360 Rechtsmittel
gegen bereits rechtskräftige Urteile richten, die An- dessen Recht durch die angefochtene Entscheidung
fechtungs= und Aufhebungsklagen im Entmündi- beeinträchtigt ist, ausnahmsweise indessen auch
gungsverfahren, die Anfechtungsklage gegen ein noch anderen Personen zu (§ 57). Der Grund-
Ausschlußurteil und die Aufhebungsklage gegen satz der Unzulässigkeit einer reformatio in pezjus
einen Schiedsspruch sind keine R. im Sinne der wird auch bei ihnen als geltend angesehen.
ZPO. Ebenso sind es nicht der Einspruch gegenein V. Im Verwaltungsstreitver-
Versäumnisurteil, der zwar die Rechtskrafthemmt, fahren nach dem LV. sind R.: die Be-
aber die Sache nicht an ein höheres Gericht bringt, rufung, die Revision und die Beschwerde und
der Widerspruch im Mahnverfahren und gegen den weitere Beschwerde, von denen die beiden
Arrestbefehl und der Antrag auf Wiedereinsetzung letzteren nur ausnahmsweise an eine Frist
in den vorigen Stand. Im Zivilprozesse gilt gebunden sind. Ob das eingelegte R. als
für sämtliche R. der Grundsatz: keine rekormatio Berufung oder als Revision zu behandeln ist,
in pejus, d. h. sie können nicht zum Nachteile „ hängt von der Rechtslage ab, die zur Zeit
dessen, der sich ihrer bedient hat, und zum Vor-, der Einlegung bestand (O##G. 55, 287). Bei
teile des Gegners ausschlagen. Will der letztere der Berufung und der Revision ist hier als Be-
eine Anderung der Entscheidung zu seinen Gun= sonderheit hervorzuheben, daß sie nicht bloß
sten, so muß er sie gleichfalls aufechten, was von den Parteien, sondern auch von den Vor-
bei der Berufung und der Revision — bei der sitzenden der Kr A. (StAä.) und der Bez.
Beschwerde ist die Zulässigkeit zweifelhaft — (Berg A.) aus Gründen des öffentlichen Inter-
auch in der Form der Anschließung an das vom
Gegner eingelegte R. (s. Anschließung
an Rechtsbehelfe) geschehen kann. Be-
rufung und Revision stehen nur den Prozeß-
parteien zu. Die Beschwerde kann auch von
dritten an dem Prozeß irgendwie beteiligten
Personen gegen solche Entscheidungen erhoben
werden, die sie berühren, so von Zeugen, Sach-
verständigen, einem Rechtsanwalte für seine
Person, dem Gerichtsschreiber usw. (vgl. BPO.
§§ 102, 135, 380, 387, 390, 402, 409).
III. Auch die St P O. kennt als R. nur
die Berufung, die Revision und die Beschwerde.
Es besteht aber die Eigentümlichkeit, daß, so-
fern man die Staatsanwaltschaft nicht als Partei
ansieht, regelmäßig auch von einer Nichtpartei
die Berufung und die Revision eingelegt werden
können, und daß dies ausnahmsweise auch noch
sonst möglich ist (s. St PO. 8§§ 339, 340, 479).
Die Staatsanwaltschaft kann von dem zulässigen
R. nicht bloß zum Nachteil, sondern auch zu-
gunsten des Beschuldigten Gebrauch machen
(§ 338; vgl. hierzu OVG. 54, 457). Im Zu-
sammenhange hiermit erleidet das an sich eben-
falls geltende Verbot der reformatio in pezjus
eine Beschränkung dahin, daß jede von der
Staatsanwaltschaft angefochtene Entscheidung
auch zugunsten des Beschuldigten abgcändert
oder aufgehoben werden kann (St PO. 8§ 343).
Außerdem wird vielfach angenommen, daß bei
der Revision dieses Verbot nur die Bedeutung
habe, daß ihm genügt sei, wenn nur keine härtere
Strafe erkannt werde, andere Abänderungen
um Nachteile des Angeklagten aber zulässig
neien, namentlich die Beurteilung aus einem
schwereren strafrechtlichen Gesichtspunkte. Im
militärgerichtlichen Strafverfahren sind ordent-
liche R. die Rechtsbeschwerde, die Berufung und
die Revision (§ 363 MStG0O.).
IV. In den Angelegenheiten der frei-
willigen Gerichtsbarkeit gibt es
neben den anderen Rechtsbehelfen der Be-
teiligten: der Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand, dem Einspruch und dem Widerspruch
(FGG. 88§ 22, 92—137, 141), da in ihnen
Urteile nicht erlassen werden, nur zwei R.:
die Beschwerde (§ 19) und die weitere Be-
schwerde (§ 27), beide teils als einfache teils
als sofortige Beschwerde. Sie stehen regel-
mäßig jedem, andererseits aber auch nur jedem,
esses eingelegt werden können (LVG. 83§ 82,
83, 93 Abs. 2). Eine reformatio in pejus gilt
in diesem Verfahren als stets unzulässig. Sie
ist es auch gegenüber der Urteilsbestimmung,
daß die Erhebung des Pauschquantums nicht
stattfinde (OVG. 32, 147). Dagegen liegt
eine reformatio in pejus nicht vor, wenn eine
Klage nicht wie in der Vorentscheidung als un-
zulässig, sondern als sachlich unbegründet zurück-
gewiesen wird (OVG. 44, 415). Wegen der re-
formatio in pejus in Staatssteuersachen s. OVG-
St. 1, 182; 2 S. 70, 387; 3, 80; 4 S. 290, 373;
6, 418. Im Beschlußverfahren ist als R.
nur die Beschwerde, ausnahmsweise auch eine
weitere Beschwerde, zugelassen, für die regel-
mäßig eine Frist und das Verbot der reformatio
in pejus gelten, und die ebenfalls von den Vor-
sitzenden der Behörden aus Gründen des öffent-
lichen Interesses eingelegt werden können (LVG.
§§ 121—123, 125).
Vgl. außer Berufung, Revision, Be-
schwerde, Wiederaufnahme des Ver-
fahrens, Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand und Einspruch noch
Aufschiebende Wirkung, sowie Rechts-
kraft und Verzicht, ferner wegen der
R. in den einzelnen Verwaltungsangelegenheiten,
bei denen die Gesetze selbst häufig die von der-
selben Behörde zu erledigenden Anträge auf Ab-
hilfe, wie Einspruch, Widerspruch, Antrag auf
Abänderung usw., als R. bezeichnen und oft
ebenfalls die Vorsitzenden rechtsmittelberechtigt
sind, die diese Angelegenheiten betreffenden
Artikel, insbesondere wegen der in Angelegen-
heiten der Kleinbahnen und der Privatanschluß-
bahnen zulässigen R. Kleinbahnen V und
Privatanschlußbahnen (pgl. auch
Pfandrecht an Privateisenbahnen
und Kleinbahnen a. E.), in Steuer-
angelegenheiten Einspruch in Steuer-
angelegenheiten und wegen der R.
gegen die Strafbescheide der Provinzialsteuer-
behörden und Hauptzoll- und Hauptsteuerämter,
sowie gegen die Kostenentscheidungen der letzteren
in Zoll= und Steuerstrafsachen Zollstraf-
verfahren 271 und g. UÜber die R. im
Disziplinarverfahren s. d.
Schultzenstein, Rechtskraft und reformatio in
pejus im preuß. Verwaltungsstreitverfahren, Verwürch.
11, 365; Schultzenstein, Wesen und Grund