Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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daß an Stelle der Verhältnisse des Erblassers 
und des Erwerbers die Verhältnisse des Schen- 
kers und des Beschenkten berücksichtigt werden. 
Als ein Erwerb durch S. gilt auch ein Erwerb, 
der infolge der Vollziehung der einer S. bei- 
gefügten Auflage oder infolge der Bewirkung 
einer Leistung, von welcher der Schenker eine 
S. abhängig gemacht hat, oder sofern die S. 
  
der Genehmigung einer Behörde unterliegt, in- 
folge der Vollziehung einer Anordnung dieser 
Behörde erlangt wird. Einer S. unter Leben- 
den steht ferner gleich das in einem Stiftungs- 
geschäft unter Lebenden von dem Stifter zu- 
gesicherte und auf die Stiftung übergegangene 
Vermögen. Schriftliche Beurkundung ist nicht 
Voraussetzung der Steuerpflicht, nur der sonst 
vorgeschriebenen Anmeldung des steuerpflichtigen 
Erwerbes bedarf es nicht, wenn die S. gericht- 
lich oder notariell beurkundet ist; der Gegenstand 
der Besteuerung ist also nicht in der Schenkungs- 
urkunde, sondern in dem Rechtsgeschäfte der S. 
zu finden. Eine Befreiung von der Steuer 
tritt außer in allen Fällen der Befreiung von der 
Erbschaftssteuer (§§ 11—13) noch bei S. an 
Bedürftige zum Zwecke ihres Unterhalts oder 
ihrer Ausbildung oder bei dem schenkungs- 
weise erfolgten Erlasse von Forderungen, die 
durch Gewährung von Mitteln für solche Zwecke 
begründet sind, sowie dann ein, wenn durch 
die S. einer sittlichen Pflicht oder einer auf 
den Anstand zu nehmenden Räücksicht entsprochen 
wird. Ob letzteres zutrifft, ist von Fall zu Fall 
zu entscheiden; es kommt dabei — auch soweit 
es sich um die Höhe der S. handelt — auf die 
soziale und Berufsstellung, das Vermögen der 
Beteiligten, die zwischen ihnen bestehenden per- 
sönlichen Beziehungen usw. an. Zweifellos ge- 
hören hierher S. zu wohltätigen Zwecken, Weih- 
nachts-, Namentags-, Geburtstags-, Braut= und 
Hochzeitsgeschenke, die der Verkehrssitte ent- 
sprechend gemacht werden. Auch der Fall, 
daß ein Fideikommißbesitzer seinen Familien- 
angehörigen über den Rahmen seiner rechtlichen 
Verpflichtung hinaus eine angemessene Unter- 
stützung gewährt, wird hierher gerechnet. Sog. 
Gratifikationen an Beamte, Angestellte u. dgl. 
unterliegen ebenfalls nicht der Steuer, da sie 
überhaupt nicht als S. anzusehen sind. Mit- 
giften und Aussteuern sind nur insoweit steuer- 
frei, als sie nach den §§8 516, 1620, 1624 BGB. 
nicht als S. gelten oder bei ihnen einer der 
für alle S. geltenden Befreiungsgründe zutrifft. 
Eine Befreiung tritt ferner ein bei S. beweg- 
licher Sachen im Werte von nicht mehr als 
3000 .K an die im § 10 I bis III des G. be- 
zeichneten Personen (Eltern, Geschwister, Ab- 
kömmlinge ersten und zweiten Grades von 
Geschwistern, Großeltern, Schwicger= und Stief- 
eltern und -kkinder, an Kindes Statt angenom- 
mene Personen usw.), sofern die Sachen dem 
persönlichen Gebrauche des Beschenkten oder 
seiner Familienangehörigen zu dienen bestimmt 
sind. Im übrigen wird die Steuerpflicht nicht 
dadurch ausgeschlossen, daß die S. zur Beloh- 
nung oder unter einer Auflage gemacht oder in 
die Form eines lästigen Vertrags gekleidet wird. 
Die entrichtete Steuer ist zu erstatten, soweit 
das Geschenk wegen eines auf Gesetz beruhen- 
den Rückforderungsrechts hat herausgegeben 
  
