Reichsfinanzwesen 389
lung des Erbschaftssteuerertrags, wonach dem Reiche stehen gegenwärtig folgende Steuerein-
Reiche statt bisher ½ künftig ¾8 der Roheinnahme nahmen zur Verfügung:" Zölle (638), Brannt-
aus der Besteuerung der Erbschaften zufließen weinsteuer (103,5) (200)mit Essigsäureverbrauchs-
soll. Die vorgeschlagene gesetzliche Bindung der abgabe (0,6), Zuckersteuer (152), Brausteuer und
Matrikularbeiträge wurde auch diesmal wieder Ubergangsabgabe von Bier (123,5) (134), Brau-
abgelehnt. Um reinen Tisch zu machen, wurden steuerausgleichungsbeträge (32,5) (35|, Salzsteuer
die ausgesetzten Matrikularbeiträge der Jahre (58), Tabatsteuer — der Tabakwertzoll ist im Zoll-
1906—1908, deren Zahlung durch die Bundes= ertrag enthalten — (14,5), Jigarettensteuer (25,8),
stanten im Juli 1909 beginnen sollte, sowie die Schaumweinsteuer (10,9), Leuchtmittelstener (9)
Fehlbeträge der Jahre 1907 und 1908 mit zu- 120], Zündwarensteuer (15,8) 125|, Spielkarten-
sammen 281,5 Mill. Mark durch eine jährlich mit stempel (1,8), Wechselstempel (17) 1241, Scheck-
mindestens 1,9 v. H. zu tilgende Anleihe gedeckt. stempel (3,7) I13), Wertpapierstempel einschließ-
Ferner wurde beschlossen, die den Betrag von lich Talonsteuer (49), Börsensteuer (15,4),
48,5 Mill. Mark übersteigenden Matrikularbeiträge Lotteriesteuer (45), Frachturkundenstempel (15),
des Jahres 1909 (ursprünglich rund 240 Mill. Fahrkartensteuer (19,6), Besteuerung der Kraft-
Mark, nach dem Rechnungsabschluß von 1909 fahrzeuge (2,3), Tantiemensteuer (4,4), Grund-
noch rund 126,5 Mill. Mark, von denen noch der stücksübertragungsstempel (44) (401, Erbschafts-
Erlös für zwei an die Tünkei verkaufte Kriegs= steuer, Reichsanteil (30), statistische Gebühr (1,5),
schisfe mit 18 Mill. Mark abgeschrieben wurde) Zuwackssteuer, Reichsanteil (13). Hierzu ist
durch eine in den Jahren 1910—13 aus den weiter die Uberkontingentsabgabe für Kali mit
ordentlichen Einnahmen des Reiches abzu= einem mutmaßlichen Ertrage von 6—10 Mill.
bürdende Anleihe zu decken (§ 2 des G. vom Mark gekommen (§ 26 des G. vom 25. Mai 1910
15. Juli 1909 — RöBl. 743 — und E 6 des G. — RGBl. 775). Als UÜberweisungssteuer gilt nur
vom 21. März 1910 — RGBl. 525). Die Tilgung noch die Branntweinsteuer. Für die Matrikular=
der Reichsanleiheschuld wurde mit den von den beitragspflicht bleibt der Art. 70 der Verf. in der
verbündeten Regierungen vorgeschlagenen er= Fassung des § 2 des G. vom 14. Mai 1904 (RG# l.
höhten Sätzen von 1 v. H. für ältere Anleihen, 169) maßgebend, wonach die Bundesstaaten un-
soweit die Tügung der zu werbenden Zwecken begrenzt zu Matrikularbeiträgen herangezogen
ausgegebenen Anleihen nicht durch besonderef werden können, die durch die Uberweisungen
Bestimmungen bereits geregelt ist, 1,9 v. H. für nicht gedeckten Matritularbeiträge ihnen aber am
neue Anleihen zu werbenden Zwecken und Jv.e H. Jahresschluß in dem Maße zu erstatten sind, als
für sonstige neue Anleihen, in allen Fällen unter die übrigen ordentlichen Einnahmen des Reichs
Hinzurechnung der ersparten Zinsen, mit Wir= dessen Bedarf überbtrigen. Die letztere Vor-
kung vom 1. April 1911 ab beschlossen (§ 3 desschrift ist durch § 2 Abs. 2 des G. vom 15. Juli
G. vom 15. Juli 1909). Schließlich wurde das 1909 und § 6 des G. vom 21. März 1910 zu-
Reich zur Entlastung des Betriebsfonds der gunsten der Abbürdung der auf Anleihe über-
Reichskasse von der Verpflichtung zur Gewäh= nommenen, den Betrag von 48,5 Mill. Mark
rung der Unfallversicherungsvorschüsse entbun- übersteigenden Matriknlarbeiträge des Jahres
den (§6 des G. vom 15. Juli 1909). Von früheren 1909 für die Periode bis 1913 einstweilen sistiert.
