Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Privatlotterien — Privatschulen und Privaterziehungsanstalten 
Kreise der verschiedenen öffentlichen Schulen ge- 
hören, Privatunterricht in Familien oder in 
Privatanstalten zu erteilen, eines widerruflichen 
Erlaubnisscheins. Derselbe wird von dem Kreis- 
schulinspektor ausgestellt, welcher auch die Auf- 
sicht über den Privatunterricht auszuüben hat 
(Erl. vom 4. Febr. 1909 — U ZBl. 333). Geist- 
liche und öffentliche Lehrer, auch die an öffent- 
lichen Schulanstalten beschäftigten Sprach-, Ge- 
sang-, Musik= und Zeichenlehrer sind hiervon 
ausgenommen; ebenso Studierende der Univer- 
sitäten oder Schüler der oberen Klassen höherer 
Schulen, wenn sie sich durch ein genügendes 
Zeugnis des Rektors bzw. Direktors ausgewiesen 
haben. Der Erlaubnisschein wird nur für einen 
  
315 
-. 
berühren sich nahe. Die Grenze zwischen dem 
Privat= und dem öffentlichen Rechte ist daher 
oft unsicher, weil die Verhältnisse von gemischter 
Art sind, und sie ist ferner keine beständige und 
überall gleiche, sondern kann nach den ver- 
schiedenen Auffassungen der Völker und der 
Zeiten verschieden sein. Sie läßt sich somit nicht 
ohne Rücksicht auf die Lage der bestehenden 
einzelnen Gesetzgebung ziehen. Weil es sich 
beim P. um die Privatverhältnisse einzelner 
handelt, gestattet es im weiten Umsange freie 
Verfügungen und Vereinbarungen und ist über- 
wiegend nur ergänzendes oder nachgiebiges 
(erlaubendes) Recht (jus dispositinum). Seine 
Hauptteile sind, je nachdem es sich um die per- 
bestimmten Ort ausgestellt (uU # Bl. 1862, 381). sönlichen Verhältnisse oder um Vermögens- 
Die im § 15 vorgeschriebene Ministerialgenehmi= verhältnisse handelt, das Personen= und das 
gung für Ausländer ist nicht weiter erforderlich Vermögensrecht oder in weiterer Zerteilung 
(UnBl. 1862, 452). Personen, welche auf Grund das Personenrecht, das Sachenrecht, das Obli- 
eines Vertrages Kinder aus mehreren Familien gationenrecht (Recht der Schuldverhältnisse) mit 
unterrichten (s. Familienschulen), gelten dem eigenartig geordneten Handels-, Wechsel- 
als Privatlehrer (St M.-Instr. vom 31. Dez. 1839 und Seerecht, das Familienrecht und das Erb- 
l 18 — UBl. 1860, 701). 
Die Erlaubnis zur recht, denen man einen das diesen Teilen Ge- 
Errichtung von solchen ist ebenfalls vom Kreis= meinschaftliche enthaltenden allgemeinen Teil 
schulinspektor zu erteilen. 
Besondere Bestim= vorauszuschicken pflegt. 
Im subjektiven Sinne 
mungen enthält die RewO., obwohl sie auf das sind P. die auf dem P. im objektiven Sinne be- 
Unterrichtswesen im allgemeinen keine Anwen= ruhenden, den einzelnen zustehenden Befugnisse. 
dung findet (§ 6 a. a. O.), über den Tanz-, Turn- 
und Schwimmunterricht (§ 35 a. a. O.). Danach 
ist dieser Unterricht als Gewerbe zu untersagen, 
wenn die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreiben- 
den in bezug auf den gedachten Unterricht dar- 
etan wird. Unbestritten werden durch die Vor- 
chriften im § 35 cit. die Bestimmungen der 
Staatsministerialinstruktion, soweit es sich um den 
einen Teil des schulplanmäßigen Unterrichts bil- 
denden Turnunterricht handelt, an sich nicht be- 
rührt. Dagegen gehen die obersten Gerichts- 
höse darüber auseinander, welche Tragweite 
diesen letzteren Bestimmungen beizumessen ist. 
Während das O#. in Übereinstimmung mit 
der Ministerialinstanz in der Entscheidung 52, 214 
  
