Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

358 
Rechtskonsulenten — Rechtskraft 
Regierungen sämtlicher deutscher Bundesstaaten gegen, daß der Versuch ohne sachliche Prüfung 
zu denen hierbei auch das Reichsland Elsaß- 
Lothringen gehört, Grundsätze vereinbart wor- 
den (JMBl. 1907, 55; Ml. 1907, 173). S. hierzu 
Vf. vom 5. Febr. 1908 (Ml. 222), betr. die 
durch den Nachrichtendienst im Gefangenen- 
Sammeltransportverkehr entstehenden Porto- 
kosten, Telegramm= und Telephongebühren. 
Delius, Handbuch des Rechtsbilfeverfahrens, 1906; 
Frank, Zur Lehre von der Rechtshilse im Verwaltungas- 
strafversahren, Verw'Arch. 17, 312; Hartmann, Die 
Lücken im Rechtshilfeverfahren, Pr Bl. 31, 76; Glatzer, 
Gerichtliche Rechtehilse in Verwaltungs., insbesondere Ein- 
kommensteuersachen, daselost 31, 78; ’ riedländer, 
Die Rechtehilse im Verkehr mit den ordentlichen Gerichten 
nach deutschem Reichorecht, 1906; Ortliebd, Die Erledigung 
ausländischer Rochtohilfeersuchen in Zivilsachen. Buschs Z. 
38, 378; Welge, Rechtshilfe, Arbeiterversorgung 
27, 389. 
Rechtskonfulenten s. Rechtsangelegen- 
heiten. 
Rechtskraft. 
entwickelt und festgestellt worden, gilt aber auch 
sonst, wo eine Rechtsprechung stattfindet, also 
insoweit auch für das Verfahren in den Ange- 
legenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und 
für das Verwaltungsstreitverfahren. Weiter 
darf man ihn aber nicht ausdehnen, nament- 
lich wohl nicht auf das Beschlußverfahren und 
jedenfalls nicht auf das gewöhnliche Verwal- 
tungsverfahren. Insbesondere ist es unzulässig, 
von einer R. statt von einer dem Wesen nach 
hiervon verschiedenen bloßen Unanfechtbarkeit 
polizeilicher Verfügungen zu sprechen. Dagegen 
gibt es da, wo Verwaltungsbehörden eine sog. 
Quasijurisdiktion (s. den Artikel Gerichts- 
barkeit) ausüben, d. h. ausnahmsweise statt 
der Gerichte Streitigkeiten zwischen Parteien 
entscheiden (z. 8 „Ingdordnung vom 15. Juli 
1907 — G6S. — 88 55—58; Feld= und 
dorkwolegeret vem 1. April 1880 — GS. 230 
— § 75 Abs. 2; O## G. 41, 291), ebenfalls eine 
R. Man unterscheidet zwischen formeller (prozes- 
fualer) oder äußerer und materieller oder innerer 
R. Die erstere bedeutet, daß eine Aufhebung 
oder Anderung der Entscheidung überhaupt nicht 
oder nicht mehr durch Einlegung eines Rechts- 
mittels oder eines insoweit den Rechtsmitteln 
gleichgestellten Rechtsbehelfs (Einspruch u. dgl.) 
möglich ist. Oft hat sie noch die weitere Wir- 
kung, daß die Entscheidung jetzt vollstreckbar wird 
oder statt der bisherigen nur vorläufigen Voll- 
streckkarkeit die unbedingte Vollstreckbarkeit er- 
langt. Die materielle R., hinsichtlich deren 
darüber gestritten wird, ob ihre Wirkungen 
rein prozeßrechtliche sind oder auf materiell- 
rechtlichem Gebiete liegen, äußert sich darin, 
daß die Entscheidung, solange sie besteht, also 
insbesondere nicht zufolge einer Wiedereinsetzung 
in den vorigen Stand gegen die Versäumung 
der Rechtsmittelfrist oder einer Klage auf Wieder- 
aufnahme des Verfahrens aufgehoben worden 
ist, allein maßgebend (bindend) ist und auf das 
I. Der Begriff der R. ist zu- 
nächst für den Zivilprozeß und den Strafprozeß 
  
