Schiffahrtskanäle 479
sind die S. aber noch nicht gleich öffent-
lichen Flüssen zu behandeln und wie diese sich zur Beförderung von Kranken und Ver-
als gemeines Eigentum oder öffentliche Sache wundeten. Die brandenburgisch-preußischen
anzusehen. — S. schaffen im allgemeinen unter Herrscher wandten dem Kanalbau frühzeitig
Uberwindung der Wasserscheide eine neue Ver= ihre Aufmerksamkeit zu. Havel und Oder wur-
bindung zwischen zwei Gewässern. Zweigen den schon 1610 durch den Finowkanal
sie als selbständige Unternehmungen aus einem miteinander verbunden. Im Dreißigjährigen
Flußlaufe ab, um weiter unten wieder in diesen Kriege in Verfall geraten, wurde er von Fried-
einzumünden, so spricht man von einem Seiten= rich Wilhelm I. wiederhergestellt und in der
(L ateral) kanal. Zweig (Stich) kanäle ferneren Entwicklung mehrsach, zuletzt 1873
schließen an die Hauptlinie Verkehrsgebiete an, bis 1878 ausgebaut; Länge 43,1 km, Breite
welche von dieser nicht unmittelbar berührt wer= der Sohle 20 m, Tiefe bei Mittelwasser 1,60 m,
den. Kanalisierte Flüsse haben kein künstlich! Schleusen 41: 5,3 m, höchste Tragfähigkeit der
gegrabenes Bett und scheiden daher hier aus Schiffe 175 t. Der Große Kurfürst schuf 1662
((. Flüsse, öffentliche, lV). Gespeist bis 1668 den Friedrich-Wilhelm-Ka-
werden Kanäle aus den natürlichen Gewässern, nal von der oberen Spree zur mittleren Oder.
die sich in dem vom Kanale durchzogenen Ge Der Große Friedrichsgraben zwischen
biete befinden, und zwar durch Speisegräben Deime und Nemonien wurde 1697 fertiggestellt,
oder durch Pumpwerke. Eine Rolle bei der der Spoykanal, welcher Cleve an den
Lösung der Speisungsfrage wird neuerdings Rhein anschließt und neuerdings ausgebaut
Sammelbecken (s. Talsperren und Was= worden ist, 1688, der heute nur noch bis Briese-
serstraßengesetz II) zugedacht. Die lang schiffbare havelländische Haupt-
Höhenunterschiede zwischen den horizontalen kanal über Nauen zur unteren Havel 1725,
Haltungen, in welche ein Wasserscheidekanal der Plauer Kanal von der Elbe über
zerfällt, werden mit Hilfe von Kammerschleusen Genthin zum Plauer See und zur unteren
überwunden. An Stelle einer Reihe von Schleusen Havel 1745, der Bromberger Kanal —
hintereinander, einer Schleusentreppe, finden sich Oder-Weichsel-Straße — 1774, der Klodnitz-
Schiffshebewerke und geneigte Ebenen. Die kanal zwischen Gleiwitz und dem Koseler
freie Kanalstrecke ist meistens so eingerichtet, Oderhafen 1800. Das Netz der künstlichen
lage vorgeschoben werden. Endlich eignen sie
daß zwei Fahrzeuge sich einander begegnen
können; in einschiffigen Anlagen sind Ausweich-
Die Größe der Fahrzenge,
stellen vorgesehen.
die zu verkehren vermögen, ist in erster Linie
begrenzt durch die Abmessungen der Schleusen
und die lichte Höhe der Brücken. Je nach der
Bestimmung für große, seetüchtige Schiffe oder
für Binnenfahrzeuge unterscheidet man See-
kanäle und Binnenkanäle. Neuer-
dings sind vielfach günstige Erfahrungen mit
Segelschiffen, Dampfern und Leichtern gemacht
worden, welche Binnenwasserwege befahren, aber
infolge ihrer Bauart, namentlich der größeren
Steifigkeit und Höhe und des vermehrten Tief-
gangs, gleichfalls geeignet sind, über See zu
gehen (Rhein-Seeschisfe z. B., Drucks. des
Abg H. 1907/08 Nr. 102 S. 6); eine Umladung
im Seehafen ist nicht erforderlich. Auf Sce
werden die Kähne geschleppt, besitzen indessen
für den Notfall Seetakelage.
