Prozeßagenten — Prozeßleitung
tungsstreitverfahren.
Ziele und Zwecke haben diese vier Prozeßarten
doch, was vielfach nicht genügende Beachtung
findet, viel Gemeinschaftliches und bleiben sie
Glieder eines größeren Ganzen, die im einzelnen
nicht richtig verstanden werden können, wenn
nicht zugleich auch ihr innerer Zusammenhang
ehörig gewürdigt wird. Jede von ihnen ist
elbständig geordnet. Der Zivilprozeß und der
Strafprozeß haben ihre Ordnung am frühesten
erhalten (s. Zivilprozeßordnung und
Strafprozeßordnung). Das Ver-
fahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ent-
wickelte sich, von einigen Bestimmungen (Reichs-
notariatsordnung vom 8. Okt. 1512 und Reichs-
polizeiordnungen von 1548 u. 1577) abgesehen,
nur in den einzelnen deutschen Staaten, und
zwar sehr verschiedenartig, indem es sich meist
mehr oder weniger lediglich durch die Praxis
ausbildete. Für Preußen wurde es jedoch in
ziemlich umfassender Weise durch die Allg. Hypo-
thekenordnung vom 20. Dez. 1783 und den
weiten Teil der Allg. Gerichtsordnung von 1795,
speter für die Grundbuchsachen in der GB0.
vom 5. Mai 1872 (GS. 446) und für die Vor-
mundschaftssachen in der Vormundschaftsord-
nung vom 5. Juli 1875 (GS. 431) geregelt
(s. Allgemeine Gerichtsordnung
und Grundbuchordnung). Seine erste
reichsrechtliche Ordnung erhielt es durch das G.
über die Angelegenheiten der freiwilligen Ge-
richtsbarkeit vom 17. Mai 1898 (Ro#Bl. 189) —
unter Anderung einer Reihe von Verweisungen
am 20. Mai 1898 nochmals bekanntgemacht
(RGBl. 771). Zur Ausführung dieses Gesetzes
wurden in den einzelnen Bundesstaaten Be-
stimmungen erlassen, die sich meist jedoch auch
auf vom FG. nicht berührte Teile der frei-
willigen Gerichtsbarkeit und auf das Notariats-
wesen beziehen und insoweit nicht bloß Aus-
führungsgesetze sind, deshalb auch nicht so
heißen. Für Preußen gehört hierher das Pr-
JFGG. vom 21. Sept. 1899 (GS. 249), dessen
Art. 76 nach dem G., betr. die Abänderung des
Allg. Berggesetzes, vom 18. Juni 1907 (GE. 119)
Art. W § 38%6 auf das sog. Gewinnungsrecht
Anwendung findet. Außer dem FG. ent-
halten übrigens auch das BGB. und verschiedene
ältere und spätere Reichsgesetze (z. B. das G.,
betr. die Erwerbs= und Wirtschaftsgenossen-
schaften, vom 1. Mai 1889/20. Mai 1898 — RG-
Bl. 1898, 810 — das H#B. und das G., betr.
die freiwillige Gerichtsbarkeit und andere Rechts-
angelegenheiten in Heer und Marine, vom
28. Mai 1901 — NRGBl. 185) eine ganze Anzahl
von Bestimmungen über das Verfahren in den
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
wie andererseits sich auch im FG. manche
materiellrechtliche Vorschriften finden. Vor
allem ist aber aus äußerlichen Gründen das
Verfahren in Grundbuchsachen nicht im FGG.,
sondern getrennt in der GB. (s. Grund-
buchordnung) geordnet worden.
Das
F. hat eine kleine Anderung durch das G.
vom 5. März 1906 (REGBl. 387) erfahren. Dem
Verwaltungsstreitverfahren für Preußen ist seine
zwar sehr kurze, aber doch als erschöpfend be-
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Trotz ihrer verschiedenen (G S. 195) zuteil geworden (s. VWerwaltungs-
streitverfahren 1V).
richtsbarkeit.
