportstationen Polizeigerichtsbarkeit. Die P. ist überall
vorhanden sein (AKabO. vom 14. Nov. 1833 — aufgehoben (s. Ortspolizeiverwaltung)
v. Kamptz 17, 470). Die Einrichtung, Unter= und durch die Befugnis zum Erlaß polizeilicher
haltung und Verwaltung ist Pflicht des Trägers Strafverfügungen (s. d., polizeiliche) ersetzt.
der sachlichen Polizeikosten (G. über die Polizeie Polizeigewalt. I. Die P. ist die Befugnis,
verwaltung vom 11. März 1850 — GS. 265 — auf dem Gebiete der inneren Verwaltung, so-
§ 3; G. vom 1. Aug. 1855 — GS. 579 — § 3; weit nicht die Zuständigkeit anderer Behörden
V. über die Polizeiverwaltung in den neuerwor= begründet ist, die Handlungsfreiheit des ein-
benen Landesteilen vom 20. Sept. 1867 — GS. zelnen durch Gebote und Verbote einzuschrän-
1529 — § 3), nur in den Gemeinden, in welchen ken und diese Einschränkungen im Wege des
die örtliche Polizeiverwaltung von einer kgl. Zwanges durchzusetzen (s. Polizei 1). Sie ist
Behörde geführt wird, bestreitet der Staat auch in Preußen lediglich Ausfluß der Staatshoheit,
die Peliegefänanskost (G. vom 3. Juni 1908 also weder als Bestandteil einer eignen kom-
— GS. 149 — §§ 1, 2); s. Polizeikosten. munalen Autonomie eine Gemeindeangelegen-
Die erwähnte Kab O. vom 14. Nov. 1833 ent-= heit, noch den Gemeinden als solchen vom Staate
hält über die innere Einrichtung der Polizei= übertragen. Sofern die P. Gemeindebeamten
gefängnisse eingehende Vorschriften, von deren überwiesen ist, wird sie vielmehr im Namen
strenger Einhaltung jedoch in Anstalten mit des Königs ausgeübt, und es sind diese Beamten
geringer Belegung abgesehen werden darf an die Anweisungen der vorgesetzten Staats-
(AKab O. vom 19. Sept. 1836 — v. Kamptz 20, behörden gebunden (Polizeigesetz vom 11. März
673). Polizeigefängnisse sollen in unmittelbarer 1850 — GS. 265 — und V. vom 20. Sept.
Nähe und Verbindung mit den Polizeidienst-= 1867 — GS. 1529 — §1; Kr . f. d. ö. Pr. 8§ 46
gebäuden, gegen Verkehr mit den angrenzenden und analog in den übrigen Provinzen; s. auch
Grundstücken geschützt angelegt werden. Sie Ortspolizeiverwaltung und Bestä-
sind als Zellengefängnisse einzurichten; die ein= tigung der Polizeibeamten). Den
zelnen Zellen brauchen mit Räücksicht auf die Gemeinden steht daher nicht das Recht zu, im
regelmäßig nur kurze Dauer der Polizeihaft nur Wege des Ortsstatuts die Benutzung einer Ge-
die Größe der sog. Schlafzellen (11 chm) zu meindcanstalt zwangsweise vorzuschreiben (K G.
haben, doch sind für vorkommende längere Fest= 21 C 65 — OG. 26, 51). Vielmehr kann dies
haltungen größere Zellen, in großen Städten nur durch Polizeiverordnung geschehen, nachdem
für Masseneinlieferungen bei außergewöhnlichen die Gemeinde die Verpflichtung zur Unterhal-
Anlässen Gemeinschaftssäle vorzusehen. Zur tung der Gemeindeanstalt durch Ortsstatut rechts-
Aufnahme erkrankter Personen müssen geeignete kräftig übernommen hat.
Räume, und zwar getrennt für ansteckende und ll. Die P. ist, auch soweit die Zuständigkeit
nicht übertragbare Krankheiten, vorhanden sein. zu ihrer Ausübung verschiedenen Behörden
Die Trennung der Gefangenen nach den Ge= übertragen ist, einheitlich (O G. 55, 490)
schlechtern ist unbedingt durchzuführen. Brause= und nur ein Teil der gleichfalls einheitlichen
bäder und Waschküchen sind erforderlich. Die Ver= Staatshoheit. Deshalb haben die nachgeordne-
pflegung der Gefangenen erfolgt mit Rücksicht ten Polizeibehörden kein selbständiges Klagerecht
auf die Veränderlichkeit der Belegungsziffer am gegen die Entscheidungen der Polizeiaufsichts-
besten und billigsten aus einer nahe gelegenen behörden (O#. 3, 345), auch sind sie nicht
Gastwirtschaft (uvgl. hierzu Krohne, Lehrbuch der befugt, Verfügungen im Widerspruch zu den
Gefängniskunde § 69 und Dienstordnung ürscheidunge höherer Behörden zu treffen
die dem Md J. unterstellten Strafanstalten und (OV G. 32, 219). Ferner kann eine Polizei-
größeren Gefängnisse vom 14. Nov. 1902). Als behörde nicht einer andern Behörde bei Aus-
Personal finden Oberinspektoren, Inspektoren, übung ihrer polizeilichen oder sonstigen staats-