Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Provinzen (allgemein) 
ver mit einem Flächeninhalte von 3 850 956 ha 
und 2 942 546 Einw.; 10. Westfalen mit 
einem Flächeninhalte von 2 021 834 ha und 
4125 904 Einw.; 11. Hessen-Nassau 
mit einem Flächeninhalte von 1 570 170 ha und 
2220 956 Einw.; 12. Rheinprovinz mit 
einem Flächeninhalte von 2 699 791 ha und 
7120 519 Einw. Der Stadtkreis Berlin mit 
2 070 695 Einw. und die hohenzollernschen 
Lande mit 114 226 ha und 71 009 Einw. sind 
keiner Provinz Lgeteilt 
II. Nach der V. vom 30. April 1815 kamen die 
altländischen P. nur als Verwaltungsbezirke 
in Betracht. Hierin wurde eine Anderung durch 
das G. vom 5. Juni 1823 wegen Anordnung 
der Provinzialstände (GS. 129) herbeigeführt. 
Dieses bestimmte die Aufgabe der Provinzial- 
vertretungen dahin, daß ihnen 1. die Gesetz- 
entwürfe, welche allein die P. angingen; 2. so- 
lange keine allgemeinen ständischen Versamm- 
lungen stattfänden, auch die Entwürfe solcher 
allgemeinen Gesetze, welche Veränderungen in 
Personen= und Eigentumsrechten und in Steuern 
zum Gegenstande hätten, soweit sie die P. 
beträfen, zur Beratung vorgelegt; 3. Bitten 
und Beschwerden, welche auf das spezielle Wohl 
und Interesse der ganzen P. oder eines Teils 
derselben Bezug hätten, von den Provinzial- 
ständen angenommen, geprüft, und sie darauf 
beschieden werden sollten; und 4. daß endlich 
die Kommunalangelegenheiten der P. ihren 
Beschlüssen vorbehaltlich der kgl. Genehmigung 
und Aussicht überlassen werden sollten. Dem 
allgemeinen Gesetze folgten acht Gesetze vom! 
1. Juli 1823 (Brandenburg, Preußen, Pommern) 1 
und 27. März 1824 (die damaligen fünf anderen! 
P.), von denen nur noch das G. über die Ein- 
richtung der Provinzialstände in dem Groß- 
herzogtum Posen vom 27. März 1824 (GS. 141) 
in Gültigkeit ist. Die Zusammensetzung der 
Provinziallandtage beruhte auf der Gliederung 
der Bevölkerung in die drei Stände der Ritter- 
schaft, d. i. der Besitzer adliger, landtagsfähiger 
Güter; der Städte; und der Besitzer nicht land- 
tagsfähiger ländlicher Güter, sowie der Bauern. 
In allen Ständen war der Grundbesitz Be- 
dingung des aktiven und passiven Wahlrechts. 
Die vormals Reichsunmittelbaren, sowie die 
Besitzer freier Standesherrschaften (in Sachsen 
und Brandenburg auch die Domkapitel) bildeten 
mit Virilstimmberechtigung in denjenigen P., 
in welchen sie vertreten waren, neben den drei 
andern Ständen einen Stand für sich und 
zwar den ersten. Überall hatte die Ritterschaft 
das Übergewicht. Neben den provinzialständi- 
schen Verbänden blieben die bereits früher vor- 
handen gewesenen, einzelne Teile der P. um- 
fassenden kommunalständischen Verbände (s. d.) 
bestehen, falls nicht ein anderes durch gemein- 
schaftliche Ubereinkunft beschlossen wurde. Der 
Wirkungskreis der Provinziallandtage war zwar 
nach den einzelnen P. verschieden, umfaßte 
  