Prozeßagenten f.
scheinen I u. II.
Prozeßbetrieb heißt die Tätigkeit, durch die
ein Prozeß in Gang gebracht und demnächst im
Gange erhalten wird. Je nachdem diese Tätig-
keit dem Gerichte oder den Parteien zugewiesen
ist, spricht man von Amts= (Offizial-) oder
Parteibetrieb des Prozesses. Im Zivilprozesse
herrscht der letztere, namentlich auch, soweit es
sich um die Zustellungen und Ladungen im
Laufe des Verfahrens handelt. Wo jedoch auch
in ihm das öffentliche Interesse überwiegt, wie
in Ehe= und Entmündigungssachen, tritt an seine
Stelle der Amtsbetrieb. In einzelnen Fällen
geht aber auch sonst das Gericht oder der Vor-
sitzende bei der Bestimmung von Terminen usw.
von Amts wegen vor. Ferner können die Par-
teien bei Zustellungen in gewissen Fällen die
Vermittlung des Gerichtsschreibers in Anspruch
nehmen. Endlich ist durch das G., betr. Ande-
rungen des G., der B8 PO., des GKG. und
der RAGeb O., vom 1. Juni 1909 (Rl. 475)
für das ganze Verfahren vor den Amts-
gerichten grundsätzlich der Amtsbetrieb einge-
führt worden, abgesehen natürlich davon, daß
die Anstellung der Klage stets von dem Willen
der Partei abhängig geblieben ist. Im Straf-
prozesse gilt der Amtsbetrieb und ebenso, außer
daß hier der Beginn des Verfahrens vom Willen
des Klägers abhängt und dem Verfahren durch
Zurücknahme der Klage, des Antrags auf münd-
liche Verhandlung usw. ein Ende gemacht wer-
den kann, in den verschiedenen Arten des Verwal-
tungsstreitverfahrens. S.auch Prozeßleitung.
Purozeßfähigkeit s. Parteien.
Prozeßleitung ist die richterliche Tätigkeit,
durch welche das Verfahren in einem Preozesse
so geleitet wird, daß dieser in gesetz= und zweck-
mäßiger Weise sein Ziel erreicht. Sie ist vom
Prozeßbetriebe (s. d.) verschieden, und je nach-
dem Offizial= (Untersuchungs-) oder Verhand-
lungsmaxime (s. d.) für die betreffende Prozeß-
art gilt, sind die Befugnisse, die sie enthält,
größer oder geringer. Am stärksten sind das Recht
und die Pflicht zur P. im Strafprozeß, am ge-
ringsten im Zivilprozesse. In dem letzteren
äußert sich die P. besonders in der Anberaumung
von Terminen, der Eröffnung, Leitung und
Schließung der mündlichen Verhandlung, der
Ausübung des Fragerechts, ferner darin, daß
unzulässige oder auf Verschleppung gerichtete
Anträge zurückgewiesen, Prozesse oder Ver-
handlungen verbunden, ausgesetzt oder getrennt
werden, das Erscheinen einer Partei angeordnet
wird und sonstige vorbereitende Anordnungen
getroffen werden usw. Im Verwaltungsstreit-
verfahren kommt hierzu namentlich noch die
allgemeine Befugnis zur Erhebung von Beweis
unabhängig von den Anträgen der Parteien (vgl.
z. B. § 76 LVG. und die V. vom 29. und 30. Nov.
1907 — GS. S. 301, 312 — §916 bzw. § 15). Mit
der P. nicht zu verwechseln, ihr aber nahe-
stehend ist die Sitzungspolizei. Nach 8 110
L G. entscheidet auf Beschwerden, welche die
Vgl. auch Ge-
Persönliches Er-
absichtigte Regelung in dem G. über die all- Leitung des Verfahrens bei den Kreis= und
gemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 Bezirksausschüssen zum Gegenstande haben, das