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enthalten werde (RGSt. 32, 220).
breiter kommen hauptsächlich die Kolporteure
in Betracht. Eine Fahrlässigkeit fällt diesen mit
Rücksicht auf den Inhalt der Druckschrift nicht zur
Last, wenn sie mit Rücksicht auf die Persönlichkeit
des Lieferanten der Zeitschrift und auf deren
sonstige Haltung keinen Anlaß gehabt haben, die
Möglichkeit eines gegen das Strafrecht ver-
stoßenden Inhalts ins Auge zu fassen und die
Druckschrift hierauf zu prüfen (R#St. 39, 317).—
Zur Strafverfolgung des erwähnten Fahrlässig-
keitsdelikts bedarf es auch bei Antragsver-
gehen keines Strafantrages des Verletzten
(RSt. 29, 143). Zum Ausschluß der Strafbar-
keit genügt nicht die bloße Angabe eines Vor-
mannes ufw., vielmehr muß die Richtigkeit
des Nachweises auch glaub b aft gemacht
werden (Rt. 24, 391). Geschieht dies, so
wird die Strafbarkeit durch die Benennung
auch dann ausgeschlossen, wenn die Strafver-
folgung gegen den Benannten schon verjährt
ist (R St. 22, 431). Ist der Vormann der Straf-
verfolgungsbehörde bereits bekannt, so bedarf
es seiner Benennung zum Strafausschluß nicht
mehr (R# t. 24, 321). Die obenerwähnte Vor-
schrift, welche den Strafausschluß gegen den
Verbreiter ausländischer Druckschriften betrifft,
findet auf Kolporteure keine Anwendung
(RG#. 23, 110). — Die Strafbarkeit der bezeich-
neten Personen wegen Fahrlässigkeit (§ 21)
ist ausgeschlossen, wenn sie als Täter oder Teil-
nehmer (8 20) strafbar sind (RGt. 41, 49).
VI. Die örtliche und sachliche Zuständig-
keit der Gerichte und Staatsanwaltschaften
zur Verfolgung von P. richtet sich nach den
allgemeinen Vorschriften des G G. (§§ 12, 13,
144) und der St PO. (§88 1—21). Wird der
Tatbestand der strafbaren Handlung durch den
Inhalt einer im Inlande erscheinenden
Druckschrift begründet, so ist nur dasjenige Gericht
uständig, in dessen Bezirk die Druckschrift er-
schienen ist. Jedoch ist in Fällen einer mittels
Privatklage verfolgten Beleidigung auch das
Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Druck-
schrift verbreitet ist, wenn die beleidigte Person
in diesem Bezirk ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen
Aufenthalt hat (G. vom 13. Juni 1902 —
RGl. 227). Durch diese Vorschriften ist der sog.
„fliegende Gerichtsstand der Presse“, der früher
überall begründet war, wo die Druckschrift Ver-
breitung gefunden hatte, beseitigt worden.
VII. Frei von jeder Verantwort-
lichkeit bleiben wahrheitsgetreue Berichte
über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzun-
gen des R. (RV. Art. 22) und eines Landtages
oder einer Kammer eines zum Reiche gehörenden
Staates (StGB. F 129.
S. auch Berichtigungen nach dem
Preßgesetz; Druckschriften; Pflicht-
exemplare von Druckschriften; Presse;
Redakteure.
Literatur s. bei PWresse und Redakteur: ferner
Gaze, Strafrechtliche Haftung für Preßdelikte, 1906;
Sladecek, Zur Lehre der Preßdelikte, 1906.
Primogenitur ist eine Nachfolgeordnung beim
Familienfideikommiß, nach der sich die Nachfolge
in der Ordnung nach Linien mit dem Vorrechte
der Erstgeburt vollzieht (ALR. II, 4 § 147).
S. auch Familien fideikommiß IIle.
Als Ver-l
Jund Königliches Haus II.
Primogenitur — Privatanschlußbahnen, Privatgeleise (auch Bergwerksbahnen)
Prinzen des Königlichen Hauses s. König
Perinzipalstenersätze sind die Sätze direkter
Staats= und staatlich veranlagter Steuern, welche
der Bemessung der in Gestalt von Prozenten
dieser Steuern erhobenen Kommunal= und
Sozietätssteuern zugrunde gelegt werden, in-
dem die Kommunal= bzw. Sozietätssteuer des
einzelnen so viel Hundertstel des P. beträgt, als
nach den maßgebenden Beschlüssen der kommu-
nalen Körperschaft oder Sozietät jeweils von
der betreffenden Staats= oder staatlich ver-
anlagten Steuer als Kommunal= bzw. Sozie-
tätssteuer erhoben werden. Deckt sich die Kom-
munal-- bzw. Sozietäts- mit der Staatssteuer-
pPflicht des einzelnen, so bildet seinen P. der
Steuersatz der entsprechenden Staats= bzw.
staatlich veranlagten Steuer, wie er bei der
Veranlagung zu dieser festgestellt ist, und er
kann durch Rechtsmittel gegen die kommunale
usw. Veranlagung nicht angefochten werden,
sondern nur durch die Rechtsmittel gegen die
staatliche Veranlagung. Deckt sich dagegen die
Steuerpflicht zur Kommunal= oder Sozietäts-
steuer subjektiv oder objektiv nicht mit der zu der
Staats= oder staatlich veranlagten Steuer, in-
dem entweder eine Person wohl der Kommunal=
oder Sozietäts-, nicht auch der Staatssteuer
unterworfen ist oder von den die Bemessungs-
grundlage bildenden Werten bei der einen
Steuerart Teile als nicht steuerpflichtig aus-
zusondern sind, die der andern unterliegen,
z. B. Gewerbebetriebe in anderen Gemeinden,
Forensaleinkommen, die bei der Staatsein-
kommensteuer abzuziehenden 3½0% des Aktien-
kapitals usw. (ogl. Forensen [Besteue-
rungl, Erwerbsgesellschaften (Be-
steuerung.), so fällt der P. mit dem Satz
der Staats= bzw. staatlich veranlagten Steuer
nicht zusammen und muß daher unter An-
wendung der für die staatliche Veranlagung
maßgebenden Grundsätze besonders festgestellt
werden. Die Feststellung erfolgt entweder
(Zerlegung des Gewerbesteuersatzes) durch die
staatliche Veranlagungsbehörde oder, wie für
die Gemeindeeinkommensteuer und die Kirchen-
steuer, durch das zur Veranlagung der Kommu-
nal= bzw. Sozietätssteuer berufene Organ des
kommunalen oder Soezietätsverbandes. In
Fällen der letztern Art ist der P. ebenso wie die
übrige Veranlagung zur kommunalen bzw. Sozie-
tätssteuer der Anfechtung durch die gegen diese
zulässigen Rechtsmittel unterworfen. Vgl. außer
den schon erwähnten die Artikel Kommunal---
abgabengesetz; Gewerbesteuer;
Kirchensteuern; Gemeindebesteue-
rung der Beamten, Geistlichen ufw.;
Steuerveranlagung; Rechtsmittel.
Krifen und Prisengerichte s. Seekriegs-
recht.
Privatanschlußbahnen, Privatgeleise (auch
Bergwerksbahnen). I. Von den dem öffent-
lichen Verkehre dienenden Schienenverbindun-
gen (Haupt= und Nebenbahnen und Klein-
bahnen) sind Bahnen (Geleise) für
Privatzwecke (Feldbahnen, In-
dustriegeleise) zu unterscheiden, welche,
soweit nicht nachstehende Ausnahmen hinsichtlich
der Privatanschlußbahnen und Bergwerksbahnen