  
Schenkungssteuer — Schiedsgerichte für Arbeiterversicherung 
werden müssen, ferner wenn die Herausgabe 
nach Maßgabe des § 528 Abs. 1 Satz 2 BGB. 
durch Zahlung des für den Unterhalt erforder- 
lichen Betrags abgewendet worden ist (s. o. IV), 
oder wenn der Schenker die Erfüllung des 
schenkweise erteilten Versprechens auf Grund 
des § 519 BG. verweigert hat (s. o. III). 
In allen sonstigen Beziehungen finden auf die 
Erhebung und Verwaltung der Schenkungs- 
steuer die Vorschriften über die Erbschafts- 
steuer Anwendung; f. daher Erbschafts- 
steuer. 
Reichel, Schenkungen unter Ehegatten, Gruchots- 
Beitr. 52, 354; Krug, Schenkungen des Ehemannes 
während der Gütergemeinschaft, daselbst 49, 553; Wei- 
rauch, Die gemischte Schenkung, ebenda 48, 229; 
Goldschmidt, Die gemischte Schenkung; Müller, 
Die gemischte Schenkung, Iherings J. 48, 209; Hay- 
  
mann, Die Schenkungen unter einer Auflage; Ort-= 
loff, Die Schenkung, Arch BürgR. 21, 269; ay- 
mann, Zur Grenzziehung zwischen Schenkung und ent- 
geltlichem Geschäft, Iherings J. 56, 86. 
Schenkungsstener s. Erbschaftssteuer II 
g und Schenkungen V. 
Schiedsgerichte für Arbeiterversicherung. 
I. Allgemeines. Als S. f. A. fungieren. 
die Schiedsgerichte der Versicherungsanstalten 
(Inv VG. 8§8 103 ff.) und die Schiedsgerichte 
der zugelassenen besonderen Kasseneinrichtungen 
(s. Zugelassene besondere Kassen- 
einrichtungen). Schiedsgerichte der zuerst 
genannten Art bestehen in Preußen für jeden 
Regierungsbezirk und für den Stadtkreis Berlin 
eins. Das Schiedsgericht in Hannover umfaßt 
jedoch auch die Fürstentümer Schaumburg-Lippe 
und Pyrmont, das Schiedsgericht in Schleswig 
auch das Fürstentum Lübeck, das Schiedsgericht 
in Kassel auch das Fürstentum Waldeck, das 
Schiedsgericht in Trier auch das Fürstentum 
Birkenfeld. Die Sitze der S. sind in den Re- 
gierungshauptstädten, nur das Schiedsgericht für 
den Reg.-Bez. Potsdam hat seinen Sitz in 
Berlin. Bei der als besondere Kasseneinrich- 
tung zugelassenen Pensionskasse für die Arbeiter 
der preuß. Staatseisenbahnverwaltung in Berlin 
bestehen für jeden Eisenbahndirektionsbezirk ein 
Schiedsgericht am Sitze der Eisenbahndirektion, 
bei der Norddeutschen Knappschaftspensions- 
kasse zwei Schiedsgerichte, in Halle a. S. und 
in Clausthal, beim Saarbrücker Knappschafts- 
verein und bei dem Allgemeinen Knappschafts- 
verein zu Bochum je ein Schiedsgericht in 
Saarbrücken und in Bochum. 
II. Zuständigkeit. Die Zuständigkeit 
des einzelnen S. f. A. bestimmt sich nach fol- 
genden Gesichtspunkten: 1. Streitigkeiten über 
Ansprüche aus der Unfallversicherung (Abände- 
rungsgesetz — RuBl. 1900, 573 — § 3). Nach 
5*# 76 Abs. 2 GU BG., §8 82 Abs. 2 Lu G., § 37 
Abs. 1 Bu#B#. ist die Berufung gegen den 
Bescheid der Berufsgenossenschaft bei dem 
Schiedsgerichte zu erheben, in dessen Bezirke 
der Betrieb, in welchem der Unfall sich ereignet 
hat, belegen ist. Gemäß § 80 Abs. 2 SuG. 
ist das Schiedsgericht zuständig, in dessen Bezirk 
der Heimatshafen desjenigen Fahrzeugs belegen 
ist oder derjenige Betrieb seinen Sitz hat, in 
welchem der Unfall sich ereignet hat. Ist der 
Heimatshafen nicht im Bezirk eines Schieds- 
gerichts belegen, so ist die Berufung bei dem 
für den Sitz der Berufsgenossenschaft zustän-
	        
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