das Reichsfinanzwesen betreffenden Vorschriften Ferner ist die Überweisungssteuereigenschaft der
wurden aufgehoben: § 3des G. vom 3. Juni 1906 Branntweinsteuer insoweit zeitlich modifiziert
(dreijährige Stundung der Matrikularbeiträge), worden, als etwaige Uberschüsse bei dieser Steuer
§ 4 des G. vom 3. Juni 1906 (alte Tilgungsvor= in 1909 und 1910 nicht den Bundesstaaten zugute
schrift) mit Wirkung vom 1. April 1911 ab, § 2 kommen, sondern ebenfalls zur Abbürdung des
des G. vom 28. März 1903 — RGUl. 109 — Fehlbetrags von 1909 verwendet werden, Minder-
(Tilgung der Zuschußanleihe von 1903) und S82des erträge dagegen dem Reich zur Last fallen sollen
RStemp G. vom 3. Juni 1906 (Überweisungs- (§ 3 des G. vom 22. Mai 1910 — RGBl. 801).
steuereigenschaft der Reichsstempelabgaben) — Wegen 1911 s. G. vom 7. April 1911 (RBl.
RT. 1907/09 KommB. Drucks. Nr. 1435—54, 113) § 4. Bezüglich der Höhe der Matrikular-
Verhandlungen 1. Lesung: Sten Ber. S. 5539 ff., beiträge hat der Bundesrat sich dahin geeinigt, bei
5568 ff., 5739 ff. und 8585 ff.; 2. Lesung: der Ausstellung der Etats zunächst für die Jahre
S. 8692 # 8748 ff., 8908 ff., 9067 ifl. 9132 ff. 1910—13 den Grundsatz festzuhalten, daß eine
9161 ff.; 3. Lesung: S. 9278 ff. — Die als Ab= weitergehende Inanspruchnahme der Bundes-
schluß der Reichsfinanzresorm von 1908/9 wie staaten mit ungedeckten Matrikularbeiträgen als
oben bemerkt vorbehaltene Einführung einer 80 J3 auf den Kopf der Bevölkerung nicht statt-
Reichsabgabe von der unverdienten Wertsteige- 6 finden darf. Obwohl diesem Beschluß eine bindende
rung bei Grundstücken erfolgte schon 1 Jahr ] Kraft nicht zukommt, so dürfte er doch die Richt-
früher als in Aussicht genommen war durch das schnur für die Balancierung der Etats bis 1913
am 1. April 1911 mit Rückwirkung vom 1. Jan. bilden, da der Reichstag in der Sitzung vom
1911 ab in Kraft getretene Zuwachssteuergesetz 17. März 1910 den gleichen Gedanken als seinen
vom 14. Febr. 1911 (RG#l. 33), dessen Ertrag' Wünschen entsprechend zum Ausdruck gebracht
zu 50 v. H. dem Reich, zu 10 v. H. den Bundes- und daneben als weitere Etatsgrundsätze pro-
staaten und zu 40 v. H. den Gemeinden zufließt.—
Die für das Reich sich daraus ergebenden Ein= Die rund eingeklammerten Zahlen bedeuten
nahmen, die für 1911 auf 13 Mill. 4 geschätzt den reinen Jahresertrag in Mill. Mark nach den
wurden, sollen zur Deckung der Kosten der Mili= Sätzen des Etats für 1911; bei den neuen und
tärvorlage und zur Erweiterung der Beihilfen den veränderten Abgaben sind die für den Be-
an bedürftige Kriegsteilnehmer dienen. harrungszustand seinerzeit geschätzten Erträgc in
. Gegen wärtiger Stand. Dem ecigen Klammern beigesetzt.