  
daher, 
  
jedoch im allgemeinen außer dem durch das Armen- 
pflegegesetz vom 31. Dez. 1842 (GE. 1843, 8)! 
§ 9 überall zur Provinziallast erklärten Land- 
armenwesen die Verwaltung der Irrenanstalten, 
Taubstummen= und Blindeninstitute, Provinzial- 
feuersozietäten, Provinzialchausseen u. dgl. Die 
319 
1850 (G S. 251) bewirkte anderweite Regelung 
der Provinzialverfassung kam nicht zur Durch- 
führung und wurde durch G. vom 24. Mai 1853 
(G. 238) wieder aufgehoben. Es verblieb 
da auch weitere Reformversuche zu 
keinem Ergebnis führten, bei der ständischen 
Gesetzgebung. 
Auch die im Jahre 1866 neu hinzugetretenen 
P. erhielten provinzial- bzw. (in Hessen-Nassau) 
denselben gleichstehende kommunalständische Ver- 
fassungen Gannowver durch V. vom 22. Aug. 
1867 — GS. 1349; Schleswig-Holstein 
durch V. vom 22. Sept. 1867 — GS. 1581; 
die Reg.-Bez. Kassel und Wiesbaden 
außer Frankfurt a. M. durch Verordnungen 
vom 20. und 26. Sept. 1867 — GS. 1537 und 
bzw. 1659). 
IIII. Nach dem Zustandekommen der neuen 
Kr O. f. d. ö. Pr. der Monarchie vom 13. Dez. 
1872 (GS. 661), durch welche für die Kreis- 
vertretungen das ständische System beseitigt 
wurde, wurde auch die Reform der Provinzial- 
verfassung in Angriff genommen. Ein erster Ent- 
wurf einer neuen Prov O. kam in der Landtags- 
session 1873/74 nicht zur Erledigung. Dagegen 
wurde ein in der folgenden Session dem Landtage 
vorgelegter neuer Entwurf mit unbedeutenden 
Anderungen angenommen und als „Prov O. für 
die Prov. Preußen, Brandenburg, Pommern, 
Schlesien und Sachsen vom 29. Juni 1875“ 
(G. 335) veröffentlicht. Zu der Prov O. vom. 
29. Juni 1875 ist am 22. März 1881 (GS. 176) 
eine Novelle ergangen, die hauptsächlich den 
Zweck hatte, die Prov O. mit den inzwischen 
mehrfach abgeänderten Bestimmungen der Kr#. 
in Ubereinstimmung zu bringen. Unter dem- 
selben Datum hat der Md J. gemäß Art. III der 
Novelle den Text der Prov O., wie er sich aus 
den durch die Novelle festgestellten Anderungen 
ergibt, in der GS. (S. 233) bekanntgemacht. 
Die Prov O. ist sodann mit einigen Anderungen 
eingeführt worden: 1. in Hannover durch G. vom 
7. Mai 1884 (GS. 237); 2. in Hessen-Nassau 
durch G. vom 8. Juni 1885 (GS. 242); 3. in 
Westfalen durch G. vom 1. Aug. 1886 (GS. 
254); 4. in der Rheinprovinz durch G. vom 
1. Juni 1887 (GS. 249); 5. in Schleswig-Hol- 
stein durch G. vom 27. Mai 1888 (GS. 191), wäh- 
rend in der Prov. Posen (s. Kreisstände 
und Provinzialstände)z) in bezug auf die 
Vertretung der Provinz der alte Zustand bei- 
behalten, die Verwaltung dagegen, vorbehaltlich 
einzelner durch die nationalen Verhältnisse der 
Provinz bedingten Anderungen im wesentlichen 
entsprechend dem in den übrigen Provinzen 
geltenden Rechte organisiert ist (G. vom 19. Mai 
1889 — GS. 108— und V. vom 5. Nov. 1889 — 
GS. 177). Die Prov. Hessen-Nassau zeigt von 
den übrigen Provinzen insofern eine wesentliche 
Abweichung, als neben und unter dem Provinzial- 
verbande die beiden Bezirksverbände der Reg.- 
Bez. Kassel und Wiesbaden bestehen (s. Be- 
zirksverbände und LKommunalland- 
tage). Als weitere Besonderheit ist zu er- 
wähnen, daß in der Prov. Schleswig-Holstein 
der Kreis Herzogtum Lauenburg nicht zum 
Kommunalverbande der Provinz gehört (vogl. 
*s 1 aSchl Holst Prov O.) und nur an den Wahlen. 
im Art. 105 V. verheißene, im G. vom 11. März der für Zwecke der allgemeinen Landesverwal-
	        
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