Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Reichsverfassung 
fundiertem und unfundiertem Papiergeld (Art. 4 im Bundesrat, dessen Vorsitzender, der Reichs- 
Ziff. 3); den allgemeinen Bestimmungen über das 
Bankwesen (Art. 4 Ziff. 4); den Erfindungs- 
patenten (Art. 4 Ziff. 5); dem Schutze des gei- 
stigen Eigentums (Art. 4 Ziff. 6). — Die gesamte 
Landmacht des Reiches bildet ein einheitliches 
Heer unter dem Befehle des Kaisers mit gleichen 
Formationen, gleicher Ausbildung und gleicher 
Ausrüstung und Bewaffnung (Art. 63 ff.; vor- 
behaltlich der Bayern und Württemberg zustehen- 
den Sonderrechte s. Heeresverfassung,); 
die Kriegsmarine des Reiches ist eine einheit- 
Militärwesen und Marine ge- 
liche (Art. 53). 
hören zur Gesetzgebung des Reiches (Art. 4 
Ziff. 14). — Der Schutz der Reichsangehörigen 
dem Auslande gegenüber fällt dem Reiche zu 
  
kanzler, vom Kaiser ernannt wird (Art. 15) und 
bei dessen Beschlußfassungen in bestimmten 
Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen 
(Art. 5 Abs. 2, Art. 37; s. unter b) die Präsidial- 
stimme den Ausschlag gibt; andererseits in der 
Vertretung und Verwaltung des Reichs. In 
der Person des Kaisers vereinigt sich in der 
Hauptsache die Exekutive des Reichs. Er ist der 
Träger der Reichseinheit nach innen wie nach 
außen. Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich 
zu vertreten, im Namen des Reiches (vorbehalt- 
lich der für bestimmte Fälle angeordneten Zu- 
stimmung des Bundesrats bzw. Genehmigung 
des Reichstags) Krieg zu ertlären und Frieden 
zu schließen, Bündnisse und andere Verträge mit 
(Art. 3 Abs. 6). Das Reich allein hat das Recht, fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu be- 
Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, glaubigen und zu empfangen (Art. 11); ihm 
Bündnisse, und soweit der Bereich der Reichs= steht es zu, den Bundesrat und den Reichstag zu 
gesetzgebung geht, andere Verträge mit fremden berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schlie- 
Staaten einzugehen. Das Reich beglaubigt und ßen (Art. 12); der Beschluß des Bundesrats, den 
empfängt Gesandte (Art. 11 Abs. 1). Der Schutz Reichstag aufzulösen, bedarf seiner Zustimmung 
des deutschen Handels im Auslande, der deut--] (Art. 24); er fertigt im Namen des Reiches die 
schen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und Gesetze aus, verkündet sie und überwacht ibre 
die Anordnung gemeinsamer konsularischer Ver-- Ausführung (Art. 17); er ernennt die Reichsbeam- 
tretung ist Sache des Reiches (Art. 4 Ziff. 7); in ten, läßt dieselben für das Reich vereidigen und 
dem Amtsbezirke der Konsuln des Reiches dürfen verfügt erforderlichen falls ihre Entlassung (Art. 18 
neue Landeskonsulate nicht errichtet werden, die Abs. 1); eine von dem Bundesrat beschlossene 
bestehenden werden nach Vollendung der Organisa- 
tion des deutschen Konsulats aufgehoben (Art. 56). 
— Die weiten, dem Reiche überwiesenen Gebiete 
  
