Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schiedsrichter — Schiffahrtsabgaben 
473 
13. Febr. 1854 (GS. 86) sind diese Sachver= tigkeiten in Rennangelegenheiten in erster In- 
ständigen nicht (O# G. 52, 427). 
Schiedsrichter. I. Parteien, welche berech- 
tigt sind, über den Gegenstand eines Rechts- 
streits einen Vergleich zu schließen, können die 
Vereinbarung (Kompromiß) treffen, daß die 
Entscheidung durch einen oder mehrere S. er- 
folgen solle (ZPO. § 1025). Im Zweifel hat 
dann jede Partei einen Schiedsrichter zu er- 
nennen (8 1028). Gewisse Personen können ab- 
gelehnt werden (8§ 1032). 
ordnet. Die Entscheidung der S. (der Schieds- 
spruch, arbitrium, lauckum), bei der die S. ge- 
mäß § 839 Abs. 2 BGB. haften, hat unter den 
Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen 
gerichtlichen Urteils (§ 1040). Seine Anfechtung 
kann nur aus bestimmten gesetzlichen Gründen 
binnen der Notfrist eines Monats durch eine 
in dem Schiedsvertrage bestimmten, in Er- 
mangelung einer solchen Bestimmung bei dem 
für die gerichtliche Geltendmachung des An- 
spruchs zuständigen Gericht erfolgen (ZP. 
§§ 1041, 1043 ff.). Aus dem Schiedsspruche 
findet die Zwangsvollstreckung statt, wenn ihre 
Zulässigkeit durch ein auf Klage einer Partei 
zu erlassendes Vollstreckungsurteil ausgesprochen 
ist (§ 1042). Auf Schiedsgerichte, welche in gesetz- 
nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen 
angcordnet werden, finden die vorstehenden Be- 
stimmungen entsprechende Anwendung (§ 1048). 
Die Tätigkeit der S. ist im Falle einer aus- 
drücklichen Vereinbarung oder unter den Vor- 
aussetzungen des § 632 BGB. zu vergüten; 
erforderliche Aufwendungen sind stets zu er- 
setzen (BG#B. 8§ 670, 675). Darüber, wenn ein 
Beamter der allgemeinen Bauverwaltung von 
einer kgl. Behörde als S. gewählt wird, oder 
in einer Sache, an der eine kgl. Behörde be- 
teiligt ist, als S. mitwirkt, der kein Beamter der 
allgemeinen Bauverwaltung ist, s. Vf. vom 
9. Juli 1888 (Ml. 127). - 
II. Auf die Schiedsgerichte, welche durch be- 
sondere gesetzliche, statutarische und reglemen- 
tarische Bestimmungen für gewisse Streitig- 
keiten in Feuersozietäts-, Eisenbahn= und Ver- 
sicherungsangelegenheiten, bei Regulierung der 
gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, bei 
Ablösung der Reallasten, bei Gemeinheitstei- 
lungen, Meliorationssachen, bezüglich der Auf- 
hebung von Gewerkschaftsbeschlüssen, in Vor- 
flutsachen, in Heimatssachen, bei den Innungen, 
bei Staatsbauten, in Urheberrechtsstreitigkeiten 
usw. (s. die einschlagenden Art.) teils gestattet, 
teils vorgeschrieben sind, und das von ihnen 
zu beobachtende Verfahren kommen die be- 
treffenden besonderen Vorschriften zur Anwen- 
dung, nicht ohne weiteres die Bestimmungen 
im zehnten Buche der 8#PO. Auch Fragen des 
Staats- und Völkerrechts werden öfter durch 
einen Schiedsspruch erledigt. Wegen der inter- 
nationalen Schiedsgerichte s. besonders die Art. 
37 ff. des Abkommens zur friedlichen Erledigung 
internationaler Streitfälle vom 18. Okt. 1907 
(Röhl. 1910 S. 5 u. 673), sowie den Art. 