die Anwendbarkeit derselben unbeschränkt be- 
jaht, hat sich das RG. in der Entsch. vom 28. Juni 
1910 (RGSt. 44, 20) auf den entgegengesetzten 
Standpunkt gestellt und die Staatsministerial- 
instruktion nur dann für anwendbar erklärt, wenn 
der Turnunterricht einen Ersatz für den Schul- 
unterricht bildet, also an solche jugendlichen Per- 
sonen erteilt wird, die nach dem regelmäßigen 
Laufe der Dinge eine niedere oder höhere Schule 
besuchen würden, ihr aber aus irgend welchen 
Gründen, ferngehalten werden. S. im übrigen 
Privatunterricht. 
Privatlotterien s. Lotterie III. 
Privatpostanstalten s. Postwesen II. 
Privatrecht. Das Recht im obiektiven Sinne 
(s. Gesetze) kann die Verhältnisse der einzel- 
nen Mitglieder der Gemeinschaft, für die es 
besteht, zueinander (Privatverhältnisse) oder 
diejenigen der einzelnen zu der Gemeinschaft 
und deren Teilen als solchen oder dieser Teile 
zueinander (öffentliche Verhältnisse) zum Gegen- 
stand haben. Hierdurch scheidet es sich in P 
(Zivilrecht, bürgerliches Recht) und in öffent- 
liches Recht (s. d.). Vielfach stehen sich jedoch 
die Privatverhältnisse und die öffentlichen Ver- 
hältnisse nicht als Gegensätze oder doch getrennt 
gegenüber, sondern gehen ineinander über oder 
  
Zum Wesen dieser P. gehört es, daß sie mit 
einem öffentlichrechtlichen Anspruch auf An- 
erkennung und Schutz durch den Staat und 
namentlich dessen Gerichte verbunden sind (sog. 
Rechtsschutzanspruch). Es unterwirft sich ferner 
der Staat selbst in weitem Umfange — in 
seinen Vermögensverhältnissen dem P. 
(s. Fiskus). Vgl. auch Allgemeines 
Landrecht und Bürgerliches Ge- 
setzbuch. 
Die meisten Lehrbücher des Privat-(bürgerlichen) Rechtes 
in ihrem allgemeinen Teile und die juristischen Enzyklopadien, 
z. B. die von Merkel, 1700, #N 84 ff., 192 f#., 5349 ff.; 
Biermann, Privatrecht und Polizei in Preußen; 
Vossen, Der oberverwaltungsgerichtliche Schutz der 
Industrie und des Gewerbes sowie der Verfassungsgrund- 
rechte gegen volizeiliche Ein= und Ubergriffe, 1910;: Ha- 
bicht-Greiff, Internationales Privatrecht nach dem 
EdsBGB.: Zitelmann-Niemeyer, Quellen zum 
internationalen Privatrecht. 
Privatrechte an öffentlichen Wegen s. Dienst- 
barkeiten an öffentlichen Wegen 
und Wege (öffentliche) IV. 
Privatschulen und Privaterziehungsanstalten 
sollen nach der St M.-Instr. vom 31. Dez. 1839 
(Abschn. 1 §§8 1—10, 12, 13) nur da, wo sic einem 
wirklichen Bedürfnisse entsprechen, also 
nur an solchen Orten gestattet werden, wo für 
den Unterricht der Jugend durch die öffentlichen 
Schulen nicht ausreichend gesorgt ist. Die Er- 
laubnis, welche bei der Ortsschulbehörde (Schul- 
vorstand, Schuldeputation) nachzusuchen ist, wird 
von der Regierung (in Berlin dem Provinzial- 
schulkollegium) auf Grund des Nachweises der 
wissenschaftlichen und sittlichen Befähigung sowie 
eines einzureichenden Schulplanes widerruflich 
erteilt (Erl. vom 4. Febr. 1909 — U Bl. 333). 
Der Erlaubnisschein, dessen Inhalt durch das 
"Amtsblatt bekanntzumachen ist, darf nur einer 
einzelnen Person, nicht einem Verein, einer 
Stiftung, einer Korporation, einem geistlichen 
Orden oder einer sonstigen geistlichen Genossen- 
schaft erteilt werden (Erl. vom 8. April 1872 — 
U 3Bl. 303). Einer Konzession bedürfen die P.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.