Exelution ist von dem Kaiser zu vollstrecken 
(Art. 19); er kann bei eintretenden Notständen, 
insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung auf 
der Gesetzgebung und Beaufsichtigung, einschließ= Vorschlag des betreffenden Bundesratsausschus- 
lich der Gesetzggebung über die Zölle, die Ver= ses die Eisenbahnverwaltungen zur zeitweisen 
brauchsabgaben und die übrigen für die Zwecke Einführung niedriger Spezialtarife für den Trans- 
des Reiches zu verwendenden Steuern (Art. 4 port unentbehrlicher Lebensmittel verpflichten 
Ziff. 2, Art. 38) sind seit Begründung des 
Deutschen Reiches mit wenigen Ausnahmen 
ausgebaut worden. Grundsatz ist, daß, solange 
die Reichsgesetzgebung noch nicht mit einer der 
im Art. 4 aufgeführten, ihr vorbehaltenen An- 
gelegenheiten befaßt gewesen ist, der Landes- 
gesetzgebung freier Raum bleibt. 
Organe des Reiches sind — ab- 
gesehen von den Behörden und Beamten des 
Reiches — der Kaiser; der Bundesrat; 
der Reichstag und der Reichskanzler. 
Während die Stellung des Reichstages im wesent- 
(Art. 46). 
  
Dem Kaiser gehört ferner die obere 
Leitung der Post= und Telegraphenverwaltung 
im weitesten Umfange (Art. 50); die Kriegs- 
marine des Reiches steht unter seinem Ober- 
befehl (Art. 53), das gesamte Konsulatwesen 
unter seiner Aussicht (Art. 56). Der Kaiser führt 
endlich, soweit nicht die Bündnisverträge mit 
Bayern und Württemberg abweichende Bestim- 
mungen enthalten, den Befehl über die gesamte 
Landmacht des Reiches in Krieg und Frieden, mit 
der Pflicht und dem Recht, für die Einheitlichkeit, 
Vollzähligkeit und Schlagfertigkeit des Reichs- 
lichen die gleiche ist wie diejenige der Volksver= heeres Sorge zu tragen (Art. 63). Die Verpflich- 
tretung in konstitutionellen Ländern überhaupt, tung aller deutschen Truppen, den Befehlen des 
läßt sich die Stellung der übrigen Reichsorgane Kaisers unbedingte Folge zu leisten, ist in den 
nicht unter eine bestimmte Formel bringen. Im Fahneneid aufzunehmen (Art. 64). Ihm steht 
allgemeinen wird gesagt werden können, daß der das Recht zu, Festungen innerhalb des Bundes- 
Kaiser die monarchische Spitze des Reiches ist und # gebiets anzulegen (Art. 65). Schließlich ist dem 
die vollziehende Gewalt desselben nach außen Kaiser die Befugnis beigelegt, wenn die öffent- 
wie nach innen in der Hauptsache in sich vereinigt; I liche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht 
daß der Bundesrat die eigentliche Regierung ist, einen jeden Teil desselben in Kriegszustand 
des Reiches bildet, indem er der wesentlichste zu erklären (Art. 68). Die Anordnungen und 
Faktor in der Gesetzgebung ist und auch in ver- 
schiedenen Beziehungen an der Exekutive teil- 
nimmt, und daß dem Reichskanzler, soweit er 
nicht, wie als Vorsitzender des Bundesrats, Or- 
gan des Königs von Preußen ist, die Stellung 
des alleinigen, verantwortlichen Reichsministers 
zufällt. Im einzelnen ist folgendes zu be- 
merken: 
a) Dem König von Preußen steht das Prä- 
  
  
  
Verfügungen des Kaisers mit Ausnahme der- 
jenigen, welche auf Grund der ihm zustehenden 
Kommandogewalt ergehen (s(. Armeebe- 
fehle), werden im Namen des Reiches erlassen; 
sie bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeich- 
nung des Reichskanzlers, welcher dadurch die 
Verantwortlichkeit übernimmt (Art. 17). « 
b)DekBundesratistdieftaatlicheBet- 
tretung der Mitglieder des Bundes (Art. 6); in 
sidium des Bundes als Deutscher Kai= ihm verkörpert sich die souveräne Gewalt des 
ser zu (Art. 11). Nach zweifacher Richtung hin Reiches, er bildet die Regierung des Reiches, bei 
äußert diese Stellung ihre Wirkung, einerseits welcher der föderative Charakter des Reiches
	        
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