Haager Konvention. Wegen der Schieds- 
gerichte der Rennvereine, von denen Strei- 
Das Verfahren der 
S. ist in den §§ 1034—1039 ZPO. näher ge- 
  
  
  
stanz mit Ausschließung der ordentlichen Ge- 
richte entschieden werden sollen, s. Schied's- 
gerichte in Rennangelegenheiten, 
wegen der Tätigkeit der Gewerbe= und der 
Kaufmannsgerichte als Einigungsämter s. Ge- 
werbegerichte und Kaufmannsge- 
richte, wegen der Bäörsenschiedsgerichte f. 
Börsen ILV, 2, wegen der Schiedsgerichte für 
Arbeiterversicherung s. d. und wegen der Schieds- 
gerichte zur Entscheidung von Knappschafts- 
angelegenheiten s. den Schiedsge- 
richte der Knappschaftsvereine. 
III. Schiedssprüche, und zwar sowohl der 
ständigen Schiedsgerichte als auch der zur Ent- 
scheidung für den einzelnen Fall berufenen S., 
sind nach TSt. 57 LStG. in der Fassung vom 
30. Juni 1909 (GS. 535) mit ½100% des Wertes 
, des Streitgegenstandes, jedoch mindestens mit 
auf seine Aufhebung gerichtete Klage bei dem 
2 K und höchstens 100 4e, zu versteuern. Ist 
der Wert des Streitgegenstandes unschätzbar, so 
beträgt der Stempel 10 .#K 
S. auch Schiedsmänner. 
Mayer, Die Vereinbarung schiedsrichterlicher Rechts- 
streitsentscheidung; Hayum, Der Schiedsvertrag: 
Altenrath, Grundlage und Wirkung des Schieds- 
spruchs: Bornhak, Schiedsvertrag und Schiedsgericht 
in Buschs 3. 30, 11 Westheimer, Der auslandische 
Schiedsspruch, daselbst 39, 241; Mumm,, Kaufmännische 
Schiedsgerichte, Arch Bürg R. 20, 3051 Haeger, Die 
Vurllstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen im inter- 
lich statthafter Weise durch letztwillige oder andere 
nationalen Rechtsverkehr; Haffner, Das ständige kauf- 
mannische Schiedegericht. 
Schiedsrichterliches Verfahren bei Auseinan- 
dersetzungen s. Auseinandersetzungs- 
verfahren lIII. 
Schießbaumwolle s. Sprengstoffe. 
Schiffahrtsabgaben werden in Preußen auf 
einem Teil der natürlichen und fast auf sämt- 
lichen künstlichen Wasserstraßen erhoben. Die 
neuere Gesetzgebung rechnet die S. zu den Ge- 
bühren. 
I. Allgemeine Grundsätze. a) Nach 
Art. 4 RV. unterliegen die Fluß= und sonstigen 
Wasserzölle der Beaufsichtigung und der Gesetz- 
gebung des Reichs. Uber die Bemessung der 
S. bestimmt Art. 54 RB. folgendes: „Auf allen 
natürlichen Wasserstraßen dürfsen Abgaben nur 
für die Benutzung besonderer Anstalten, die zur 
Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind, er- 
hoben werden. Diese Abgaben, sowie die Ab- 
gaben für die Befahrung solcher künstlichen 
Wasserstraßen, welche Staatseigentum sind, dür- 
fen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen 
Herstellung der Anstalten und Anlagen erforder- 
lichen Kosten nicht übersteigen. Auf die Flö- 
ßerei finden diese Bestimmungen insoweit An- 
wendung, als dieselbe auf schiffbaren Wasser- 
straßen betrieben wird. Auf fremde Schiffe 
und deren Ladungen andere oder höhere Ab- 
gaben zu legen, als von den Schiffen der Bun- 
desstaaten oder deren Ladungen zu entrichten 
sind, steht keinem Einzelstaate, sondern nur dem 
Reiche zu.“ Daneben kommen die Bestim- 
mungen im Art. 25 des Zollvereinsvertrages 
vom 8. Juli 1867 (BGBl. 81) in Betracht, welche 
lauten: „Kanal-, Schleusen-, Brücken-, Fähr-, 
Hafen-, Wage-, Kranen= und Niederlagegebühren 
und Leistungen für Anstalten, die zur Erleichte- 
rung des Verkehrs bestimmt sind, sollen nur bei 
Benutzung wirklich bestehender Einrichtungen er-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.