II. Staatskanäle. 1. Entwick-
lung des Kanalnetzes. Die wirtschaft-
liche Stellung der Wasserstraßen gründet sich
auf die Förderung der einheimischen Güter-
erzeugung durch Verbilligung der Frachtkosten.
Tiefe 2,5 m, Breite der Sohle 18 m, Breite im
In neuerer Zeit werden die Vorzüge mehr an-
erkannt, nachdem zeitweilig die Wasserstraßen
hinter den aufblühenden Eisenbahnen hatten
zurücktreten müssen. Auf einigen Eisenbahn-
strecken macht sich schon gegenmärtig das Bedürf-
nis geltend, sie durch Schaffung von Wasser-
wegen zu entlasten. Militärisch sind die Wasser-
straßen von Wert für die Beförderung von Ver-
pflegungsmitteln, Munition, Waffen und Kriegs-
bedürfnissen aller Art, besonders bei der Ein-
richtung von Depots, aus denen sie mit der
Eisenbahn oder auf dem Landwege bis an den
Ausgabeort vorgeführt werden. Die Schiffs-
gefäße können ferner mit ihrem großen Fassungs-
raum als bewegliche Magazine je nach der Kriegs-
Wasserstraßen dehnte sich des weiteren bis zur
Mitte der 70 er Jahre des verflossenen Jahr-
hunderts von etwa 660 km auf 1700 km
Länge aus (Voß-und Malzerkanalvon
Liebenwalde am Finowkanal nach Zehdenik
und von Liebenwalde in die Oranienburger
Gegend 1828, der 29 km lange Seitenkanal
zwischen Oranienburg und Pinnow, der Ora-
nienburger Kanal 1838, der aus der
unteren Weichsel bis Platenhof zum Frischen
Haff abzweigende Weichsel-Haff-Ka-
nal 1850, der Berliner Landwehrkanal
1850, Oberländischer Kanal von El-
bing und dem Drausensee nach Liebemühl nebst
seinen Abzweigungen nach Deutsch-Cylau und
Saalfeld, nach Osterode und zum Schillingssee
1860, König-Wilhelms-Kanal von dem
Ruß nach Memel 1865). Über eine planmäßige
Ausbildung der natürlichen und künstlichen
Wasserstraßen Preußens wurden in den Jahren
1877 und 1882 dem Landtage Denkschriften vor-
gelegt (Drucks. des AbgH. 1882 Nr. 33). Der dort
vorgeschlagene Oder-Spree-Kanal wurde
1891 eröffnet (G. vom 9. Juli 1886 — G. 207);
Kosten 14 100 000 .A, Länge 88 km, 7 Schleusen,
Spiegel 30 m, Schleusenmaße 67: 8,6 m, höchste
Tragfähigkeit der Schiffe 600 t. Der Dort-
mund-Ems--Kanal (s. Wasser-
straßengesetz I, II) wurde 1890 in Angriff
genommen und 11. Aug. 1899 dem Verkehre
übergeben (G. vom 9. Juli 1886 — GS. 207;
G. vom 6. Juni 1888 — GS. 238; G. vom
26. Juni 1897— GS. 105); Kosten 79 430 000XK#,
ursprünglich bei kleinerem Profil 64 640 000 A,
Länge 280,7 km, 19 Schleusen, 1 Hebewerk,
Tiefe 2,5 m, Breite in der Sohle 18 m, im
Spiegel 30 m, Schleusenmaße: einfache Schleu-
sen 67: 8,6 m, Schleppzugschleusen für 1 Schlep-
per und 2 Kähne 170: 10 m, höchste Tragfähig-