zurückgewiesen werden muß. Diese bindende 
Kraft (Unbestreitbarkeit) der Entscheidung hat 
die äußere R., die Unanfechtbarkeit der Ent- 
scheidung durch Rechtsmittel (Unabändelrlichkeit 
der Entscheidung), zur Voraussetzung; innere 
R. ohne äußere ist nicht denkbar. Während 
es zahlreiche gerichtliche Entscheidungen, auch 
Urteile, gibt, die nicht vollstreckbar sind, z. B. 
die bloßen Feststellungsurteile und diejenigen — 
  
sog. konstitutive — Urteile, mit denen un- 
mittelbar der Eintritt einer materiellen Rechts- 
folge verknüpft ist, sind alle Urteile und die 
ihnen gleichzustellenden sonstigen Entscheidungen 
der materiellen R. fähig. Diese beschränkt sich 
aber objektiv auf das Rechtsverhältnis, welches 
unmittelbar den Gegenstand der Entscheidung 
— nach ihrem gesamten Inhalte, nicht bloß 
nach ihrer Formel — gebildet hat, sie ergreift 
nicht darüber hinaus das Rechtsverhältnis, aus 
welchem der erhobene Anspruch hervorgeht, noch 
weniger ein Rechtsverhältnis, welches nur dessen 
mittelbare Voraussetzung bildet, oder eine Ein- 
wendung des Beklagten, wenn sie auch zur Ab- 
weisung der Klage geführt hat. In letzterer 
Beziehung gilt kraft positiven Rechtes (3P. 
&* 322 Abs. 2) eine Ausnahme bei der Aufrech- 
nung. Subjektiv wirkt die materielle R. grund- 
sätzlich nur unter den Parteien und deren Rechts- 
nachfolgern, ausnahmsweise jedoch auch gegen- 
über Dritten und selbst, z. B. in Ehe= und in 
Kindschaftssachen (ZPO. 8§8 629, 643), inter 
omnes (absolute R.). Über die Wirkung der 
R. im Falle eines arglistigen, gegen die guten 
Sitten verstoßenden Verhaltens s. RGZ. 1, 94 
39, 142; 46, 75; 61, 359. 
II. Für das Zivilprozeß= und das 
Strafprozeßrecht ist die Geltung der 
R. außer jedem Zweifel und die Lehre von 
ihr in ihren Grundlagen auch unstreitig. Bei 
den Angelegenheiten der freiwilligen 
Gerichtsbarkeit wird die Geltung eben- 
falls grundsätzlich angenommen, über die Einzel- 
heiten aber herrscht, namentlich weil es hier 
keine Urteile und nur teilweise wirkliche 
Streitigkeiten gibt, Meinungsverschiedenheit. 
Im Verwaltungsstreitverfahren ist die R. 
meist gesetzlich oder doch nach durchaus herr- 
schender Ansicht anerkannt, so z. B. in dem 
sächsischen, bayerischen, württembergischen, badi- 
schen und hessischen, sowie in dem Verfahren 
vor den Schiedsgerichten für Arbeiterversiche- 
rung, dem NVA. und dem BAH.Für das 
Verwaltungsstreitverfahren nach dem LVG. ist 
die formelle R. zwar gleichfalls nicht bestreitbar, 
die materielle dagegen gänzlich bestritten wor- 
den; auch sie ist jedoch wohl nicht abzulehnen und 
wird namentlich vom OVG. angenommen. Der 
26. Deutsche Juristentag (1902) hat einen Be- 
schluß dahin gefaßt, daß die — materielle — 
R. der verwaltungsgerichtlichen Urteile und der 
ihnen gleichstehenden Entscheidungen grundsätz- 
ursprüngliche Rechtsverhältnis, welches sie be-lich anzuerkennen sei, und zwar auch in der 
trifft, nicht mehr zurückgegangen werden darf. 
Weise, daß die Urteile (Entscheidungen) den 
Jedem Versuch, über das so bleibend geregelte Staat binden. Selbstverständlich ist, daß die R. 
Rechtsverhältnis eine neue Entscheidung herbei= auch im Verwaltungsstreitverfahren nur in einer 
zuführen, das Zuerkannte zu bestreiten, das Ab- 
erkannte geltend zu machen, steht die bereits 
3 
Weise gilt, die der im Zivil- und Strafprozeß 
entspricht. Denn diese Weise ist eine solche, 
ergangene Entscheidung derart hindernd ent= welche sich aus der Sache selbst ergibt und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.